Veröffentlicht: 20.05.2025. Rubrik: Unsortiert
Es war einmal Teil 6
Es war einmal….Teil 6
Die Jugend lag dem König besonders am Herzen und er hatte eingesehen, obwohl er sich lange dagegen gesträubt hat, dass man ihnen mit der alten, verstaubten Schlagermusik keine Freude machen konnte. Es gab eine neue Musikrichtung, die Beatmusik, sie kam aus England und wurde im Radio rauf und runter gespielt. Es war nicht zu verhindern, das die Musik auch in seinem Reich gehört wurde. Es bildeten sich eigene Musikgruppen, sie wollten auch Beatmusik spielen und sie ließen sich auch nicht davon abbringen, schließlich lenkte der König ein und er erlaubte die neue Musik, allerdings mit einer Einschränkung. Die ausländischen Songs durften gespielt werden ,aber auch Lieder aus dem eigenen Land mussten im Programm sein, zu einem Verhältnis von 70 Prozent eigene Lieder und 30 Prozent ausländischer Songs. Das war ein Kompromiss und alle stimmten zu, sie hatten auch keine andere Wahl wenn sie auftreten wollten, da ließ der König nicht mit sich reden. Wie das aber immer so mit Verboten ist, wenn etwas verboten ist, dann ist es ganz besonders interessant. In Wolgast fanden die Tanzveranstaltungen immer im “ Vier Jahreszeiten “ statt, oder im Klubhaus der Peenewerft, auch “ Einheit “ genannt. Dort gab es strenge Einlasskontrollen, die penibel auf den Dresscode achteten, ohne Krawatte und mit Turnschuhe hatte man keine Chance. Jugendliche unter 18 Jahren hatten auch um 22 Uhr das Tanzvergnügen zu verlassen, da wurde auch schon mal der Ausweis verlangt. Das war aber in dem Gedränge gar nicht so einfach und da konnte es schon mal passieren, wenn man gerade auf Toilette war,oder sich gerade in eine dunkle Ecke verdrückt hatte, das man der Kontrolle entging. Wer mit 16 Jahren schon etwas älter aussah, hatte auch gute Chancen das Ende der Veranstaltung zu erleben. Mit dem Alkoholkonsum war es auch nicht so einfach, 2 Glas Bier waren erlaubt, wer mehr trinken wollte, musste sich schon etwas einfallen lassen, aber da war man in dem Alter sehr erfinderisch und wie sagt man , wo ein Wille ist , da ist auch ein Weg.
Da war es in Hohendorf schon einfacher, denn dort im Dorfkrug ging am Samstagabend immer die Post ab. Da gab es keine Einlasskontrollen und es gab auch kein Limit beim Alkoholkonsum, in der Beziehung waren die Dörfler der Stadt weit voraus. Es spielte immer eine Live Band, also keine Musik aus der Konserve. Die 3 Jungs der Band “ FD “, was auch immer das heissen sollte, legten sich immer ins Zeug und spielten alle ausländischen Songs rauf und runter. Die Anordnung 70/30 Prozent hatte den Dorfkrug nicht erreicht, es hatten ja wenig Leute Telefon in dem Dorf und die Post konnte auch schon mal verloren gehen, denn der zuständige Post Obermeister in Hohendorf war kein Kostverächter und immer sehr durstig. Es ging dort auch immer sehr rustikal zu,angefangen von der Tischdeko, davon hatte der Wirt im Dorfkrug auch noch nie etwas gehört, bis zu den Toiletten.
Das Bier floss in Strömen,bei einem Bierpreis pro Glas von 50 Pfennig auch kein Wunder und somit war natürlich der Andrang auf der Toilette auch entsprechend groß. Man musste sich aber ganz genau überlegen, sofern man noch dazu in der Lage war, ob man die vom Wirt zur Verfügung gestellten Sanitäranlagen in Anspruch nahm, oder sich nicht doch lieber draußen in der Natur erleichterte. Der Weg zur Toilette war natürlich der kürzere und es gab auch keine einzelnen Pissbecken, sondern nur eine Pissrinne auf dem Boden. Das hatte den Vorteil, dass man nicht daneben pinkeln konnte. Es gab aber auch immer ein ganz schönes Gedränge, so das die Gefahr, wie soll ich sagen, das was daneben ging ziemlich groß war, und man brauchte auf jeden Fall festes Schuhwerk. Das hatte der Wirt bestimmt gewusst und um spätere Peinlichkeiten zu vermeiden, hatte er das Licht im Saal stark runter gedimmt und damit auch gleichzeitig noch Strom gespart. Die Gaststube war auch gut gefüllt,denn es war die einzige Kneipe im Dorf. Es gab auch einen Stammtisch, wie in jedem guten Lokal und dort saßen natürlich nur ausgewählte Persönlichkeiten, wie der Pfarrer, der Post Obermeister, der Dorfpolizist und ein Mitarbeiter der königlichen Sicherheitsfirma “ KÖ - SI “, getarnt als Dorfschullehrer. Bei so viel königlicher Präsenz hätte sich der Wirt eigentlich um seine Schanklizenz Gedanken machen müssen ,denn die Musik im Saal war nicht zu überhören. Es schien aber niemanden zu stören und selbst der Gendarm und der Lehrer, die die Einhaltung der Regelung 70/30 Prozent hätten durchsetzen müssen waren so im Kartenspiel vertieft, das sie den permanenten Verstoß einfach überhört haben müssen, denn auch in der Gaststube ging es laut her. Im Dorf wurde gemunkelt, dass der Pfarrer und der Lehrer ein Liebespaar wären, naja, das konnte man sich nun wirklich nicht vorstellen und selbst wenn, einen Skandal konnte man im Dorf nicht gebrauchen ,wenn das dem König zu Ohren kommen würde,die Blamage wollte man sich nicht vorstellen,weder der Bürgermeister noch die beiden betroffenen. Der Platz am Stammtisch war auch nicht zu verachten, denn wer wollte auf einem Dorf schon ein Aussenseiter sein, also fügte sich alles zum guten, alle waren zufrieden und der König konnte in seinem Schloss gut schlafen, mit solchen Kleinigkeiten wollten sie ihren Arbeitgeber auf keinen Fall belästigen.
Die Jugendlichen, die etwas auf sich hielten, gingen natürlich in Wolgast tanzen, wie sagt man, sehen und gesehen werden, wer aber Spaß haben wollte, der machte sich auf nach Hohendorf. Es gab allerdings einen großen Nachteil und das war der lange Fußweg von ca.5 Kilometer durch den Ziesaberg. Wer aber dorthin wollte, der musste auch irgendwann wieder zurück und da fingen die Probleme an. Meistens war man nicht mehr ganz nüchtern und somit wurde es gefährlich, angetrunken im Dunkeln durch das Unterholz zu stolpern. Man sagt ja , Kinder und Betrunkene haben Glück und ihnen passiert nichts, aber darauf konnte man sich nicht wirklich verlassen. Die meisten nahmen dann auch die Abkürzung immer an den Bahnschienen entlang. Das hatte zwei Vorteile, einmal war es der kürzere Weg und zweitens, man konnte sich nicht verlaufen. Wer allerdings ein Mädel abbekommen hatte, dem war das egal, der nahm gerne den gefährlichen Weg durch den dunklen Wald. Obwohl ganz so ungefährlich war der Weg an den Gleisen auch nicht, denn auch nachts fuhren dort Züge. Auf der Strecke fuhr aber eine Dampflok und die machte Gott sei Dank so viel Lärm, dass noch genug Zeit blieb, um sich in die Büsche zu schlagen.

