Kurzgeschichten-Stories
Autor
Schreib, wie du willst!
Startseite - Registrieren - Login - Kontakt - Impressum
Menu anzeigenMenu anzeigen
hab ich gern gelesen
Diese Geschichte ist auch als .pdf Dokument verfügbar.
geschrieben 2025 von Matthias Stilke (CaptainX).
Veröffentlicht: 27.04.2025. Rubrik: Fantastisches


'ne Menge Ärger - Teil 4

'ne Menge Ärger - Teil 4

Zwei Stunden vor Sonnenuntergang fuhr Prhahn und Ortzz mit ihrem Dampfradler am Liegeplatz der TIEFENRAUM vor, um die drei Menschen abzuholen.
Scott hatte sie für verrückt erklärt, zusammen mit ein paar Vargr einen möglich Killer aufzuspüren. Für Thora war das Risiko überschaubar, denn eigentlich ging es nur um eine Observierung, noch dazu war es nicht wahrscheinlich, dass der Täter den prognostizierten Weg nimmt. Nur eine Parallelstraße weiter und sie könnten dort warten, bis sie schwarz waren. Außerdem bekamen sie wieder eine Aufwandsentschädigung (etwas dürftig aber immerhin in bar) und es war immer eine gute Idee, sich mit örtlichen Behörden gut zu stellen.
Andererseits war Scott's Einwand durchaus berechtigt und deshalb bat sie Prhahn, dass sie ihre Waffen mitnehmen durften. Nur widerwillig gab der Offizier eine befristete Sondergenehmigung aus, allerdings nur für Faustfeuerwaffen und unter der Bedingung, diese verdeckt zu tragen und auf Befehl einzusetzen.
'Besser als nichts!', dachte Ben und steckte sich seinen uralten Revolver in die Beintasche. Thora nahm eine Automatikpistole aus dem Schiffsbestand und Tracy ihren schweren Kampfrevolver.
Auf dem Weg zu ihrem Observationsort zogen sich dunkle und schwere Wolken zusammen. Die Luft wurde drückend schwül. Auf die finsteren Blicke der Menschen gen Himmel sagte Ortzz: »Das ist Aeghva, ein halbjährliches Wetterphänomen. Es wird heute Nacht, spätestens aber morgen früh, tagelang in Strömen regnen.« Er sprach von einem Garrghkha-Halbjahr, das etwa 1,5 Standardjahren entsprach. Glücklicherweise waren die Offiziere darauf vorbereitet und verteilten schwere Gummiponchos an die Menschen.
An ihrem Ziel angekommen, parkte Pilot das Fahrzeug in einer Seitenstraße. Sie gingen ein paar Blocks zu Fuß zu einem fünfstöckigen Gebäude, dass in einem leichten Straßenknick lag und von dessen Balkonen aus man einen guten Blick auf beide Richtungen der Hauptstraße und seine Kreuzungen beziehungsweise Gassen hatte.
Die Offiziere und Pilot gingen vor, ihre Gewehre auf dem Rücken geschnallt. Die Menschen folgten ihnen.
Sie betraten das Gebäude durch den breiten Haupteingang und erklommen ein schmales Treppenhaus bis zur obersten Etage.
Ohne anzuklopfen oder sonst wie anzumelden stürmten die Vargr durch die einzige Tür. Die Menschen gingen hinterher. Die warme, stickige Luft war zum Schneiden dick. Benjamin war noch nie in einem privaten Wohngebäude der Vargr gewesen. Es handelte sich um eine Aneinanderreihung etwa gleichgroßer Räumen, jeweils nur durch schwere Vorhänge getrennt. Überall standen und lagen Vargr verschiedenen Alters und Geschlecht zwischen einfachen und spärlichen Mobiliar. Alle schienen nicht sonderlich überrascht von dem forschen Eindringen der Soldaten in ihren Wohnbereich. Obwohl Ben wusste, dass Vargr unter Privatsphäre etwas anderes verstanden als Menschen, fühlte er sich nicht sehr wohl bei dieser Aktion.
Etwas ungläubig schauten die Vargr allerdings die drei Menschen an - vermutlich hatten auch sie noch nie Fremdweltler zu Gesicht bekommen oder gar gesehen, wie einer durch ihr Wohnzimmer marschiert.
Alles blieb friedlich, bis auf eine alte Vargr, die mit einer großen Schöpfkelle nach Thora schlug, aber nicht richtig traf.
»Aua. Was soll der Scheiß?«, pammte sie die Vargr an.
Als nächstes passierte Benjamin die Frau. Vor seiner massigen Gestalt wich sie allerdings etwas eingeschüchtert zurück: »Ich glaube, sie mag keine Menschen.«, lächelte er sie an.
Dann folgte Tracy: »Quatsch! Sie mag nur Thora nicht.«, war ihr Kommentar und grinste.
Nachdem sie einige Räume und Gänge durchquert hatten, betraten sie einen überdachten Balkon. Prhahn hatte einen guten Platz gewählt. Von hier aus hatte man einen weiten Blick die Straße hinunter.
Sie hocken sich hin, packten ihre Ferngläser aus und spähten in die spärlich beleuchtete Szenerie unter ihnen. Tracy hatte von ihrem Gewehr ein Infrarot-Zielfernrohr mitgenommen. In dem entsprechenden Modus war die Auflösung zwar nicht so gut, Wärmequellen waren allerdings schon auf größere Entfernung zu identifizieren.
Prhahn schickte Pilot wie selbstverständlich wieder in den Wohnbereich, um etwas zum Essen und Trinken zu organisieren. Währenddessen ballten sich über ihnen die Wolken immer weiter zusammen. In der Ferne hörte man Donnergrummeln, den Vorboten eines schweren Gewitters.
Tracy's Zielfernrohr war beeindruckend leistungsfähig. Sie mussten sich allerdings häufig abwechseln, weil die Optik die Augen sehr anstrengte.
Mittlererweile war es auch im astronomischen Sinne Nacht. Die vollen Straßen hatten sich erstaunlicher Weise innerhalb kürzester Zeit zum Beginn der Sperrstunden geleert.
In einer Observationspause dachte Ben an die Vargr, die hier leben.

Er hatte in den Systemdaten gelesen, dass der typische Garrghkha-Vargr in einem Radius von drei Kilometern von seinem Geburtsort sein Leben lang wohnt, arbeitet und schließlich stirbt. Nur einige Male im Jahr überschreitet er diese Grenze und nur zwei oder drei Mal in seinem Leben besucht er eine andere Metropole. Nur die wenigsten bekommen die Chance, ihren Heimatplaneten zu verlassen und die meisten davon sterben in einen fremden Konflikt auf einer weit entfernten Welt einen schnellen Söldnertod.

Die Stunden zogen sich dahin. Es fing gemächlich an zu Tröpfeln, aber alle fühlten die Spannung in der Luft und dass das dicke Ende noch bevorstand.
Plötzlich rüttelte jemand an seiner Schulter. Ben war in seinen Gedanken über die Garrghkha-Vargr eingenickt. Es war Thora. Sie flüsterte: »Wach auf. Schscht. Tracy hat etwas entdeckt.«
Sofort war Ben hellwach und spähte mit seinen Fernglas in die Richtung, in der Tracy ihr Fernrohr hielt.
»Ich sehe nix.«, sagte er nach einer Weile.
»Dahinten.«, flüsterte Tracy: »Bei der defekten Straßenbeleuchtung im Schatten des Gebäudes.«
Ben suchte die genannte Stelle und justierte seine Optik: »Ja. Jetzt sehe ich es. Ein Schatten. Er bewegt sich, langsam, aber er bewegt sich.« Auch Prhahn und Ortzz hatten ihre Sehhilfen gezückt, waren aber auf Grund ihres unterlegenen Sehvermögens im Nachteil.
Plötzlich sahen sie Bewegung am Ausgang einer Gasse. Eine Patrouille schlenderte um die Ecke und die Hauptstraße in Richtung des Schattens hinauf. Noch bevor die Späher die Situation richtig realisieren konnten, blitzte und donnerte es auf einmal und der Himmel öffnete seine Pforten.
»Oh, mein Gott!«, rief Tracy plötzlich und richtete sich auf: »Es ist ein Roboter!«
Ortzz brauchte nicht zu übersetzen - Prhahn kannte das Wort. Alle sahen sie an.
»Was?«, fragte Thora.
»Ja. Jetzt ergibt das alles einen Sinn.«, antwortete Tracy schnell: »Die präzisen Einschüsse, der zielgenaue Weg.« Tracy schluckte: »Ich habe die Gestalt genau im Visir meines Infrarotsuchers und sehe nichts. Keine einzige Wärmespur. Selbst eine Person in einem Ganzkörperisolationsanzug würde Emissionsspuren hinterlassen. Ein Vargr mit seinem hohen Stoffwechsel allemal.«
Alle blickten zur Gestalt, die jetzt regungslos im Schatten des Gebäudes stand.
»Halten sie die auf!«, rief Thora Prhahn zu. Ortzz sagte: »Das sind Rrghorrgo's Leute. Wir können ihnen nichts befehlen.«
»Verdammt, Ortzz.«, fuhr Thora ihn an: »Das werden gleich fünf tote Soldaten sein, wenn ihr nichts tut.«
Ortzz wechselte einige Worte mit Prhahn und rannte dann in Richtung Treppenhaus.
»Das schafft er nicht rechtzeitig.«, sagte Tracy. Dann stand sie auf und brüllte in Richtung der Soldaten: »Hey! Vorsicht!«
Die Patrouille reagierte nicht und ging gemächlich weiter. Sie waren zu weit weg und der Platzregen übertönte ihre Rufe.
Mit einem Fluch auf den Lippen sprang sie auf und rannte Ortzz hinterher. Thora und Benjamin folgten ihr. Prhahn beobachtete noch einige Sekunden die Situation da unten und lief dann ebenfalls hinunter.
Unten auf der Straße sah Tracy den Vargr ein Stück vor sich laufen. Dann erkannte sie die Patrouille in dem strömenden Regen. Sie hatten ihre Gewehre gezogen und richteten diese in eine schmale Gasse. Tracy nahm an, dass der 'Schatten' sich dorthin geflüchtet hatte. Zwei Soldaten rannten hinterher. Es gab mehrere Blitze aus der Gasse, vermutlich Mündungsfeuer. Zu hören war aber nichts - der Sturzregen war einfach zu laut.
Die drei anderen Soldaten warfen sich flach auf die Straße, ebenso Ortzz, der sich zusätzlich hinter dem Sockel einer Straßenlaterne verschanzte und sein Gewehr in Anschlag brachte. Instinktiv verlangsamte Tracy ihren Schritt und orientierte sich in Richtung Straßenseite. Sie zog ihren schweren Revolver. Lange Jahre als Söldnerin hatten sie gelehrt, dass frontales Drauflosrennen nie eine gute Idee ist.
Ben schloss zu ihr auf. Thora hatte sich hinter den relativen Schutz eines kleinen Lastkarrens geworfen.
Es rührte sich nichts - die Soldaten drückten sich in die Pfützen und richteten ihre Waffen zur Gasse, schossen aber nicht.
Tracy hatte den Revolver im Anschlag und pirschte sich langsam und vorsichtig zum Eingang der Gasse. Einer alten Gewohnheit zur Folge, gab sie mit der linken Hand taktische Zeichen an ihre Umgebung, die hier - in Garrghkha's Straßen natürlich niemand verstand. An der Ecke zur Gasse winkte sie den Soldaten auf der Straße zu, um ihre Position eindeutig zu kennzeichnen. - keinesfalls wollte sie von einem übereifrigen Soldaten mit 'Friendly Fire' überrascht werden.
Sie spähte vorsichtig mit der Waffe im Anschlag um die Ecke. Die Gasse war stockdunkel - nur undeutlich konnte sie eine auf dem Boden liegende Gestalt sehen.
Tracy griff in eine Beintasche und holte eine Magnesiumstange heraus. Sie drückte die Spitze zusammen und eine helle, rötliche Flamme spritze hoch - so intensiv, dass sogar der Sturzregen diese nicht zu löschen vermochte. Mit einer Handbewegung warf sie die Stange in die Gasse, die dadurch gut ausgeleuchtet wurde. Sie wartete noch einen Moment, ob die Soldaten auf der Straße schießen würden, aber anscheinend hatten sie kein Ziel.
Erneut spähte Tracy um die Ecke. Mittig sah sie einen Soldaten rücklings in einer Pfütze liegen. Das Wasser in seinem Umkreis färbte sich fast schwarz vom Blut. An der Wand lehnte der zweite Soldat. Er lebte noch und jammerte vor Schmerzen. Vom Schützen keine Spur.
Das Ende der Gasse wurde von einer Wand begrenzt, in der Mitte eine halboffene Tür. Ben folgte ihr um die Ecke und richtete wie sie seine Waffe auf die Tür. Einen Moment später hörten sie von hinten, wie die drei Soldaten von der Straße nachrückten. Prhahn und Ortzz erschienen im Augenwinkel. Langsam ging die Gruppe auf die Tür zu. Kurz davor hielten sie wie auf Kommando an. Ortzz sprang vor und riss die Tür auf. Dahinter war ein spärlich beleuchteter Gang mit Abzweigungen zu Erkennen.
»Prhahn. Was ist das?«, rief Tracy.
Ortzz übersetzte: »Das ist ein Zugang zu einer Wohnanlage.«
Prhahn trat vor und deutete mit seinem Gewehr auf die Tür. Die Geste war klar. Er wollte, dass sie die Verfolgung aufnahmen.
»Übersetzer!«, rief Tracy: »Sage deinem Chef, das wäre Wahnsinn! Wenn das Ding geflohen ist, ist es schon längst über alle Berge. Und wenn es sich dort verschanzt hat, gibt es ein Blutbad unter den Zivilisten.«
Prhahn schien zu verstehen und langsam senkte er seine Waffe. Ortzz schob die Tür zu. Das Schloss war zerstört, aber er band die Türgriffe mit einem stabilen Seil, das dort herum lag, zusammen, um den Zugang provisorisch zu blockieren, falls sich das Ding es anders überlegen sollte. Währenddessen kümmerten sich die Soldaten um ihren verwundeten Kameraden.
Gemeinsam zogen sie sich aus der Gasse zurück. Auf der Straße hielten gerade drei Dampfradler des Militärs. Zwanzig Soldaten sprangen von den Ladeflächen und sicherten die Umgebung. Major Rrghorrgo stieg als letzter aus und ging auf Prhahn zu, ohne weiter auf die Menschen zu achten. Er sah nicht glücklich aus und schien im Regen vor Wut zu dampfen.
Die beiden bellten, knurrten und jaulten sich gegenseitig an. Schließlich kehrte Prhahn zu Ortzz und den Menschen zurück. Rrghorrgo rief einige Befehle aus. Vier Soldaten lösten sich aus dem Sicherheitsring und folgten dem Captain.
Ortzz übersetzte: »Major ist die ständige Einmischerei der Menschen leid. Ihr steht unter Arrest. Major lässt euch zu eurem Schiff geleiten. Ihr dürft den Raumhafen bis auf weiteres nicht verlassen. Vorher habt ihr eure Waffen abzugeben. Ihr bekommt sie im Raumhafen zurück.«
»Und was ist mit dem Roboter?«, fragte Tracy etwas aufgebracht und zeigte mit ihrer Waffe in Richtung Tür.
Ortzz fragte nach und übersetzte: »Rrghorrgo glaubt nicht an Roboter. Er hält den Schützen für einen gut bewaffneten Vargr aus der Drogenszene, den wir haben entkommen lassen.«
Ein Soldat trat vor und hielt den Menschen einen Beutel hin. Seine Gestik war klar - sie sollten dort ihre Waffen hinein werfen. Thora schüttelte den Kopf, tat ihm aber den Gefallen. Auch Ben trennte sich von seinem Revolver. Tracy zögerte noch, aber hier war für sie nichts mehr zu gewinnen. Widerwillig folgte sie dem Beispiel ihrer Kollegen.
Der Soldat deutete ihnen, ihm zu folgen. Zusammen mit drei seiner Kameraden geleitete er die drei Menschen auf die Ladefläche eines der Dampfradler.

Fortsetzung folgt ...


Autor: Matthias Stilke
Geschrieben: April 2025

counterhab ich gern gelesen

Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

Einen Kommentar schreiben

Mehr von Matthias Stilke (CaptainX):

'ne Menge Ärger - Teil 3
'ne Menge Ärger - Teil 2
'ne Menge Ärger - Teil 1
Eine Bombenidee
Erinnerungen