Veröffentlicht: 16.05.2023. Rubrik: Unsortiert
Alles basiert immer auf dem Vorhergegangen
Soviele Wenns….
Alles basiert immer auf dem Vorhergegangenen.
Wenn also das Vorherige nicht gewesen, nicht so in der Art gewesen wäre, könnte einige persönliche Entwicklung anders gelaufen sein. Ich behaupte, das trifft für alle zu.
Allerdings fällt es mir schwer, bei anderen Leuten Unsicherheiten über ihren Standpunkt festzustellen. Andererseits könnte das natürlich daran liegen, dass ich hinter die Maske
der Mitmenschen nicht schauen kann.
Wenn ich mich nicht so verunsichern ließe von so vielen und vielem, lebte es sich angenehmer – glaube ich -.
Wenn ich hinter die Masken schauen könnte, würde ich vielleicht auch bei den von mir so stark geglaubten Personen Unsicherheiten erkennen. Möglicherweise würde ich dann auch vorziehen, ich hätte lieber nicht geschaut.
Warum wirken auf uns – oder etwa nur auf mich? – so viele andere selbstbewusster, stärker, mutiger, fähiger, temperamentvoller, glücklicher, intensiver, ……
Als man selbst?
Wenn ich nicht so viel über diese Problematik nachgedacht hätte, wäre ich nicht zu einer gewissen, aber wirklich nur gewissen Ruhe gekommen, Wenn ich mich nicht immer wieder zur realen, konkreten Sehweise zwingen würde, könnte ich einpacken!
Warum machen mir so viele Leute Angst, von denen ich weiß, dass sie mir unterlegen sind?
Warum sind gerade die sehr einfach gestrickten Leute oft so selbstbewusst? Oder scheint das auch nur so?
Alles, wirklich alles bedingt sich …
Wenn das Kind tatkräftig und durchsetzungsfähig geworden wäre, hätte es einen Rang in allerlei Gruppen gehabt.
Wenn das Kind wenigstens in den Kleingruppen akzeptiert gewesen wäre, hätte es sich weder ausgeschlossen noch unangenommen, ja unerwünscht gefühlt.
Wenn alles vom Anfang an nicht mit Ängsten und Befürchtungen verbunden gewesen wäre, wäre manches leichter gewesen.
Wenn es aber anders gekommen wäre,
hätte manche Entwicklung vielleicht nicht stattgefunden
hätte das Kind vielleicht nicht so an den Worten der Lehrer gehangen und daher gute Leistungen gebracht,
hätte das Kind also eine weniger erfolgreiche Entwicklung gemacht.
Wenn das Kind daneben nicht durch die mütterliche Forderung, selbst betreut werden zu wollen zu übertriebener Selbstaufgabe und Verleugnung eigener Interessen verurteilt gewesen wäre, hätte sich manches Helfersyndrom-Ereignis verhindern lassen.
Wenn das Helfersyndrom nicht eskaliert wäre und zur lebensbedrohenden Situation geworden wäre, hätte das Kind den Absprung nicht geschafft,
hätte nicht den Zusammenhang Hilfesuchender und Mutter erkannt,
hätte sich nicht vom Mitleid mit derselben gelöst und endlich eine reale Wut und Enttäuschung gespürt.
Dann hätte das Kind sich auch nicht getraut, das Fach-Abi zu machen, HH zu verlassen, zu heiraten und schließlich zu studieren
Wenn das Wörtchen wenn nicht wär …
Wenn das Kind nicht geboren worden wäre, wäre es nicht auf der Welt.
Wenn das Kind mehr Liebe erfahren hätte, hätte es sich anders entwickelt.
Wenn die Mutter dem Kind mehr Zuneigung gegeben hätte, wäre das Kind vielleicht zur Liebe befähigt worden,
wäre das Kind vielleicht selbstbewusster geworden,
hätte das Kind sich anderen gegenüber sicherer gefühlt
hätte das Kind den Rückhalt des familiären Nestes empfunden.
Wenn das Kind Kind Rückhalt empfunden hätte, hätte es sich nicht als „fremd“ gefüh
hätte es sich nicht überall als unerwünscht gefühlt,
wäre nicht immer auf die Ermutigung anderer angewiesen.
.
Wenn das also nicht so gewesen wäre, hätte das Kind sich nicht selbst unterdrückt und unterdrücken lassen.
Hätte das Kind sich entfalten können.
Hätte Initiatven ergreifen können
Hätte Aktivitäten ergriffen, statt ewig abzuwarten, auf Erlaubnis zu warten..
Wenn ich nicht umgezogen wäre, hätte ich keinen eigenen kleinen Garten.
Wenn ich diesen kleinen Garten nicht hätte, wäre mir eine Lieblingstätigkeit entgangen. Wenn die Umrandung meiner Terrasse nicht mit allzu viel Gestrüpp vollgepflanzt gewesen wäre, hätte ich viel eher mit dem Neupflanzen beginnen können.
Wenn dieses Gestrüpp nicht so störend für mich gewesen wäre, hätte ich die Gelegenheit verpasst, mich an eigentlich nicht überwindbare Aufgaben zu wagen.Dann hätte ich nicht dieses Glücksgefühl erlebt, wenn nach harter Arbeit mit Geduld und verschiedensten Versuchen eine dicke Pflanze mit Wurzel aus der Erde verschwunden war.
Wenn ich nicht Platz geschaffen hätte, wäre Gestalten, Neuanpflanzen, Säen nicht möglich gewesen.
Wenn ich nicht umgezogen wäre, hätte ich das Glück des Gärtnerns nicht erlebt,
hätte ich die Freude am Werden von Pflanzen nicht gefunden
Wenn ich nicht ins „betreute“ Wohnen gezogen wäre, wäre ich in einem normalen Mietshaus mit verschiedenen Altersklassen und Isolation trotzdem besser für den Notfall betreut gewesen.
Malle
Das Kind fand eine Freundin auf ihm typischer Weise:
Marie-Luise, genannt Malle, war todunglücklich nach ihrem Zeugnis. Das Kind kannte sie vom Ansehen, von Jugendgruppen,. Chor usw. Das Kind hatte schon damals ein ausgeprägtes Helfersyndrom gepaart mit der Gewissheit, nur wenn es anderen helfe , wäre es nicht unerwünscht.
So kamen sie sich näher und waren ca. 2 Jahre relativ eng befreundet. Das Kind erlebte bei Malle Dinge, zu denen es vorher keinen Zugang hatte. Malle hatte einen völlig anderen Hintergrund, hatte Flöten- und Klavierunterricht, wurde von der Großfamilie behütet, von der jungen Tante, die Gesang studierte, gefördert.
Malle hatte auch einen Plattenspieler. Dort hörte das Kind schöne Arien, u.a. „o du mein holder Abendstern“, die ihm bis ins Alter begleitete.
Malle hatte eine neuverheiratete Mutter, die finanziell bessergestellt war. Sie bekam also schon als Schülerin oft neue Kleider, hat mit der Tante Reisen gemacht, bekam auch Geld für das Schützenfest. Die Mutter hat ihr allerdings immer die doppelte Menge gegeben, damit ich auch teilnahm.
Die Mutter hatte wohl den Eindruck, dass ich ihr gut tat, nachdem sie im Vorjahr mit einer Clique zusammen war, deren Einfluß sie sich jetzt entzog und die wohl Grund für ihre schulischen Schwierigkeiten war.
Das Kind hat die Zeit mit der Freundin genossen, es zeigte eine völlig andere Welt. Malle hatte ein Zimmer im Dachgeschoß, einen Bruder nebenan, eine tolle Stimme, sie war aber vor allem ein Pol im Leben des Kindes.
Das Kind hat die Lebendigkeit bewundert, die Malle im Gegensatz zu ihm hatte. Das Kind war gehemmt und voller Selbstzweifel, während Malle schon etwas extravagant wurde .
Das Kind wurde von Malle allerdings auch benutzt. Es hatte Schwierigkeiten mit der geliebten jungen Tante und hat diese mit der besprochen im Sinne, das Kind hätte sich beklagt über deren Verhalten … Das Kind war davon nicht informiert und bekam dieses erst später erzählt. Ebenso hat sich Malle in den Liebeskummer des Kindes eingemischt und einen Brief an den weggezogenen Jungen geschrieben. Der Antwortbrief lag dann in ihrer Schreibmappe, zu dem das Kind selbstverständlich Zugang hatte. Das war ihr dann sichtlich peinlich, zumal dieser Junge ihr dann Komplimente gemacht hat.
Malle tat dem Kind gut, hat es allerdings auch in eine andere Welt eingeführt, die ihm selbst nicht zugänglich war. Im Laufe der Zeit hatte sich eine Entfremdung eingestellt und das Kind hatte sich gänzlich zurückgezogen. Man sah und grüßte sich z.B. im Schwimmbad, die Fronten waren klar. Aber das Kind wurde sehr verletzt durch einen Abschiedsbrief, der dann viel später noch kam. Sie hätten sich wohl nichts mehr zu sagen. Und gönnerhaft, sie wäre dann gerne für Rat und Tat für mich bereit.
Wie sehr diese Verletzung gewirkt hat, wird durch die Tatsache belegt, dass das Kind ein Leben lang immer einen Zensor im Kopf hatte, „was hätte Malle jetzt gemacht?“ Es wurde nämlich auch oft barsch korrigiert.
Die Hand
Immer wieder ertappe ich mich, dass ich „an die Hand“ möchte. Jeder Mensch, der ein wenig größer ist als ich , kann das bei mir auslösen. Was bedeutet diese Hand? Ist es mehr als vielleicht ein Relikt des kleinen Mädchens, das beim Vater an der Hand war?
Möchte das kleine Mädchen in mir immer noch geführt und beschützt werden?
Das sind dann Probleme immer gewesen in Beziehungen. Zuerst „die Hand“, das Führenlassen-Wollen, dann aber hinterher das Bedürfnis, selbständig, eigenständig, unabhängig zu sein, keinesfalls von jemanden bestimmt zu werden.
Ach ja, das Leben besteht aus unendlich vielen Ambivalenzen!

