Kurzgeschichten-Stories
Autor
Schreib, wie du willst!
Startseite - Registrieren - Login - Kontakt - Impressum
Menu anzeigenMenu anzeigen
3xhab ich gern gelesen
geschrieben 2018 von Christine Todsen.
Veröffentlicht: 25.12.2018. Rubrik: Lustiges


Heimsuchung

„Hoffentlich kommen Rosi und ihre Sippe nicht vorbei!“, schimpfte der alte Hermann. „Die fünf sind eine echte Heimsuchung!“

SatirepatzerSatirepatzerVerwirrt hielt der Schwerhörige inne, als seine Frau Martha entsetzt guckte und seltsame Gesten machte. Dann begriff er. Hinter ihm stand seine Nichte Rosi mit ihrem Mann und den drei Kindern. Er hatte ihr Kommen nicht bemerkt.

„So, so, wir sind eine Heimsuchung?“, fragte Rosi spitz. „Keine Angst, Onkel Hermann, wir gehen gleich wieder. Eigentlich ist es ja Tradition, dass wir zu Weihnachten bei euch vorbeischauen. Aber wenn du uns als Heimsuchung empfindest…“

Um Himmelswillen, dachte Martha. Zwar mochte auch sie die fünf Verwandten nicht besonders, aber sie und Hermann waren Gesellschafter eines von Rosi geführten Betriebs.

In dieser Situation zeigte es sich, dass es auch heute noch Weihnachtsengel gibt. Hermanns und Marthas Enkelin Angelina, die bei ihnen die Feiertage verbrachte, machte ihrem Namen alle Ehre. „Tante Rosi, eine Heimsuchung ist doch etwas Schönes“, sagte die Kunststudentin.

„Was redest du denn da für einen Unsinn?“, empörte Rosi sich und äffte Hermann nach: „Hoffentlich kommen Rosi und ihre Sippe nicht vorbei!“

„Nun ja“, sagte die Engelsgleiche, „Besuche sind halt anstrengend für Opa, weil er schon älter und vor allem schwerhörig ist. Und das Wort Heimsuchung bedeutet ganz einfach Besuch. Ich befasse mich in meinem Studium gerade mit Gemälden zum Thema Mariä Heimsuchung. Das ist der Besuch von Maria bei ihrer Base Elisabeth. Auf Lateinisch Visitatio –“

„Schon gut, schon gut“, unterbrach Rosi sie hastig, wie sie es bei solchen Themen immer tat, damit niemand ihre Bildungslücken bemerken sollte. „Ja, dann wollen wir dich nicht anstrengen, Onkel Hermann. Vielleicht schaut ihr ja mal bei uns vorbei, wenn es ruhiger geworden ist.“

Als sich die Tür hinter den fünfen geschlossen hatte, fielen Martha und Hermann ihrer Enkelin um den Hals. „Du hast uns gerettet!“

Angelina amüsierte sich köstlich. „Natürlich weiß ich, Opa, wie du das Wort Heimsuchung in Wirklichkeit gemeint hast. Gut, dass Tante Rosi mir glaubte.“

„Weil du von Latein redetest“, grinste Hermann. „Da wagte sie nicht zu widersprechen. Aber die verschiedenen Bedeutungen von ‚Heimsuchung‘ sind ja drollig. Können Besuche nicht auch Heimsuchungen – im anderen Sinne – sein?“

„Nein“, sagte Martha energisch, „Besuche machen immer Freude. Wenn nicht beim Kommen, dann beim Gehen!“

counter3xhab ich gern gelesen

Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

Einen Kommentar schreiben

geschrieben von Weißehex am 26.12.2018:

Das ist wahr :-)

Weitere Kurzgeschichten von diesem Autor:

Beleibt
Von Katzen und Hunden, Müttern und Vätern
Neue Kürzestgeschichte: Die Standesbeamtin
Alice
Das Waldgeheimnis