Veröffentlicht: 02.09.2024. Rubrik: Menschliches
Laubbläserblues
Mit einem Gesichtsausdruck, der zwischen Widerwillen und Lustlosigkeit hin und her tänzelt, setzt er sich den Sichtschutz auf. Was waren das noch für Zeiten, wo er einfach seinen Rollwagen packte, und mit seinem Besen loszog, um die Gehwege von ihrem Laubbefall zu befreien.
Einen letzten wehmütigen Zug an der Zigarette gönnt er sich noch, bevor er das Visier runterklappt und die Kippe auf dem Boden austritt. Der Gehörschutz wandert an seinen Arbeitsplatz und um ihn herum, breitet sich schlagartig Stille aus, bis er sich durchringen kann, seinen Laubbläser aufzunehmen und am Starterseil zu ziehen.
Augenblicklich knattert das verhasste Arbeitsgerät los und trotz Gehörschutz, breitet sich ein Inferno in seinem Kopf aus, dass er fast den ganzen Tag zu ertragen hat. Aber nicht nur er, die Blicke der Anwohner, die ihn am liebsten erschlagen würden, legt sich schwer auf seine Seele.
Was kann er dafür, dass man ihm diesen Lärm und Umweltsünder auf seine Schultern legte? Hatte er etwa eine Wahl? Sein Chef, kündigte den Umstieg von Besen auf Bläser als die große Innovation an. Für wen, fragt er sich seitdem? Für die Tankstelle? Sicher war es auch anstrengend, den ganzen Tag Laub zu fegen, besonders wenn es nass war, aber den ganzen Tag den knatternden Bläser in den Händen zu halten, den Benzingestank und Lärm zu ertragen, da sieht er für sich keinerlei Innovation.
Eher fürchtet er sich vor Haltungs- und Lungenschäden oder das ihn irgendwann ein wütender Anwohner einfach über den Haufen fährt, damit endlich Ruhe ist! Die ersten Minuten sind die schlimmsten des Tages. Es braucht etwas, bis sein Körper den Rhythmus aufgenommen und sich seine Muskulatur erwärmt.
Für ihn ist es eine Form des Tanzes, den er vollführt, indem er den Bläser harmonisch hin und her schwingt und nicht selten hat er neben dem grässlichen Geknatter auch eine Melodie im Ohr, die ihn auf seinem Weg begleitet und ihn das Ganze besser ertragen lässt.
Nach nur wenigen Minuten werden Hände und Arme taub, die Vibrationen des Foltergeräts ziehen sich durch seinen ganzen Körper. Manchmal schließt er die Augen und sieht sich in Gedanken den Besen schwingen, was waren das noch für schöne Herbstzeiten.