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3xhab ich gern gelesen
geschrieben 2020 von Sylvia Seifert (SyS).
Veröffentlicht: 05.01.2021. Rubrik: Persönliches


Freund und Leid

Lebensabschnitt ist ein ehrliches Wort. Es könnte eleganter sein, ist es aber nicht. 
Freundschaft ist ein subjektiv definiertes Wort, ist also elegant, wenn wir es dazu machen. Beide Worte zusammen ergeben wunderbare Geschichten.
Vorweg will ich kurz erklären wie ich Freundschaft für mich definiere:
Sie ist persönlich, sie ist wahr, sie hat Lachfalten und ein kleinen unsichtbaren Hahn zum Zudrehen. Sie ist nah aber auch mal nur telefonisch. Sie schenkt und sie nimmt. 
Sie muss fordern und sie muss fördern. Sie darf auch mal plätschern aber nie nur einseitig, denn dann ist sie vorbei.

Da sich mein Leben stets turbulent und bunt verhält, haben viele interessante Menschen bisher meine Wege gekreuzt. 

Ich erinnere mich gut an die angehende Studentin, die ich zum Einführungstest in die Uni begleitete, ihr Händchen hielt, anschließend sie bei Dutzenden Cafés und ihren Freund bei Dutzenden Cocktails 6 Jahre lang begleitete in Freud und Leid. Da waren Krisengespräche, Heultiraden, Tanzorgien, Eifersuchtsdramen, Schlichtgespräche, Dankeshymnen, Kuchenschlachten und Lachanfälle, warum auch nicht, denn wir waren jung und wild.
Bis....sie schwanger wurde. Dann wurde es irgendwie anders...
Es folgten Besuche in ihrem Zuhause mit Bauchi streicheln, Hüfte vergleichen, Stramplerkaufen, Hebamme suchen und so. Und als der Härtetyp dann auf der Welt war, gab es noch ein Utzi-Butzi, erbrochenen Brei und zum 3 jährigen ein viel zu kleines Mickymaus Shirt. Zum 2. Baby hab ich's dann gar nicht nicht mehr geschafft und neulich glotzten wir nur noch aus der Ferne wahrscheinlich zur beidseitigen Befriedigung noch nicht mal wirklich interessiert aneinander vorbei. Ich nehme mal an: das war's.

Gewöhnungsbedürftig aber sehr spannend finde ich die Freundschaft mit Gummizug. Quintessenz: der eine entfernt sich ein Stück und der andere schnippt dann einfach hinterher. Also das Gegenüber legt eine Wahnsinnsenergie und ein beneidenswertes Beharren in die Terminfindung gemeinsamer Zeit und wird immer inbrünstiger, je mehr du herumdruckst. Ihre große Tugend ist die Ausdauer. 
Keine Frage, sie ist ein unglaublich warmherziger und entzückender Mensch. Jedoch wirkt sie sehr fordernd, wenn ich mal durchatmen will, meine Energie bei mir lassen und nicht Mitweinen möchte. Ich bin davon überzeugt, das es eine unsichtbare Gummischnur ist, die in Anfangszeiten ganz heimlich an mir befestigt wurde.
Ich könnte die Schere nehmen. 
Aber ist es das wert? Wir kennen uns jetzt 7 Jahre und die Zeiten, die wir zusammen sind, sind sehr intensiv, ja ... und schlauchen derweil aber... wenn wir uns verabschieden, drücke ich sie immer ein bisschen fester und freue mich immer ein bisschen mehr auf das nächste Mal. Denn ich bin überzeugt davon, das meine Energie ihr hilft, ihren Frieden zu finden und ein Entspannen von Jahr zu Jahr ein wenig mehr möglich macht. Und das tut dann auch mir gut.

Ich hatte nie wirklich darüber nachgedacht, ob es sie gibt für mich.
Irgendwann habe ich sie dann gefunden: meine Schwester im Herzen.
Sie ist wunderschön, stark im Charakter und erhellt jeden Raum. Hmm, könnte auch ne Falle sein. 
Vor 8 Jahren geschäftlich kennengelernt, gab es anfangs vorsichtige Begegnungen. Ich, unbedarft ehrlich und stets verständnisvoll versöhnlich; sie eher distanzierter, modisch prioritär und innerlich Gefangene Ihrer Geister, allerdings scharf im Unternehmergeist und versteckt emanzipiert, und wie ich während der langen Zeit feststellen konnte, eine noch größere Waffe, wenn Sie sich befreit. 
Manchmal scheint sie einseitig, unsere Freundschaft. Erstaunlicherweise für beide Seiten gleich in der Wahrnehmung. Ich habe in schwierigen Stunden miteinander wieder einmal mehr festgestellt, das Reden Gold ist und Miteinanderreden sein Gold wert. Schwierige Nebenschauplätze lassen oft zur Freundin greifen. Was ist aber, wenn diese selbst gerade der Antiheld ihres eigenen Lebens ist? Kann sie dann für die Beste da sein, mit Rat und Tat zur Seite stehn? Natürlich nicht! Soll sie auch nicht. Jede Superfrau darf sich auch mal fallen lassen. Schön ist, wenn die Freundin vom Kryptonit weiß, was hemmt und lähmt und sich zurückschraubt. Händchen hält und erst mal nicht fordert. So wird es langsam aber sicher bei uns. Aus einem Geschäft ist Freundschaft geworden, die persönlich ist, die wahr ist, die Lachfalten hat und einen kleinen unsichtbaren Hahn zum Zudrehen. Die nah ist aber auch mal nur telefonisch. Die schenkt und die nimmt. Die fordert und die sowas von fördert. Die auch mal plätschert und wenn wir einvernehmlich einen unsichtbaren Gummizug anbringen, wird sie nie vorbei sein. 

Ich ende mit einem Lachen.
Ich habe festgestellt, das Wunder unter Menschen passieren, wenn sie einander lassen. Wunder passieren, wenn wir nicht strategisch denken oder führen, wenn wir nicht stolzieren oder buhlen, wenn wir ehrlich fühlen und geben wollen.
Beruflich entstanden - mein bester Freund und Ehemann. Tugenden wie Respekt, Wertschätzung und alte Versprechen haben 3 Jahre lang beide Leben plätschern und weiterleben lassen, ohne einander. Eine letzte gemeinsame berufliche Begegnung, 2 wurden zu einem, ein Nebeneinander zu einem Ja ich will und ein Lächeln zu einem Dauergrinsen. Ich sag euch, wer mit seinem Seelenverwandten lachen kann, braucht keine Bahrt's, Nuhr's oder Kebeküsse. Wer mit seinem Seelenverwandten lachen kann, lebt kompromisslos, weil ein Lachen alles löst. Wer hätte gedacht, dass etwas so Reines und ohne Geldwert auf die kostbarste Art und Weise zusammenhält.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Nordlicht am 06.01.2021:

Das hast du wirklich schön geschrieben. Mir ist ganz warm ums Herz geworden.




geschrieben von SyS am 18.01.2021:

Danke sehr 🙏

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