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geschrieben von Friedrich Malinowski.
Veröffentlicht: 23.06.2020. Rubrik: Unsortiert


Zwölf erotische Spargelgerichte

Als im alten Karstadt Haus, der Angestellte Müller Halbtag, auf die Frage eines Kunden nach einem passenden Wein zum Spargel keine zufriedenstellende Antwort wusste, riss man das Haus kurzerhand ab und baute ein neues.

Und weil man ein wenig an den Betriebsrenten zu sparen gedachte, leistete man sich zusätzlich einen ganztägigen Kellermeister.

Der taffe Kellermeister, er hatte vor Jahren das Weinbuch von Wiglaf Droste verinnerlicht, kannte mindestens fünfundzwanzig spektakuläre Arten der Spargelzubereitung, davon zwölf erotische.

Dazu empfahl er einen „Kanzler.“

Diese verlässliche Neuzüchtung, mit festem Biss und klaren Strukturen, avancierte innerhalb kürzester Zeit zum Publikumsliebling. Die Medien schwelgten in Superlativen. Man sprach vom „Jahrhundertwein.“ Eine Zeitung war so begeistert, dass sie sich auf ihre vier Buchstaben setzte und titelte: „… so muss Kanzler!“

Das Deutsche Weininstitut wollte sich nicht lumpen lassen, es diente dem Kellermeister die Deutsche Weinkönigin an, doch er lehnte geziemend ab und begnügte sich mit Wein auf Lebenszeit.

Die Euphorie ging weiter, der Kanzler war in aller Munde.

Das trieb die Frauenverbände auf die Straße. Sie forderten einen „Kanzlerinnen-Wein“ in einer bauchigen Flasche mit pinkfarbigem Etikett. Aber den Kanzler gab es nur in der maskulinen Kreuzung. Und das war auch gut so. Denn die Umsätze stiegen, und die Gewinne steigerten die Dividende.
Karstadt ging herrlichen Zeiten entgegen.

Dann kam der 5. Oktober 1989. Der lange Donnerstag wurde eingeführt.
Es rumorte in den Betrieben. Man fühlte sich verraten und verkauft. Zu den bereits vorhandenen Überstunden, sollten also neue hinzukommen. So wollte man sich nicht behandeln lassen, man lehnte sich auf. Offen. Die Beschäftigten, unterstützt von den Gewerkschaften, gingen auf die Barrikaden.
Fünf Wochen später fiel die Mauer.
Einen Tag später begann der große Reibach.

Der taffe Kellermeister, der, der vor Jahren das Weinbuch von Wiglaf Droste verinnerlicht hatte, wollte da nicht zurückstehen und erfand flugs den Mauerwein.

Dieser hörte auf den schönen Namen: „Durchbruch 89“. Ein Wein, dem sich sofort alle Herzen öffneten. Mit seiner betörenden Restsüße brachte er vor allem die Damenwelt in Verzückung. Der Konzern war stolz auf seinen Kellermeister. Das Deutsche Weininstitut wollte sich nicht lumpen lassen, es diente ihm abermals die Deutsche Weinkönigin an, doch er lehnte geziemend ab.
Obwohl – bei der Zubereitung der zwölf erotischen Spargelgerichte hätte sie ihm schon zur Hand gehen können.
Friedrich Malinowski

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