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3xhab ich gern gelesen
geschrieben 2019 von Lesestübchen.
Veröffentlicht: 21.03.2019. Rubrik: Persönliches


Morgenlauf

Es ist 5:00 Uhr Früh. Der Wecker läutet. Ich höre mir noch die Nachrichten an, dann strecke ich mich ausgiebig, stehe auf, schlüpfe in meine Laufklamotten und werfe die Kaffeemaschine an. Mit einem Kaffee geht alles gleich viel leichter. Ich gehe auf den Balkon um die Temperatur zu checken, es hat um die Null Grad, keine Wolke am noch schlafenden Himmel und kein bisschen Wind. Die Felder hüllen sich in Morgentau, und bis auf wenige beleuchtete Fenster scheint die Nachbarschaft noch im warmen Bett zu liegen. Ich atme ein paar Mal tief durch und genieße die frische, noch unverbrauchte Morgenluft. Nachdem ich meinen Kaffee getrunken habe, verlasse ich die Wohnung.

Der Weg breitet sich erwartungsvoll vor mir aus, ohne Forderungen zu stellen, ohne Ansprüche zu erheben. Er will nichts weiter, als dass ich auf ihm laufe und präsentiert sich zu dieser frühen Stunde von seiner schönsten Seite. Er schert sich nicht darum, wie ich aussehe, ob meine Haare gestylt sind, ob ich geschminkt bin, wie dick oder dünn ich bin. Er ist für mich da - immer - er nimmt mich wie ich bin, völlig bedingungslos. Keine Vorwürfe, keine Veränderungsversuche, keine unerfüllbaren Erwartungen. Immer zuverlässig, lässt mich nie im Stich. Ich kann einfach ich selbst sein, keine Rolle, in die ich jetzt schlüpfen muss, keine gesellschaftlichen Konventionen, an die ich mich halten sollte. Körper und Geist im Einklang mit der Natur.

Begleitet vom morgendlichen Gesang der Vögel laufe ich der aufgehenden Sonne entgegen, die zärtlich und hoffnungsfroh den Tag einleitet. Es tut gut, die kühle Morgenluft einzuatmen. Man hat fast den Eindruck, als würde nachts nichts existieren, alles in einem Nirgendwo verschwinden, um morgens mit der Sonne wieder an seinen Platz in der Welt zu rücken. In dieser Magie des Übergangs von Nacht zu Tag erwartet man, jeden Moment kleine Elfen aufflattern zu sehen, oder Trolle, die zwischen den Bäumen hervorlugen. Der Bach fließt glucksend neben mir her, und mit dem gemächlichen Erwachen der Welt werde auch ich wacher.

Meine Schritte korrespondieren mit meinem Atemrhythmus, meine Herzfrequenz erhöht sich, meine Körpertemperatur steigt, und ich spüre das Leben mit einer Kraft in mir pulsieren, wie das nur beim Laufen geschieht. Ich fühle, wie meine Zellen mit Sauerstoff durchflutet werden und freue mich über die Leistungsfähigkeit meines Körpers. Weit weg sind noch die Ärgernisse des kommenden Tages, die Menschen in der U-Bahn mit ihren unangenehmen Körperausdünstungen, die Smombies, die glatt tot umfielen, würde man ihnen ihre Smartphones wegnehmen. Noch keine Rede von all den rücksichtslosen Schwachköpfen, die das Wort Benehmen nicht mal buchstabieren könnten, wenn man es ihnen vorsagte - die dir eine Tür auf die Nase knallen, oder dich fast von der Rolltreppe schubsen um die einfahrende U-Bahn noch zu erwischen. Nichts als Ruhe und Vogelgesang, seliger Nicht-Stress und bewegte Meditation, die mir hilft, den Tag gut gelaunt zu überstehen.

Nach einem Lauf ist alles besser. Das Wasser unter der Dusche fühlt sich intensiver an auf der gut durchbluteten Haut und prickelt angenehm, fast wie Streicheleinheiten. Das Frühstück schmeckt tausend Mal besser. Der ganze Tag wird schöner, wenn ich mir morgens einen Lauf gönne. In der Zwischenzeit ist der Tag vollständig angebrochen, der Himmel präsentiert sich in seinem schönsten Blau und die Sonne strahlt mit einer Leidenschaft, als wäre es ihr ein persönliches Anliegen, diesen Tag zum schönsten meines Lebens zu machen.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Christine Todsen am 21.03.2019:

Sehr schön geschrieben.




geschrieben von ehemaliges Mitglied am 29.04.2019:

So startet man doch gern in einen neuen Tag. Sehr schön und gefühlvoll geschrieben. Jörg




geschrieben von ehemaliges Mitglied am 02.10.2021:

Kann Christine und Jörg nur zustimmen. Schön geschrieben und man fühlt sich wie mit dabei. ("Hommage an den Egoismus" ist auch genial)

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