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geschrieben 2022 von Jonas (Jonas).
Veröffentlicht: 02.02.2022. Rubrik: Menschliches


Traurige Monogamie

Traurige Monogamie

Da ich hoffnungslos romantisch bin, faszinieren mich Geschichten von Paaren
die sich in ihrer Jugend kennenlernten um dann ihr ganzes Leben miteinander zu verbringen.
Was sind das für Menschen?
Gibt es welche die mit dieser Veranlagung geboren sind ?
Normalerweise würde ich das Wort Veranlagung hier unpassend finden, weil ich eher denke das man so etwas aus Überzeugung oder Pflichtgefühl praktiziert.
Ich bin mir aber nicht mehr ganz sicher wegen der Geschichte von Anika, die unter Monogamie leidet, wie unter einer Krankheit.
Ein Ereignis der letzten Woche veranlasst mich jetzt diesen Text zu schreiben.

Es war der 1. Mai 1997, ich war 19 Jahre, ein lustiges Kerlchen welches zusammen mit seinen Kumpels eine Maitour unternimmt.
In diesem Jahr hatten wir einen Reisebus gemietet, weil das ganze etwas kostspielig war hatten wir noch einige Bekannte mit ins Boot geholt, damit mehr zahlende Gäste dabei waren.
Markus aus meiner Clique war mit Karin zusammen, die ich bereits gut kannte.
An dem Tag sah ich zum ersten mal Anika, die Schwester von Karin. Sie war 16, hatte schulter langes Braunes Haar, braune Augen - ein niedliches Gesicht. In Verbindung mit ihrem schlanken Körper und ihrer aufrechten Haltung wirkte sie gerade majestätisch auf mich.
„Ja klarer Fall“ dachte ich „ Wieder eine für Klaus“
Ich redete mir ein, mir keine Hoffnungen machen zu dürfen, da ich nicht so redegewandt war wie andere. Tatsächlich scheiterte es bei mir oft daran.

Klaus hingegen hatte immer leichtes Spiel, er erinnert mich heute noch immer an Leonardo DiCaprio. Er war erst 18 und schon mit den schönsten Mädchen aus unserer Gemeinde zusammen gewesen, nie lange, er brauchte immer wieder jemand neues.
Natürlich suchte sich Anika im Bus einen Platz in seiner Nähe.
Diesmal kam Klaus aber irgendwie nicht weiter. Er war natürlich an ihr interessiert aber mehr als eine Unterhaltung mit ihr, brachte er während der Busfahrt nicht zustande.
Auf der anschließenden Party vergnügte ich mich, mit den Bratwürstchen und den Schnitzeln. Auch Klaus ließ nicht von seiner Beute ab.
Ich positionierte mich immer so, das ich die Beiden beobachten konnte. Um Null Uhr, war Klaus ihr immer noch nicht näher gekommen. Was war los mit meinem Champion?
Leicht angetrunken ging ich zu Karin und fragte sie:
„Warum stellt sich Anika so an? Ist Klaus ihr nicht gut genug?“
Dann sprach Karin mir ganz langsam zwei simple Sätze ins Ohr. Ich höre sie heute noch:
„ANIKA IST NICHT SO EINE! HAST DU DAS VERSTANDEN?“
Ich entschuldigte mich gleich und ging zurück an die Theke.
Gegen Zwei Uhr wollte Anika gehen, Klaus griff ihre Hände und sagte noch etwas, worauf Anika rot wurde.
Später wurde Klaus wegen seiner schlechten Leistungen natürlich ins Kreuzverhör genommen. Als wir näheres über Anika erfuhren, hörten wir auf, über sie wie ein Flittchen zu reden. Scheinbar war sie wirklich kein Mädchen für eine Nacht.
In den nächsten Wochen startete Klaus eine Großoffensive, mit Blumen, Einladungen in Restaurants und Spazierfahrten in seinem Coupe.
Sie war jetzt immer öfter in unserer Clique. Sie war sehr zurückhaltend und wurde sehr bewundert. Die Jungs waren alle heimlich in sie verliebt. Mir tat es weh zu wissen das der Countdown für sie lief, Klaus hatte immer bekommen was er wollte.

Von Karin erfuhr ich dann, wie Anika sich eine Beziehung vorstellte. Es war für mich unwirklich, so etwas von einer 16 Jährigen zu hören:
„Ein Mann und eine Frau für immer!“
Ich hätte mich gerne wie in der Schule gemeldet und gesagt das ich das Angebot annehme, aber das war nicht meine Liga.
Nach zwei Monaten war Klaus am Ziel, er war offiziell mit Anika zusammen.
Was das im Detail bedeutete war jedem klar und wurde auch hinter vorgehaltener Hand bestätigt. Klaus hatte Anika das blaue vom
Himmel versprochen und sie entjungfert.
Von diesem Zeitpunkt an wünschte ich mir, das die beiden für immer zusammen bleiben würden, bei all den anderen Mädchen die Klaus vorher hatte war es mir völlig egal.
Ich fühlte, das es dieses mal eine Sünde sein würde wenn er Schluss macht.
Es kam wie es kommen musste, in einer Disco lernte er die Tochter eines großen Spediteurs kennen und knutschte noch am selben Abend mit ihr rum.
Anika war außer sich und ging dazwischen, ich musste mit ansehen wie das eigentlich so schüchterne Mädchen vom Sicherheitsdienst hinaus geschleppt wurde.
Ich ging auch vor die Tür um zu sehen was mit ihr los war. Sie saß auf dem Boden an die Wand gelehnt, die Arme vors Gesicht verschränkt.
Einen solchen Weinkrampf habe ich bis heute nicht wieder gehört.
Es lief mir eiskalt den Rücken runter, selbst in diesem Moment gab es Leute die sich darüber amüsierten. Sie bemerkte nicht, das ich da war um die Schaulustigen zu verdrängen. Einen von ihnen nötigte ich, ihre Schwester oder eine ihrer Freundinnen zu holen.
Dann musste auch ich weinen, denn ich spürte das ihr gerade das Herz herausgerissen wurde. Auch Karin konnte sie kaum beruhigen, sie schaffte es aber mit ihr ins Taxi, um sie nach Hause zu bringen. Der Abend war gelaufen.

Am nächsten Wochenende brachte Klaus seine neue Perle gleich mit in die Runde.
Auch Anika war da, sie versuchte immer noch mit ihm zu reden, aber er blockte kalt ab. Ich beobachtete wie sie ihn weiterhin anhimmelte, als wenn nichts gewesen wäre.
In den kommenden Monaten versuchte es jeder bei ihr, wurde jedoch höflich abgewiesen. Auch ich hatte einige Gespräche mit ihr, bis auf das Thema Klaus war sie eigentlich sehr rational. Mich ehrten diese Gespräche immer, und kann bis heute nicht verstehen wie man so jemanden einfach wegwerfen kann. So eine klasse Frau wäre mein ganzer Stolz.
Irgendwann war sie denn nicht mehr dabei. Ich sah sie nur noch selten auf Veranstaltungen. Von Bekannten hörte man nach Monaten, das sie immer noch nicht über die Sache mit Klaus weg war.
Das nächste mal sprach mit ihr drei Jahre später auf einem Schützenfest, zu später Stunde sagte sie mir, das sie Klaus immer noch liebt.
Vor kurzem hörte ich das sie als Tierärztin ist einer Praxis im Nachbarort arbeitet und in einer Single Wohnung lebt.
Aus Neugier war ich letzte Woche mit meinem Hund bei ihr, wir waren alleine im Untersuchungszimmer. Sie duzte mich immer noch, was mich sehr freute, als sie die Untersuchung beendet hatte, suchte sie langen Blickkontakt. Ich ließ mich darauf ein und sah wie ihre Augen immer feuchter wurden. Es war mir sofort klar worum es ging, ich wusste aber nicht was ich sagen sollte und fragte einfach, wie es ihr so geht.
Dann senkte sie den Kopf und Tränen tropften auf ihren Kittel, ich traute mich sie in den Arm zu nehmen. Sie fragte mich zwei mal:
„Warum kann ich ihn nicht vergessen? Warum kann ich ihn nicht vergessen? “
Ich konnte es ihr nicht sagen und fing auch an zu weinen.
Wieder einmal fehlten mir die Worte. Nach einer Weile hatten wir uns beruhigt. Wenigsten konnte ich ihr zum Abschied sagen das sie mir unendlich leid tut.
Unsere Blicke trennten sich erst als ich die Tür schloss. Seit einer Woche versuche ich zu vergessen, wie sie mit verheulten Augen da stand und mich ansah.

Klaus hatte die Beziehung 1997 beendet.

Heute ist das Jahr 2022.

Klaus! Was hast Du getan ?

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