Veröffentlicht: 02.12.2025. Rubrik: Menschliches
Eintauchen in die Vergangenheit
"Warum bleibst du hier stehen?".
"Mein Auto begehrt auf, die roten Warnlichter gingen an".
"Ich sah nichts, mach wieder die Zündung an".
"Lieber nicht, kenne es, der Motor braucht Ruhe, ist zu heiß geworden. Lass uns austeigen, ein Stück gehen".
Es verwunderte sie, was er nun machte. Kofferraum auf. Er entnahm einen Rucksack. Kurz darauf, er hatte sich umgesehen, betrat er die Grasfläche neben der Straße.
"Komm endlich oder willst du ...?"
"Schon gut". Sie nahm ihre Handtasche und sah, wie er mit Knopfdruck den Wagen verriegelte. Sie folgte ihm erst langsam, holte ihn dann ein.
"Warte mal, geh bitte langsamer meine Schuhe sind sonst hin".
Er schwieg, sah immer wieder zu ihr hin, schritt voran. Ein Feldweg kam. Sie hielt sich an einem hölzernen Zaunpfahl fest, blieb stehen. Er ging weiter bis zum Waldrand, bückte sich, um einige Pfifferlinge abzuschneiden mit seinem Taschenmesser. Woher er plötzlich eine Papiertüte hatte, blieb ihr ein Rätsel.
"Warte ich komm doch". Kurz vor ihm fing sie geschickt die Wasserflasche mit einer Hand. Sie trank, warf die Flasche zurück.
"Felix weißt du wie wir...?" Sie sprach es umsonst aus. Felix war schon im Unterholz verschwunden.
Sie lief nun, stoppte ab als sie die Äste auf dem Waldboden sah. Sie hörte ihn lachen, sah ihn nicht, bis ein Ast knackte. Es ging den Hang abwärts. Die Schuhe, Slipper im Wald und er hatte festes Schuhwerk. Mistkerl, er wollte sie treffen, stand pünktlich am Bahnhof. Mit ausgebreiteten Armen stand er jetzt unten.
"Komm flieg in meine Arme Solveig".
Sie setzte sich. "Komm hoch, trage mich runter".
"Flieg mein Vögelchen, flieg".
"Sage mir bitte die Wahrheit, du hast doch alles geplant".
"Nun unterstell mir doch nichts". Sie saßen nebeneinander auf einem großen Findling, vor sich den plätschernden Bach mit dem kleinen Wasserfall.
"Hier war ich einst oft mit Hendrik".
"Unmöglich Solveig". Er lachte.
"Komm lass die Scherze, wir haben den Stein eingeritzt, mach das Moos weg dann siehst du unsere Namen".
"Lass uns lieber weiter gehen".
"Feigling, ich habe dich unterschätzt. Was kommt noch und warum sind wir hier?".
Er gab keine Antwort ging weiter. Sie folgte ihm, bis eine fast verfallene Hütte kam. Er trat gegen die verfallene Türe. Sie war sich bewusst, wo sie sich befand und was als Nächstes geschehen würde. Sie blieb vor dem Eingang stehen sah ihm zu wie er die Bodenbretter aufstampfend betrat, bis es hohl klang. Er bückte sich, hob das Brett an, hatte eine Flasche in der Hand.
"Weißt du noch, an unserem letzten Tag hier habe ich die Flasche mit dem Bourbon versteckt und gesagt in 25 Jahren trinken wir sie aus".
"Da lebte Hendrik noch, ich habe es nicht vergessen".
"Anderes schon, was ich für dich oder euch getan habe... na wo sind die Erinnerungen? Flasche oder Glas?"
"Wenn es geht Glas bitte".
Er griff zum Rucksack. Seine Hand kam mit zwei Gläsern heraus. Sie füllte ein, nahm ein Glas.
"Worauf trinken wir?".
"Auf Hendrik der nicht mehr unter uns weilt". Die Gläser klirrten leicht. Sie sahen sich an, während sie langsam austranken. Solveig lehnte sich an ihn. Es musste sein denn nun würde sie vor Felix eine Beichte ablegen. Er wusste nicht alles, nichts von ihrer Abtreibung, nichts von dem verschwundenen Gewehr und was wirklich in der Hütte passiert war.
"Ich habe euch beide geliebt damals".
Solveig reichte ihm das leere Glas, ging zu Seitenwand, räumte einige Bretter zur Seite. Er sah ihr zu. Es dauerte etwas, sie ging vorsichtig auf die Knie, griff nach unten.
"Hilf mir bitte Felix, es ist matschig in dem Loch". Er kam näher, sah wie sie einen länglichen Gegenstand heraushob.
"Was ist das?".
"Es gehörte seinem Vater. Hendrik hat es hier versteckt, eingewickelt, wollte so seiner Mutter helfen".
Nun wusste er warum Hendrik ein Jahr später, konnte auch kürzer gewesen sein, unauffindbar war. Die Vermisstenanzeige machte seine Mutter. Solveig studierte in Tübingen, kam nur noch in großen Abständen zu ihren Eltern. Sie weiß bestimmt, wo er ist, sagte Hendriks Mutter, behalte es für dich. Sie schwiegen all die Jahre, bis es in Vergessenheit geriet.
Sie legte das Gewehr vor Felix auf den Boden. Die Schrotflinte mit dem Doppellauf sah vergammelt aus, hatte in einem Plastiksack gelegen der nass geworden war.
"Was machen wir jetzt damit. Fällt der Schuppen zusammen wird einer kommen und alles beseitigen, ein Loch finden und dann? Hendriks Mutter lebt noch. Die Kripo könnte immer noch Spuren finden".
"Also stimmt es doch das es Hendriks Mutter war, die ihren Mann erschoss mit zwei Ladungen Schrot".
"Ich habe es gewusst, Hendrik geholfen alles zu beseitigen an Spuren. Du hast Fragen gestellt am Anfang, wir geschwiegen. Wohin jetzt mit dem Ding Felix?".
"Ich war schon hier in dem Waldgelände wandern. Es gibt ein Sumpfloch, soll ein alter Bombenkrater sein meist voll Wasser. Neuerdings ist es eingezäunt worden, Lebensgefahr. Ein Schild hängt am Zaun".
"Felix wie fühlst du dich jetzt?"
"Ich sehe es anders Solveig. All die Jahre träumte ich ab und zu davon. Nicht oft aber den Verdacht wurde ich nicht los. Hendriks Mutter zog weg als es ruhiger wurde. Da wohnte ich schon in Magdeburg und kam doch im Sommer wieder hier her. Hast du Hunger, ich habe einiges eingepackt für eine Zwischenmahlzeit".
"Felix, schenkst du mir die Flasche?".
"Gerne, du kannst sie nochmal für Jahre verwahren und dann treffen wir beide uns wieder zu einem Hendrik-Gedächtnistag".
Der Weg zum Auto zog sich hin. Als die Wiesen kamen, zog Solveig ihre Schuhe aus. Das Gras wurde feucht. Der Nebel kam vom Tal her auf sie zu. Er legte einen Arm um ihre Schulter.
"Hast du hier ein Zimmer im Gasthof?"
"Ein Doppelzimmer, ich habe geahnt du kommst diesmal".
„Ich mag dich immer noch Felix, war eine schöne Zeit mit euch, bis es passierte“. Er, Felix musste nicht alles wissen. Sie würde ihm niemals alles sagen. Vorbei und vergessen. Sie verstand nun Felix besser und seine Einladungen, die sie bisher ablehnte.
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