Veröffentlicht: 24.04.2025. Rubrik: Aktionen
Insel Cahane und das unsichtbare Wesen Ümü
Märchen aus Wüstensand und Wellenrauschen
Es war einmal...
Die Insel Cahane war so winzig, dass sie auf keiner Karte verzeichnet war. Die kleine Insel, die zwischen goldenem Wüstensand und einem unüberwindbaren Gebirge lag, grenzte direkt an das glitzernde Meer. Nur wenige, aber ganz besondere Tiere lebten dort.
Da war die schreckhafte Unke Ulrike, die in einem kleinen Teich mitten im Wüstenwald lebte. Ihr runder Bauch wechselte die Farbe je nach Gefühl: orange bei Ärger, bläulich vor Aufregung, pink vor Freude.
Dann war da noch die schlaue Tüpfelhyäne Tüpfe mit ihren runden Punkten im Fell und ihrem verschmitzten Lächeln. Sie war raffiniert und hilfsbereit. Die gemütliche Wasserschildkröte, die langsam durchs Leben paddelte, eine flinke Eidechse und eine spaßige Eule, die es liebte, Ulrike zu erschrecken, sodass ihr Bauch orange wurde, lebten ebenfalls dort.
Eines Tages beobachtete Ümü mit Sorge, wie sich das Meer veränderte. Die Wellen sahen trüb aus, wirkten matt, und dazwischen trieben abgeknickte Schilfhalme – silbrige Dosen und ölige Blasen. Etwas war aus dem Gleichgewicht geraten.
Ümü, das geheimnisvolle Wesen, es lebte unsichtbar zwischen den Welten, immer da, wenn Hilfe gebraucht wurde, und jeder kannte ihre Geschichten. Mal tauchte es hier auf, mal dort, stets bereit zu helfen. Jedes Mal, wenn es ein Tier in Not gerettet hatte, flüsterte es ihren Namen: „Ümü“.
Als Ümü das silbrige Treiben am Meer beobachtete, fiel ihr eine Muschelschale auf – ein weißer Becher, der durch die hohen Wellen an den Strand gespült wurde. Und darin – eine leicht violett schimmernde Qualle in Not! Vio hatte sich vor den Wellen in den Becher geflüchtet, doch nun war sie gefangen, glitschig und hilflos.
Ümü versuchte zu helfen, doch der Becher war weder Sand noch Stein, und sie konnte ihn nicht greifen. Sie wusste, allein würde sie es nicht schaffen.
Also tat sie etwas, das sie sonst nie tat. Sie lief zur Hyäne Tüpfe, die zwischen Gebirge und Wald lebte – und streichelte sie zwischen den Ohren.
„Eine Wüstenkrake mit wuscheligen Hasenohren?“ Tüpfe blinzelte verwundert, doch dann grinste sie. Es konnte nur das Wesen sein.
Gemeinsam rannten sie zum Meer. Tüpfe nahm den weißen Becher vorsichtig mit ihrer Schnauze auf und trug Vio durch den heißen Sand zum Teich. Dort ließ sie sie sanft hineingleiten. Unke Ulrike, die gerade ihre bläuliche Farbe vor Aufregung in Pink wechselte, begrüßte die Qualle freundlich. Seitdem sind Vio und Ulrike beste Freunde – Wasserwesen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber sich gegenseitig mögen, genau wie sie sind.
Qualle Vio, neugierig und manchmal etwas vorlaut, schützte die Unke vor der Eule, die sich gerne einen Spaß daraus machte, sie zu ärgern.
Ümü kehrte bald darauf zurück ins Meer, hinein in die Wellen, um bei den Fischen, dem unfreundlichen Hammerfisch und den hilfsbereiten Krebsen nach den kleinen Putztierchen zu suchen, mit denen sie gemeinsam das Meer wieder sauber machte.
Seit diesem Tag gehörte die Qualle auch fest zur kleinen Inselgemeinschaft. Für Vio wurde der weiße Becher ihr kleines Trageboot. Bei günstigen Wellen ließ sie sich von Hyäne Tüpfe damit zurück ins Meer bringen – und manchmal wieder zum Teich.
Sie liebt das Meer, aber auch ihre Freunde im Wüstenteich: Ulrike, die Unke, Tüpfe, die Hyäne, die gemütliche Schildkröte, die spaßige Eule, die flinke Eidechse – und natürlich Ümü, die wundersame Wüstenkrake mit den Hasenohren.
Ümü lebt zwischen den Welten. Mal taucht sie im Wüstenteich auf, mal gleitet sie durchs Meer. Sie ist immer da, wenn jemand Hilfe braucht – auch wenn man sie nicht immer sehen kann. Aber wer ganz genau hinsieht, könnte vielleicht irgendwo im Wasser ein kleines Paar wuschelige Hasenohren entdecken...
Denn alle wissen: Ümü ist da.

