Veröffentlicht: 03.08.2020. Rubrik: Menschliches
Verständigung
In den 1970ern jobbte ich als Anglistik-Studentin sechs Wochen lang in einem Londoner Büro. Alle dort Beschäftigten waren Briten, mit Ausnahme von mir und einer anderen deutschen Werkstudentin – nennen wir sie Barbara –, die jedoch aus einer ganz anderen Ecke unseres Landes stammte.
Von Anfang an einigten Barbara und ich uns darauf, dass wir miteinander ausschließlich Englisch sprechen wollten. Nicht nur aus Höflichkeit gegenüber den Kollegen, sondern auch, weil wir schließlich beide wegen der englischen Sprache hergekommen waren. Wir hielten das auch eisern durch. So kam es, dass ich Barbara dort niemals Deutsch reden hörte.
Etwa zwei Jahre später sahen wir uns dann zum ersten Mal in good old Germany. Barbara war zu Besuch bei einem Ehepaar in meiner Heimatstadt, das mit meinen Eltern befreundet war, und wir alle sechs trafen uns in einem Restaurant.
Jetzt sprach Barbara natürlich Deutsch – und ich hätte am liebsten gesagt: „Sprich lieber wieder Englisch!“ So schwer verstand ich ihre stark dialektgeprägte Aussprache. Ich will nicht verraten, aus welcher Region sie stammte, aber Hochdeutsch klingt anders.
Möglicherweise dachte sie dasselbe von mir, denn auch meine Heimat ist nicht gerade für Bühnendeutsch bekannt.
Ulkig, dass eine Fremdsprache manchmal zur Verständigung besser geeignet ist als zwei unterschiedliche Varianten ein und derselben Muttersprache!
