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1xhab ich gern gelesen
geschrieben von Bad Letters.
Veröffentlicht: 08.05.2024. Rubrik: Total Verrücktes


Geburtstagsfeier mit Folgen

Oh je, schon wieder eine dieser Pflichtveranstaltungen, der ich mich gerne entziehen würde, da mir diese Menschenmassen im Laufe meines Lebens immer unangenehmer werden. Es sind zwar liebe Menschen, herzliche Menschen, aber in großen Gruppen sehr schwer für mich zu ertragen. Überall diese Stimmen und Gemurmel gepaart mit lautem, überschwänglichem Lachen und im Hintergrund läuft eine Musik, die ich so gar nicht hören mag. Alle amüsieren sich prächtig, während ich genervt und gelangweilt an meinem Bier nippe und sehnsuchtsvoll an meine Musikstube denke.

SatirepatzerSatirepatzerIch werde es wie immer artig über mich ergehen lassen und Spitzen, wie, „Du bist ja heute wieder gesprächig Bad“, in stoischer Gelassenheit weglächeln. Selbst das Buffet kann mich nicht begeistern, da mir die angebotenen Speisen des Gastgebers deutlich zu verstehen geben, dass er von kulinarischen Köstlichkeiten entweder noch nie etwas gehört hat oder schottischer Abstammung ist. Heute trifft wohl beides zu. Bevor ich mich hungrig wieder abwende, entdecke ich in letzter Sekunde den Zaziki, der zumindest optisch vielversprechend ausschaut.

Da die Schüssel aber kaum angerührt wurde, obwohl Zaziki in der Regel als Beilage gerne genommen wird, kommen mir berechtigte Zweifel an der Qualität der Speise. Während Fleisch heute Mangelware darstellt, gibt es dafür Brot im Überfluss. Gutes Brot, wie ich anerkennend feststelle! Mutig nehme ich einen großen Löffel von der verschmähten Joghurtvorspeise und verteile sie dick auf meiner Brotscheibe. Mein Riechkolben braucht nicht lange, um das Knoblaucharoma wahrzunehmen, ich bin also gewarnt, beiße aber trotzdem beherzt zu. Einen Augenblick später, fühle ich mich wie im griechischen Himmel. Ich schließe die Augen und sehe mich förmlich splitternackt mit Aphrodite Sirtaki auf dem Olymp tanzen. Wow!

Drei Scheiben später bin ich vorerst gesättigt und dufte jetzt wahrscheinlich wie eine ganze griechische Fußballmannschaft inklusive Reservebank. Damit habe ich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, die Leute rücken mir freiwillig sicher nicht mehr auf den Pelz und meine Frau lässt mich heute Nacht in Ruhe schlafen. Ich zapfe mir ein frisches Bier zum Nachspülen, als ich das schlimmste aller Geräusche vernehme.
Ding, ding, ding. Redenalarm!

Ich sacke förmlich in mir zusammen, gerade erst hat mich der Zaziki aufgebaut, da wird meine Stimmung per Abrissbirne wieder eingestampft. Ich halte also Ausschau nach dem Übeltäter, um das Gesicht direkt auf Lebzeiten als, „Persona non grata“, abzustempeln. Der Müller war’s! Gut, der steht sowieso schon lange auf meiner Liste. Er greift in seine Jackett-Tasche und holt einen Stapel von mindestens einem Dutzend, eng beschriebener Din A6 Seiten heraus und räuspert sich dabei lautstark. „Verehrte Gäste!“. Ding, ding, ding. „Ich möchte den heutigen Freudentag zum Anlass nehmen, um euch ein von mir geschriebenes Geburtstagsgedicht vorzutragen.“. Bei der Bekanntmachung, fällt bei mir sofort die Jalousie im Gesicht, und ich werde auf der Stelle ohnmächtig, muss sofort in die Notaufnahme!

Die beiden jungen Schnösel vom Roten Kreuz Hilfsdienst sind mit meinem Zustand total überfordert. Sie wissen sich nicht besser zu helfen, als mich an der Trage anzuketten und mir regelmäßig den Schaum vom Mund zu wischen. Endlich in der Notaufnahme angekommen, werde ich zu meinem Glück an erfahrenere Hände übergeben. Der diensthabende Notarzt ist ein alter Haudegen, kurz vor dem Ruhestand, und erkennt an meinen oszillierenden Pupillen, die unentwegt „SOS“ morsen, sofort den Ernst der Lage. Ein schwerer Fall von seltener, aber äußerst gefährlicher, Geburtstagsgedichtneurose!

Die junge Schwester, der noch jegliche Erfahrung fehlt, wagt sich leider zu nah an mich heran, was zur Folge hat, dass sie plötzlich oben ohne, also ohne Brille dasteht. Ein entsetztes, „Ei verbibbsch“, verrät mir, dass ihr Name wahrscheinlich Mandy oder Chantal lautet und aus dem Osten der Republik, extra für diesen Notfall eingeflogen wurde. Ein geübter Griff des Notarztes in die Schreibtischschublade und die Flasche Stroh-Rum steht in Sekundenschnelle auf dem Tisch. Zu meiner Verwirrung kommt Mandy mit drei Schnapspinnchen an die Trage. Ich vermute enttäuscht, dass ich nur eine einfache Infusion erhalte, während bei der Krankenkasse sicher drei abgerechnet werden.

Noch erstaunter bin ich, als Mandy, einen Beistelltisch heranrollt und aus ihrer weit ausgebeulten Kittel-Brusttasche ein Skatspiel zückt und sofort wild zu mischen anfängt. „Beeilen sie sich, Schwester!“. Fährt der Notarzt sie an, „Es droht immer noch akuter Hirntod! Wir müssen sofort das Zerebrum des Patienten beschäftigen, um die gefährliche Vers-Sperre durch die Geburtstagsgedichtneurose und den damit einhergehenden Reimzwang zu lösen!“. Mandy gibt alles und es schneit bereits Hautschuppen vom langen Karten mischen, als sie mir endlich einen lupenreinen Grand Ouvert aufs Tablett legt. Ich spiel das Ding, trotz Sprachstörungen, Lupenrein runter und Gewinne zu null.

Mandy verwechselt Skat plötzlich mit Strip-Poker und zieht direkt blank. Als die 2Kg Altfleisch, gepaart mit 4kg Silikon, das Licht der Welt erblicken, bin ich plötzlich hellwach. Ich fühle mich wie neugeboren und möchte schnellstmöglich an Mandys Zitzen nuckeln. Doch ich mache die Rechnung ohne den Wirt. Vom Stroh-Rum, leicht benommen, purzele ich von der Trage und mich ereilt der völlige Blackout!

Höchst erregt und Mandys Namen schreiend, wache ich irgendwann wieder auf. Als mir klar wird, dass das helle Licht nicht die Sonne über dem Garten Eden, sondern nur eine überdimensionierte OP-Lampe ist, wird mir leicht mulmig zumute. Zusätzlich verspüre ich etwas in meinem Anus, was dort ganz sicher nicht hineingehört! Doch erst, als sich drei vermummte Porschefahrer mit Metzgerwerkzeug über mich beugen, verfalle ich in eine kleine, aber nicht zu verachtende Panik!

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