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3xhab ich gern gelesen
geschrieben 2025 von Juliane.
Veröffentlicht: 19.05.2025. Rubrik: Abenteuerliches


Vom Gefühl unendlicher Freiheit und Waldpilzragout

Ein eisiger Wind heulte um mich herum und meine Nase war rot wie eine Kirsche. Ich kam mir wie ein Drache vor, der Nebelwolken ausstoß auf seinem Weg nach oben in sein Nest. Knirschend gab der Schnee unter mir nach und ich wand mir meinen Pfad durch vereistes Gestein, und imposanten Felsenformationen. Hinter mir lag das kleine Tal, aus dem ich am Morgen los gezogen war, voller Wagemut und Tatendrang. Inzwischen war der Morgen nicht mehr am Ergrauen, und die Sonne war mit mir gewandert und nun bereits fast am Zenit angekommen. Wenn es ein Wettrennen gewesen wäre, dann hätte sie jetzt gewonnen. Ich blieb einen Moment stehen und ließ die zarten Sonnenstrahlen auf mich wirken. Hier oben war es kalt, eiskalt, und die Sonne war meine freundliche Begleiterin, die wie ein Schutzmantel mich sanft umhüllte. Die Alpen zu bewandern war schon lange eine abenteuerliche Träumerei in meinem Kopf, die erst in den vergangenen Monaten genaue Form annahm und schließlich in die Wirklichkeit fand. Dieses Gefühl unendlicher Freiheit, abgekapselt von allem um mich rum, nur für mich sein und im Moment. Mich wieder richtig zu spüren und zu festigen mit jeder Etappe, nur das Wesentliche im Blick zu haben und mich zielstrebig darauf hinzubewegen. Ich wandere noch ein paar Meter weiter zu einem kleinen Felsen zu meiner Rechten hin und setze mich dort nieder mit meinem Rucksack für eine Rast. Mein Blick wandert vom verblassten und miniaturkleinen Tal hinauf in den wolkenlosen blauen Himmel. Im Grunde ist das Leben doch wie dieser Berg, denke ich mir. Es ist voller atemberaubenden Ausblicken, Überraschungen, Selbstbehauptung und Herausforderung. Im Grunde ist das Leben einfach zu fassen. Wir suchen mit unseren Augen erst unser Ziel und planen dann die Wanderung und erst im Tun lernen wir so richtig die möglichen Pfade kennen und die Hindernisse zu überwinden oder zu umlaufen.
Ich schließe meine Augen für einen kurzen Moment und atme die frische Bergluft tief ein. Ich behalte sie für ein paar Sekunden, als würde ich in mir die Nebelwolken formen, die ich wieder durch den Mund ausatme. Ich greife in meinen moosgrünen Rucksack, der am Felsen anlehnt und hole die kleine alte Brotdose heraus, die mir die Gastwirtin geliehen hat. Natürlich hatte ich meine eigene zuhause vergessen. Sie ist aus rotem Plastik und auf ihr steht in großen Buchstaben „Von Meisterhand gefertigt – beste Qualität aus Bäckerei Holstedt“. Wo auch immer Holstedt war, wie schön, dass es dich gab. So war meine Brotstulle, üppig belegt mit Butter und Käse noch nicht gefroren und ich spürte mit jedem Bissen den ich runterschluckte, wie ich etwas an Energie zurückgewann. Ich rieb mir die Krümel von den Händen, die Handflächen an der Skihose ab und stand nach einem leisen Seufzer wieder auf. Bis zum Nachmittag wollte ich oben sein, dann erfahre ich das Gefühl, von dem ich schon lange geträumt habe. Und ich komme rechtzeitig zum Abendessen zurück, um das Waldpilzragout mit Knödeln zu verputzen. Denn auf die habe ich mich schon den ganzen Morgen über gefreut.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Rautus Norvegicus am 20.05.2025:

Liebe Juliane,

an gesundem Appetit wird es dir nach dieser Tour sicher nicht mangeln, wenn du dich abends über das Waldpilzragout mit Knödeln hermachst 😊

Liebe Grüße,

Rautus Norvegicus

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