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3xhab ich gern gelesen
geschrieben 2023 von Bad Letters.
Veröffentlicht: 16.04.2024. Rubrik: Historisches


Unter dem Licht des Halbmondes

Der Halbmond steht ungerührt über dem Bergkamm und sein silbrig glänzendes Licht fällt herab ins tiefe Tal. Die letzten Rufe des Muezzins verklingen und langsam füllen sich Gassen von Schutt mit Schwaden von Odem, der wie gelähmt in den noch jungen Tag strömt. Die Stille ist gespenstisch, lastet doch zu viel Leid auf den Seelen und Traumata beherrschen die eisige Stimmung.

Süßlich beißender Geruch lässt erahnen, dass Gevatter Tod allgegenwärtig ist. Erschöpft ist er vom Werk seines Tuns, musste er doch so oft gleichzeitig Hand anlegen, wie schon lange nicht mehr. Er hat getan, was getan werden musste, er kann seiner Natur nicht entgehen, wie niemand seiner Natur entgehen kann.

Glasige Kinderaugen verstehen die Welt nicht mehr, die gestern noch eine ganz andere war, als sie spielend durch die Straßen liefen, um dem Geschenk des Lebens seinen gebührenden Ausdruck zu verleihen. Sie können noch nicht begreifen, dass ihre blühende Zukunft nicht mehr die ist, die sie sich in ungetrübten Nächten erträumten.

Unzählige Mütter beweinen ihre Söhne, Töchter ihre Väter und nur wenige Familien haben keine Trauer zu beklagen. Die Zeiten waren eh schon schwer, jetzt scheinen sie das Leben endgültig zu erdrücken. Wohin mit all dem Schmerz? An solchen Tagen wachsen selbst Zweifel an einem ansonsten unerschütterlichen Glauben, der vielen im Leben stütze ist, um ihren Weg nicht allein gehen zu müssen.

Überall gedeihen Fragen nach dem Warum und Hände recken sich in den Himmel, um Hilfe zu erflehen. Ihr flehen wird erhört werden, nur nicht vom dem, von dem sie es sich erhofften. Über Grenzen hinweg öffnet sich der Boden der Barmherzigkeit und Geldbeutel werden entsperrt, die an normalen Tagen, fest verschlossen bleiben.

Es wird gesammelt und transportiert und mitfühlende Tränen vergossen. Rückgängig machen können Tränen nichts, aber sie schenken Hoffnung und spenden Kraft. Im Zusammenrücken entsteht ein zartes Pflänzchen von Zuversicht und ein ertragen können. Der Mensch erinnert sich an seine Menschlichkeit, die er an den guten Tagen nur zu leicht seinen Bedürfnissen opfert.

Mutter Erde ist erbarmungslos, sie folgt dem Gesetz der stetigen Transformation und, dass sie sich eines Tages regen wird, war so sicher, wie das Amen in der Kirche. Der Mensch hätte vorbereitet sein können, die Geschichte hatte doch bereits mehrfach den mahnenden Finger erhoben.

Die Villen der Bauunternehmer protzen erhaben im kalten Sonnenlicht um die Wette, während die Gier und Korruption ihrer Besitzer, tausende Leichen unter dem Sand begruben, mit denen ihre Häuser einst zu Wucherpreisen gebaut wurden.

Der Halbmond steht ungerührt über dem Bergkamm und sein silbrig glänzendes Licht fällt herab ins Tal, doch wer hat schon einen Blick dafür, wenn die eigne Zukunft tief unter Schutt und Asche begraben liegt.

counter3xhab ich gern gelesen

Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Marlies am 16.04.2024:
Kommentar gern gelesen.

Ich kenne das Leid aus eigener Erfahrung,
daher weiß ich auch dass Wunden sich schließen, verheilen und das eine wertvolle Lehre zurück bleibt.
" Ich bin stark "




geschrieben von Bad Letters am 16.04.2024:

Hallo Marlies,
ja, die Narben des Lebens können eine stärkende Wirkung besitzen, doch nicht wenige zerbrechen an ihnen. Danke!

MfG
Bad Letters





geschrieben von rubber sole am 16.04.2024:
Kommentar gern gelesen.
>Bad Letters:
Ein eindringliches Bild, das Du zeichnest, Bad Letters. Das Leben unter einem silbrigen Halbmond, ein Leben unter einem symbolischen Halbmond, beide können sich gut anfühlen - die Umstände müssen passen. Ist dies nicht der Fall, spielt die Art des Symbols keine Rolle. Im Unglücksfall leidet immer die gleiche Art von Mensch. Und immer ist die essentielle Frage legitim: Warum? Es gibt keine Abläufe ohne Ursache.
l.g.r.s.




geschrieben von Bad Letters am 17.04.2024:

Hallo rubber sole,
wir leben in Zeiten in denen immer öfter nach dem warum gefragt wird und vielleicht lernen wir etwas daraus, wobei ich da nur wenig Hoffnung in meine Worte legen kann. Danke!


MfG
Bad Letters


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