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geschrieben 2023 von VictoryViktoria (VictoryViktoria).
Veröffentlicht: 18.08.2024. Rubrik: Lustiges


Joseph und das Hundescheiße-Problem

Wie jeden Morgen drehte Joseph seine erste Runde durch den Park, direkt nach dem Frühstück, welches er für gewöhnlich gegen halb sieben zu sich nahm. Früher war Joseph der offizielle Parkwächter. Dann hatte die Stadt finanzielle Probleme und kürzte die Stelle von Joseph einfach weg. Er wurde in Frührente geschickt, obwohl er sich alles andere als bereit für den Lebensabend sah. Da die Rente einigermaßen üppig ausfiel und Joseph ein sparsamer Mensch war, machte er seinen Job kurzerhand ohne Bezahlung weiter. Er fegte Zigarettenstummel und Müll zusammen, kontrollierte Büsche und Sträucher, pflanzte regelmäßig neue Blumen, reparierte die Parkbänke und vor allem kannte er alle Menschen, die den Park regelmäßig nutzten und sich über Josephs Dienste freuten. Alle wussten, wer er war und hielten den Park ihrerseits so gut es ging in Ordnung. Deshalb war es einer der schönsten Parks, die Joseph je gesehen hatte, auch wenn er klein war.
Gerade dachte er darüber nach, wie dankbar er für all die Leute war, die seinen Park, gemeinsam mit ihm, so gut in Schuss hielten, da wäre er fast in einen dicken Haufen Hundescheiße getreten. Im letzten Moment konnte Joseph dem gigantischen Berg von stinkendem Braun ausweichen und landete prompt mit dem linken Fuß in einer Pfütze. Verärgert schüttelte er den Fuß und fluchte darüber, dass er sich heute Morgen gegen die Gummistiefel entschieden hatte.
‘Wahrscheinlich ein Tourist.’ dachte sich Joseph, während er den Haufen wegräumte und ein wenig Kies aus seinem kleinen Wagen kramte, den er immer hinter sich herzog. Er verstreute den frischen Kies auf dem braunen Fleck, den der Haufen auf dem Gehweg hinterlassen hatte und schon fünf Minuten später war Josephs Ärger wieder verflogen, als er einer Amsel beim Beeren naschen zusah.
Doch leider fand Joseph am nächsten Morgen erneut einen dicken, braunen, übel riechenden Haufen an so ziemlich der gleichen Stelle wie gestern. Joseph kratzte sich am Kopf und fluchte leise vor sich hin. Dann putzte er den Haufen weg und verstreute Kies. Dabei fiel ihm auf, dass der Kies zur Neige ging und er notierte es in seinem kleinen Heft, welches er danach sorgfältig wieder in der Brusttasche verstaute.
Den Kies brauchte Joseph schon am nächsten Tag, denn auch da lag wieder ein fetter, eklig stinkender Haufen an exakt der Stelle, an der Joseph auch die Tage zuvor Hundedreck wegputzen musste.
So langsam reichte es Joseph. Er sprach einige Leute im Park an, ob sie etwas gesehen hatten, doch niemand schien zu wissen, woher die Hundehaufen kamen. Ein Geisterhund? Joseph schüttelte in Gedanken den Kopf. ‘Nein, so ein Blödsinn, werd nicht senil, mein Alter.’ dachte er und grinste.
Als er am vierten Tag erneut einen Haufen vorfand, reichte es ihm endgültig und er entschied etwas zu unternehmen. Niemand hatte das Recht, den schönen Park, den er schon so lange betreute und pflegte, mutwillig so zu verschandeln. Die arme Frau Müller war am heutigen Morgen fast beim Ausweichen gestolpert, hatte sie ihm erzählt, als er sie beim Bäcker getroffen hatte. Joseph entschied sich zunächst für eine höfliche, aber bestimmte Botschaft. Er packte ein kleines Schild aus, welches er zu Hause am vorherigen Abend schon in weiser Voraussicht gebastelt hatte und klopfte den angespitzten Pfahl in die weiche Erde, direkt neben dem Punkt, an dem jeden Tag der Hundehaufen lag. Auf dem Schild war klar und deutlich zu lesen
“Bitte räumen Sie den Kot Ihres Hundes selbst weg.
Mit freundlichen Grüßen Joseph, der Parkwächter”
Am nächsten Morgen trank Joseph fast schon hektisch seinen letzten Schluck Kaffee vom Frühstück und stürzte danach beinahe in den Park, um zu sehen, ob der Hundehaufen heute erneut dort lag. Joseph keuchte ein wenig, als er bei dem Punkt ankam, an dem er gestern noch sein Schild aufgestellt hatte. Verwundert sah er sich um. Das Schild war verschwunden. Dann fiel sein Blick auf den Boden und er sah, wo das Schild war. Es lag in dem neuen Hundehaufen und Joseph hatte das Gefühl, dass er von Tag zu Tag ein wenig größer wurde und schlimmer stank. Er schnaubte vor Wut über diese Dreistigkeit. Auf seinem Weg zum Park hatte er noch darüber nachgedacht, dass der Hundehalter vielleicht wirklich Tourist war und am Ende kein Deutsch verstand und auch nicht die Regeln und Gepflogenheiten in Deutschland kannte. Er hatte schon darüber nachgedacht, wen von seinen Bekannten er um eine englische Übersetzung bitten konnte, denn sein Englisch beschränkte sich auf ein heiser gekrächztes “Sssänk ju” und “Gutt bey”. Doch nun war klar, dass der Hundehalter ganz offensichtlich sehr genau wusste, was er tat.
Nachdem Joseph sowohl sein Schild, als auch den gigantischen Haufen entfernt hatte, setzte er sich erschöpft auf die Parkbank, die nur wenige Meter entfernt in der Sonne stand. Etliche Leute kamen vorbei und fast jeder wusste inzwischen von dem ominösen Hund und seinen riesigen Haufen, die Joseph, der tapfere Parkwächter jeden Tag wegputzte. Alle waren verärgert, doch niemand wusste eine Lösung. Niemand, bis auf Elli. Elli war Anfang zwanzig, trug immer schwarze Klamotten, hatte einen Ring in der Nase und meistens Kopfhörer auf den Ohren. Doch sie hielt immer gern ein Schwätzchen mit Joseph und kannte sich erstaunlich gut aus, mit Vogelgesang und Wildblumen.
Sie zog sich die Kopfhörer herunter, als sie Joseph auf der Bank sitzen sah und setzte sich neben ihn. “Du siehst aber gar nicht glücklich aus, mein Lieber. Was ist denn passiert?” fragte sie besorgt und Joseph klagte ihr sein Leid. Elli winkte ab. “Lass gut sein, Joseph. Ich habs schon von meiner Mutter gehört. Die hat Frau Müller gestern Morgen beim Metzger getroffen.”
Elli kräuselte ihre Nase und schob gedankenverloren ihre Brille nach oben. “Da müsste man doch…” nuschelte sie und tippte auf ihrem Handy herum. Joseph sah sie neugierig an. Mit dem elektronischen Kram kannte er sich nicht aus. Sein Haustelefon hing noch an einer Schnur in der Wand und er sah keine Veranlassung, das zu ändern. Ärgerlich genug, dass neulich das Telefon mit der Wählscheibe kaputt gegangen war. Er hatte das Klicken und Surren immer gemocht. Und viel telefonieren tat er eh nicht. Doch Elli schien wie besessen von dem Ding, denn sie tippte immer wilder, während ihre Augen zu leuchten begannen.
“Joseph, wir haben da Möglichkeiten heutzutage. Wir müssen sowas nicht einfach hinnehmen. Gemeinsam können wir uns organisieren und wehren. Zivilcourage nennt man sowas.” setzte sie hinzu, als Joseph sie skeptisch anblickte. “Was hast du denn vor, Elli?” fragte er vorsichtig. Doch Elli grinste nur und stand auf. “Lass mich erst mal alles abchecken und morgen um die Zeit treffen wir uns dann wieder hier, ja?” Noch ehe Joseph so wirklich antworten konnte, hatte Elli sich schon wieder die Kopfhörer aufgestülpt und sich ihren Rucksack geschnappt. Sie winkte noch einmal und schwups, war sie verschwunden. Joseph fühlte sich merkwürdig erholt und erledigte den Rest seiner Runde mit erstaunlich guter Laune und Schnelligkeit. Zur Belohnung gönnte er sich beim Bäcker ein zweites Frühstück mit Zimtschnecke und Filterkaffee.

SatirepatzerSatirepatzerAls Elli am nächsten Tag zur Bank kam, blickte Joseph ihr schon aufgeregt entgegen. Elli zog triumphierend ihr Handy aus der Tasche und präsentierte Joseph ein etwas verschwommenes Bild von einem breitschultrigen Mann mit Glatze und einem riesigen Tattoo im Nacken. Der Mann hatte den größten Hund an der Leine, den Joseph je gesehen hatte. “Das ist er.” jauchzte Elli und sah Joseph erwartungsvoll an.
Joseph zog seine buschigen Augenbrauen hoch. “Woher willst du das wissen, Elli? Nur weil der Hund groß ist, muss das nicht heißen…” Er konnte seinen Satz nicht vervollständigen, denn nun drückte Elli erneut auf ihrem Handy herum und nur Sekunden später sprang ein Video an, dass den Mann und den Hund in Flagranti zeigte. Der Hund machte einen äußerst angestrengten Eindruck. Der Mann hingegen wirkte eher genervt und zerrte den Hund hinter sich her, sobald der sein Geschäft erledigt hatte. ‘Klar, wahrscheinlich wollte er nicht erwischt werden.’ dachte Joseph und war zum ersten Mal wirklich dankbar für die Technologie, von der Elli immer so schwärmte.

Polizei bittet um Hinweise
In der Nacht von Samstag auf Sonntag ereignete sich im Otto-Böhne-Park ein Vorfall, bei dem die Polizei um Mithilfe bittet. Gegen 23:15 wurde das Opfer, welches bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt erstattet hat, von einem Unbekannten in einen Haufen Hundekot geschubst. Der Betroffene landete genau mit dem Gesicht darin. Zum Täter konnte keine genaue Aussage getroffen werden. Das Einzige, was das Opfer gehört haben will, sind die Worte “Es ist die Scheiße von deinem eigenen Hund. Da kann es ja nicht so schlimm für dich sein.” Einige Zeugenaussagen von Passant*innen zu dem Täter widersprechen sich allerdings so sehr, dass die Polizei deshalb jetzt die Öffentlichkeit um Mithilfe bittet. Wer etwas gesehen hat, meldet sich bitte unter folgender Nummer…

Joseph faltete die Zeitung zusammen und lächelte leise vor sich hin, während er entspannt seinen letzten Schluck Frühstückskaffee trank. Dann hob er fast liebevoll den schwarzen Gürtel vom Küchentisch hoch und hängte ihn zu den anderen an die Wand in seinem Sportraum im Keller.

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