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geschrieben von francois.
Veröffentlicht: 07.02.2020. Rubrik: Unsortiert


STUBENFLIEGE

Meist sind Stubenfliegen lästige Viecher. Surren rum. Wenn erwachsen brummen sie gar. Nimmersatt. Nervtötend. Davon kann ich hier auf dem Bauernhof ein Liedchen, nein, gar einen Liederzyklus singen. Ja, bis vor drei Wochen, zwei Tagen und neun Stunden. Da sah ich sie erstmals, meine, und ich betone meine (obwohl Sklaverei bereits längst abgeschafft) Stubenfliege. Zuerst fiel diese mir gar nicht auf. Doch damals, genau vor der beschriebenen Vergangenheitszeit setzte sie sich neben meine schreibende Hand. Betrachtete, als ich sie zu betrachten begann, die Bewegungen meiner Hand. Verfolgte was diese in meiner hässlichen Handschrift poetisches niederschrieb. Sie schien zu wissen, dass sich Gegensätze anziehen. Hässlichkeit und Schönheit. Wobei ich nicht beschwören möchte, dass meine Handschrift wirklich hässlich sei. Es kann durchaus Menschen auf diesem Planeten geben die den Bewegungen meiner Hände und deren Ergebnissen etwas, wohl beinahe viel, abgewinnen können. Was natürlich zum wenig schmeichelhaften Umkehrschluss führt den ich zu akzeptieren habe. Obwohl ich mich schwer damit tue. Jedenfalls verfolgte meine Stubenfliege die Bewegungen meiner Schreibhand ohne dieser Aufzusitzen. Weder ihr noch dem Geschriebenen. Selbst als ich eine Verscheuch Bewegung ausführte, wer lässt schon Stubenfliegen gewähren, beeindruckte sie das keineswegs. Sitzen blieb sie. Als ich dann nach ihr schlug, begann ein lautes meckerndes, ziegenähnliches Gelächter. Die Fliege schien mich auszulachen, wie weiland meine Mitschüler, wenn diese meine Schrift betrachteten, der Oberlehrer sie als abstossendes Beispiel am Beamer reproduzierte, vergrösserte, auf die unrunden Rundungen, die ekelerregenden Ecken (einzig ein kleines c unterschied die beiden Worte, so nah liegen die Wahrheiten beieinander) besonders hervorhob, die das Schriftbild nicht nur zer- sondern abssssolut (er sprach das Wort mit gepressten mit Speicheltropfen vermischter austretender Luft aus), verstören würden, genauso wie ich an jenem Tag mit der neben mir sitzenden Stubenfliege verstört war. Während der Fliegens Knopfaugen meine Schreibhand verfolgten, wurde ich mir gewahr, dass die Stubenfliege ein Lebewesen sein musste, mit kleinem, aber bestimmt fühlendem Herz. Ich begann mich vor ihr zu fürchten. Nicht etwa vor ihrem Gesumme und Gebrumme. Ihren mich verfolgenden Augen. Nein, ich fürchtete damals, dass sie urplötzlich zu sprechen beginnen würde, meinen Text, den ich bis heute aufschob, aus eben dieser Angst meine Stubenfliege könnte diesen in der Luft zerreissen, mich und diesen in den Boden hinein verdammen, denn schließlich fliegt und flog sie besser als jeder Kritiker.
Und so schreibe ich erst jetzt nach drei Wochen, zwei Tagen und neun Stunden erneut an der seither liegen gelassenen Kurzgeschichte, die nun unter deren gefliegten Kritikasterblicken so kurz geraten ist, dass sie keines Buchstaben bedarf, keinen Buchstaben beinhaltet, was meine Stubenfliege mit heftigem Zusammenschlagen der Vorderbeinchen quittiert, was ich als höchstes Lob auffasse ...

Presse über ERINNERUNGEN AN FRIEDRICH DÜRRENMATT hier lesen:
https://www.francois-loeb.com/fileadmin/pdf/Der-Bund-29-01-2020.pdf

Herzlichs François

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von ehemaliges Mitglied am 07.02.2020:

FABELhaft ...

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