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geschrieben 2021 von Sun-Go.
Veröffentlicht: 29.03.2021. Rubrik: Grusel und Horror


Tagebuch, gefunden vor einem IKEA. Teil I

Nun, ich schreibe um das, was man wohl als meinen plötzlichen Niedergang in den Wahnsinn beschreiben kann, zu dokumentieren. Ich meine, ich kann nicht so schlecht im navigieren sein. Und dennoch, während ich das hier schreibe, hänge ich schon für 2 Tage in einem IKEA fest. Hab in der gesamten Zeit, die ich hier bin niemand anderen gesehen.
Anfangs dachte ich, es wäre ein Scherz: Wandel den Ort in ein Labyrinth um, hol alle raus und schau nach, wie lange es mich braucht verloren zu gehen und am Ende hat jeder etwas zum Lachen. Ich realisierte, dass dies nicht der Fall ist, als ich versuchte meine Schritte zurückzugehen. Alles war anders, also hab ich mich verlaufen. Statt dem Ausgang waren es nur Reihen an Reihen von Bücherregalen.
Tja und jetzt bin ich im IKEA gefangen. Klingt nach dem Start eines schlechten Witzes. Die Lichter gingen aus um 22 Uhr, hat mir beinah einen Herzinfarkt verpasst. Das laute elektrische dumpfe Geräusch, gefolgt von absoluter Dunkelheit. Wenigstens ist der Ort voller Betten und mein Handy hat eine Taschenlampe, aber kein Signal. Also hab ich ein Bett gefunden und mich schlafen gelegt. Am nächsten Tag habe ich die meiste Zeit damit verbracht rauszufinden, erfolglos. Hab aber immerhin ein Restaurant gefunden, welches diese Fleischbällchen serviert, also werde ich wenigstens nicht verhungern.
Hab meinen Weg zurück zu den Betten gemacht, bevor die Lichter ausgehen, da es zu dunkel ist, wenn sie ausgeschaltet sind.
*
Es ist 9.10Uhr in der Früh, die Lichter gingen vor einiger Zeit wieder an. Ich bin mir sicher, das gesamte Gebiet abgesucht zu haben, in dem ich reingekommen bin und der Ausgang ist offensichtlich nicht hier, also wähle ich eine Richtung und hoffe aufs Beste.

TAG 3
Tag 3 meines magisch-mystischen IKEA Abenteuers. Wenn ich mir zuvor nicht sicher gewesen wäre, dass etwas ernsthaft falsch ist mit diesem Ort, dann wär ich es jetzt. Bin für 3 Stunden in einer mehr oder wenigen geraden Linie gegangen, als ich an einer Leiter vorbeikam, neben diesen riesigen Lagerregalen, die sie hier haben. Bin hochgeklettert um mich zu orientieren und es scheint als würde sich dieser Ort für immer weiter ausstrecken. Wie diese eine Szene aus König Der Löwen, nur statt Bäumen und Gras war alles Regale, Tische und so ein Zeugs.
Ich hab dennoch eine Person gesehen, die sich nicht zu weit weg bewegt hat, also ging ich rüber. Anfangs dachte ich, es wäre ein Mitarbeiter, welche die Uniform trug. Und zur Hölle, vielleicht war es das ja. Vielleicht sind verrückte zwei-zwanzig große Monster mit langen Armen, kurzen Beinen und keinem Gesicht genau das, was sie hier brauchen im Super-IKEA. Das verdammte Ding hat mich trotzdem komplett ignoriert und ohne Augen und Ohren bin ich mir nicht mal sicher, dass es mich überhaupt bemerkte. Hab darüber nachgedacht es zu schubsen oder so, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen, aber seine Hände waren groß genug um eine Wassermelone zu zerdrücken, also hab ich dagegen entschieden. Es ist einfach weitergegangen und letztendlich habe ich es aus den Augen verloren, also habe ich beschlossen den Weg fortzusetzen, den ich ging.
Wie auch immer, kein gemütliches Bett für mich heut Nacht. Scheint als hätte ich die unnötig harte und spitze Tische Abteilung des Ladens erreicht. Schätze ich muss improvisieren mit irgendwelchen zusammengerauften Tischdecken. Mein Handy Akku ist auch über den Tag leer gegangen. Hat sowieso nicht funktioniert, aber ich habe das Gefühl, dass ich soeben eine wichtige Rettungsleine verloren hab.
*
Habt ihr schon mal so einen Cartoon gesehen, wo sie durch eine Tür in einem Flur gehen und sie tauchen einfach aus einer anderen Tür desselben Flures auf? So fühl ich mich gerade. Seit zwei Tagen habe ich nichts mehr gesehen als dieselben Bücherregale. Einfach Reihe um Reihe um Reihe von ihnen. Ich meine kommt schon, ich liebe Bücher so sehr wie jeder andere auch, aber das ist übertrieben. Dennoch bewege ich mich eindeutig weiter vorwärts. Ich sehe die Schilder über meinem Kopf vorbeiziehen. Zu schade dass auf keinem von denen "Ausgang" steht.
Nicht sicher, wem ich gerade diese Frage gestellt habe. Sagen wir einfach ich übe gerade für die Autobiographie die ich schreiben werde, wenn ich hier rauskomme. Ich nenne es: "Mein ganz normaler Trip zu einem klassischen alten IKEA."

TAG 6
Ich habe endlich andere Menschen gefunden. Hat sich herausgestellt, ich bin nicht der einzige arme Bastard, welcher hier gefangen ist. Gut für mich, schätze ich. In meiner sechsten Nacht hier kamen zwei dieser Mitarbeiterdinger auf mich zu im Dunkeln. Anders als der erste, den ich gesehen habe, aber immer noch verkorkst. Hab sie kommen gehört. Sie sagten, dass der Laden geschlossen sei und ich solle das Gebäude verlassen, im komplett freundlichen und höflichen Ton. Nicht sicher welcher Teil komischer war: Dass sie keine Münder haben, oder dass sie anscheinend versucht haben mich umzubringen während sie es gesagt haben. Kamen auf mich zu wie tollwütige Hunde, so kam es mir vor. Also sprintete ich durch IKEA wie ein Irrer. Ich sah es, als ich einen weiteren Stand voller Lagerregalen hinter mich brachte: Alles erleuchtet mit Fackeln und Flutlichtern. Sie haben eine komplette Stadt hier drinnen gebaut. Haben eine massive Wand aus Regalen und Betten und Tischen und was auch immer gebaut. Bei Gott, ich schwöre es war das schönste was ich jemals gesehen habe. Jedenfalls, sie schienen mich kommen zu sehen, oder vielleicht haben sie meine weibisch-männlichen Ausstöße der Furcht gehört, weil sie hatten das Tor geöffnet und zwei Leute haben mich rein gewunken. Habe gehört wie diese Mitarbeiterdinger hinter mir gegen das Tor geprallt sind, nachdem sie es geschlossen haben, uns immer noch höflich informierend, dass der Laden geschlossen hat. Irgendwann haben sie jedoch abgelassen.
*
Sie nannten die Stadt Umtausch, denn das war das was auf dem Schild stand, welches direkt darüber hing: Umtausch und Rückgabe. Komplett erleuchtet gegen die Nacht, mit Lichtern die sie gefunden haben und in die Stromleitungen gesteckt haben. Außerdem gibt es Betten und Essen und Menschen. Über 50 wunderbare Menschen, mit normal langen Gliedmaßen und einem kompletten Satz an Gesichtszügen. Es ist nun meine siebte Nacht hier und die erste, welche ich nicht in Dunkelheit verbringe. Leben im IKEA für eine komplette Woche. Klingt nach einem Fernsehkonzept. Jetzt wo ich unter anderen Menschen bin, fühle ich mich immer normaler. Vielleicht ist normal nicht das richtige Wort, aber nach einer Woche nur mit dem Geräusch meiner Schritte als Begleitung wurde ich mir immer sicherer, dass ich einfach verrückt wurde; dass ich einfach irgendwo gefesselt in einem gepolsterten Raum meinen Kopf gegen die Wand haue. Aber nein ich fühle mich jetzt ziemlich stabil, danke der Nachfrage.
*
Anscheinend gibt es andere Städte da draußen. Manche mit mehr, manche mit weniger Leuten. Ich finde das ziemlich gedankenbereitend. Wie können so viele Menschen verschwinden, ohne dass es jemand bemerkt. Sicherlich müsste doch jemand bemerken, dass jeder der zu IKEA geht zu verschwinden scheint. Aber vielleicht ist es ja nicht jeder. Vielleicht sind wir einfach die glücklichen Auserwählten.
*
Die Leute nennen diese Mitarbeitermonster hier "das Personal". Scheint als wären sie in Ordnung über den Tag, kümmern sich um ihren eigenen Kram während sie durch die Gänge laufen. Gehen jedoch diese Lichter aus, rasten sie aus. Also gehen die Leute tagsüber raus um Essen, Trinken und was man sonst so braucht zu finden. Anscheinend gibt es Restaurants und Geschäfte, welche zufällig wieder aufgefüllt werden. Niemand weiß wie, vielleicht macht es das Personal. Aber wenn, dann sind sie nicht gut darin, denn das neu befüllen braucht manchmal seine Zeit. Was bedeutet, dass das Essen rationiert werden muss. Wer weiß, vielleicht wenn sie nicht so damit beschäftigt wären, Leute im Dunkeln zu jagen würden sie mehr schaffen. Jedenfalls, wenn die Nacht kommt wird das Personal verrückt und alle verschanzen sich hinter den Toren. Anscheinend ist es in diesem Ort überall gleich. Was auch immer dieser Ort ist. Der Ur-IKEA, aus dem alle anderen IKEAS entsprangen. Oder vielleicht sind wir alle in einem stinknormalen IKEA und das alles hier ist eine Art Fiebertraum, hervorgebracht durch betäubende Langeweile. Wer weiß?

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Susi56 am 30.03.2021:

Lustige Idee... Hoffe nur, Ikea verklagt dich nicht. 😎




geschrieben von Sun-Go am 30.03.2021:

Haha, freut mich dass es dir gefällt. Tja hoffen wir mal das beste ^^

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