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geschrieben 2023 von Jens Richter (Jens Richter).
Veröffentlicht: 22.10.2023. Rubrik: Märchenhaftes


Die geraubte Prinzessin

Es war einmal vor langer Zeit in Deutschen Landen, da fand ein grässlicher Streit um das fürstliche Erbe statt.
Moritz, der ältere Fürstenspross hatte mit seiner Gemahlin eine kleine Tochter, welche hübsch anzusehen war und die der ganze Stolz der Familie war, während der jüngere Bruder Casper, der als ruppiger Haudegen verschrien war, wegen seiner aufbrausenden Art bei der Damenwelt nicht gut wegkam und daher kinderlos blieb.
Als der alte Fürst des Regierens überdrüssig wurde, teilte er sein Fürstentum in drei gleiche Länder auf.
Beide Söhne sollten je ein Drittel erhalten und das verbliebene Drittel erhielt die Prinzessin zugesprochen.
Dieses Drittel sollte von Moritz verwaltet werden, bis seine Tochter 21 Lenze alt werden würde.
Das konnte Casper ganz und gar nicht gefallen.
In seiner Wut heuerte er zwei Raubritter an, um die kleine Prinzessin in sein Land zu verschleppen.
Sie sollte dort bleiben, bis die Kleine ihre eigenen Eltern vergessen hatte.
Dann konnte Caspar, wenn das Mädchen alt genug war, ihren Besitz beanspruchen.
Man ersann einen bösen Plan.
Moritz würde in Kürze ein schillerndes Fest feiern, um den Geburtsag seiner Gemahlin zu huldigen.
Bei dem Anlass sollte die Prinzessin entführt und auf die Burg Rabenstein gebracht werden.
Ein Base sollte sich über die kommenden Jahre um das edle Kind kümmern.
Gegen Mitternacht, als das Fest seinen Höhepunkt erreichte und die Feiernden dem Weine frönten, schlichen die zwei Raubritter ins Gemach der Prinzessin und nahmen das schlafende Kind aus seinem Bettchen.
Sie verschwanden genauso lautlos wie sie ins fürstlichen Schloss gekommen waren.
Erst in der Morgenröte entdeckte die fürstliche Familie, dass ihr geliebtes Kind verschwunden war und es gab keine Spur von dem Mädchen.
#
Ein ganzes Jahr ging ins Land.
Die Gemahlin von Moritz war vor Gram schwer krank geworden und zog sich in ihre Gemächer zurück.
Moritz ließ nichts unversucht, um jede Spur, die zur Prinzessin führt zu verfolgen.
Jäger, Polizisten und Soldaten durchkämmten alle Ecken des Landes, doch von der Prinzessin fehlte jedes Lebenszeichen.
Und dennoch gab keiner die Suche auf.
Da trug es sich zu, dass ein Jäger den Wald durchstreifte.
Dabei überraschte ihn die abendliche Dunkelheit.
Die Hand vor den eigenen Augen nicht erkennend, tastete er sich nur mühsam vorwärts, bis er zu einer Lichtung kam.
Hier loderte ein Feuer und ein Rittersmann grillte ein Stück Fleisch darüber.
"Ist ein Platz frei an deinem Feuer", sprach der Jäger.
Der Ritter, der vor sich hin döste, erschrak, erkannte aber sogleich den fürstlichen Beamten.
"Bitte nimm doch Platz, Jägersmann. Nimm dir ein Stück vom Fleisch und wärme deine Knochen."
Der Jäger tat, was ihm geheißen.
"Was tust du noch so spät im dunklen Tann?", fragte der Ritter.
"Ich war auf der Suche nach der kleinen Prinzessin, die von Unbekannten vor einem Jahr aus dem Schloss meines Herren geraubt worden war und habe mich dabei im Wald verlaufen."
"Oh, ich armer Sünder", sprach der Rittersmann betrübt. "Ich habe mich an diesem Unheil mitschuldig gemacht."
"Sprich", forderte der Jäger.
"Ich habe die Prinzessin im Auftrag von Casper entführt und habe das versprochene Silber als Lohn von diesem Lumpen nie erhalten."
"Bist du denn des Deubels?"
"Ich verrate Moritz, wo die Tochter versteckt gehalten wird, wenn der Fürstensohn mir verspricht, dass mein Leben und meine Ehre verschont wird."
"Das kann ich dir nicht versprechen. Es ist von dir jedenfalls ehrenhaft, deinen Fehler wieder gut machen zu wollen."
#
Moritz und seine Gemahlin waren voller Zuversicht, als der Jäger ihnen den Rittersmann aus dem Wald vorstellte und dieser ihnen die ganze Geschichte vom Raub ihres Mädchens erzählte.
Als sie erfuhren, dass es dem Kindlein gut ginge, begnadigten sie den Ritter zu dessen Freude.
Moritz rekrutierte eine starke Armee und zog an der Spitze dieser zum Rabenstein.
Das Casper das Kind seines Bruders geraubt hatte, machte im Reich schnell die Runde.
Viele Leute aus dem Lande, Handwerker und Bauern meldeten sich freiwillig beim Fürstenpaar, um bei der Befreiung ihres Kindes ihre Hilfe anzubieten.
Selbst der Kaiser hatte ihnen gute Soldaten gesandt.
#
Es brauchte nur wenige Tage, da waren Casper in seiner belagerten Burg die Lebensmittel und die Wasservorräte ausgegangen, so dass er bei Moritz um Gnade bitten wollte.
Überwältigt von der Streitmacht seines Bruders Moritz und die Sinnlosigkeit des weiteren Widerstandes erkennend, trat er ohne Waffen vor die Burg.
"Casper", fauchte Moritz sauer, "gib meine geliebte Tochter wieder frei und ich will bei unserem Vater ein gutes Wort für dich einlegen."
Vor Scham warf sich Casper vor seinem Bruder auf den Boden.
Die Prinzessin wurde sogleich befreit und Casper warf man vorerst in den Kerker. Die Streitmacht löste sich schnell in alle Himmelsrichtungen auf, denn alle wollten wieder zurück nach Hause.
#
Moritz und der alte Fürst stiegen, nachdem der Familienrat zusammengetreten war, in den Kerker hinab zu Caspers Verließ.
"Wir haben uns beraten und beschlossen, dass wir dein Leben verschonen, da deine Base unsere kleine Emilia liebevoll umsorgt hat und dass es dem Kind an nichts gefehlt hatte. Doch wir wollen dich nicht mehr in unserer Familie haben. Du wirst das Land verlassen und darfst uns nie wieder unter die Augen treten. Auch darfst du keiner Menschenseele verraten, dass du von unserer Familie abstammst."
#
So geschah es.
Ein kleiner Trupp Soldaten brachten Casper zur Landesgrenze. Dort band man ihn los, gab ihm ein kleines Säckchen Silberstücke, dazu etwas Wegzehrung und sein Kurzschwert zurück.
"Du hast gehört, was Moritz dir beschieden hatte?", fragte der Hauptmann.
Casper nickte, nahm alles an sich und verschwand im finsteren Wald.
Er wurde nie wieder gesehen.
#
Und die Moral von der Geschicht,
entführ des Fürsten Tochter nicht.
Was du treibst voll Gier und im Neide,
führt am Ende meist zur Pleite.

Ende
(C) Jens Richter im Mai 2023

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von .Eichhörnchen. am 25.10.2023:
Kommentar gern gelesen.
Hallo Jens!

Ich habe dein Märchen sehr gern gelesen, besonders gefallen hat mir, dass Du am Ende noch ein kleines Gedicht zu der Moral verfasst hast.

Viele Grüße
Eichhörnchen




geschrieben von Jens Richter am 25.10.2023:

Hallo Eichhörnchen,
meine Frau und ich waren im Mai im Erzgebirge im Urlaub und sind an einem Gedenkstein anlässlich des sächsischen Prinzenraubes von Anno Toback vorbeigekommen.
Diese wahre Begebenheit hatte mich zu dem Märchen inspiriert.
Die dortigen Kindesräuber waren jedoch nicht so gut davongekommen.
Vielen Dank für Deinen netten Kommentar.
Viele Grüße aus Dresden
Jens




geschrieben von Christelle am 26.10.2023:
Kommentar gern gelesen.
Sehr schönes Märchen, das ich gern gelesen habe. Wozu einen ein alter Gedenkstein doch inspirieren kann.LG




geschrieben von Jens Richter am 28.10.2023:

Hallo in die Runde,
vielen Dank für Eure Bewertungen.
Ich habe Euch noch mal eine interessante Seite verlinkt über den sächsischen (und historisch belegten) Prinzenraub.
http://www.goethezeitportal.de/wissen/illustrationen/legenden-maerchen-und-sagenmotive/prinzenraub.html
Das Schöne ist und das stimmt mich positiv, dass Märchen immer noch gelesen und angenommen werden.
Ich wäre sehr dafür, dass die Novemberaktion das Thema "Märchen" beinhaltet.
Jeder, der Lust hast, schreibt ein neues Märchen oder ein altes nach seinen Vorstellungen um.
Mal sehen, was dabei herauskommt.
Viele Grüße aus Dresden,
Jens




geschrieben von Christelle am 29.10.2023:
Kommentar gern gelesen.
Das Thema „Märchen“ für die November-Aktion gefällt mir gut. Schlage es doch mal vor. LG Christelle

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