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2xhab ich gern gelesen
geschrieben 2020 von Rebecca Iser (Rebecca Iser).
Veröffentlicht: 02.01.2021. Rubrik: Lyrisches


Klinikmorgen

Ich will echt sein.
Ich will nicht mehr so tun, als ob
es mich nicht umbringt deine Stimme
nur alle zwei Tage am Telefon zu hören,
anstatt jeden Abend mit dir einzuschlafen
und am Morgen mit dir aufzuwachen.

Ich will mich nicht mehr freuen,
nur, weil ich es eventuell
geschafft habe einen Tag lang
nicht zu weinen - vielleicht.

Ich will nicht mehr meine eigenen Freunde
meiden oder meiner
besorgten Familie erklären,
dass ich "zuversichtlich" bin oder
"weiterkomme"

Weiterkommen, was heißt das überhaupt?
Es geht doch sowieso alles weiter
ohne mich
und an Weihnachten sitze ich dann alleine hier.

Sie sagen mir: "Lass die Psychiatrie hinter dir",
"genieß' dein Leben mal"
Zu Hause sagen sie mir dann: "Sei ruhig traurig.
Dein Leben besteht aus lauter Scherben."
und ich frage mich, ob ich noch existiere.

Manchmal ist es, als hätte ich Amnesie,
wobei ich nicht weiß,
ob das gut oder schlecht ist.

Jeden Tag wache ich auf
und für eine Sekunde frage ich mich,
wer oder wo ich bin, und ob ich träume
aber es macht kaum einen Unterschied
weil der Alptraum, so oder so, weitergeht.

An grauen Tagen, also an Tagen,
wo es mir nur so mittel beschissen geht
merke ich, wie ich das Normal-Sein verlernt habe,
weil ich entweder leer bin oder euphorisch
oder euphorisch in meiner Leere.

Dann liege ich, ohne Decke,
auf dem kalten Boden
und versuche mein Leben anzuhalten
oder rufe in Gedanken um Hilfe,

warte, ob jemand kommt
und sich wundert oder so
aber eigentlich ist es auch egal,
das Wirrwarr ist ja kaum zu entknoten.

"Gute Nacht", denke ich dann.
Bis Morgen Angst.

counter2xhab ich gern gelesen

Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

Einen Kommentar schreiben

geschrieben von Susi56 am 14.01.2021:

Ich kann mich gut rein fühlen und deinen Text sollte jeder angehende Psychologiestudent mal lesen...

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