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4xhab ich gern gelesen
geschrieben von Onivido kurt.
Veröffentlicht: 18.11.2022. Rubrik: Unsortiert


Advent in Venezuela

Was soll ich jetzt machen, ich Spross einer Familie deren Ahnen in den Befreiungskriegen unter Simon Bolivar kämpften, ich Abkömmling von Rechtsgelehrten und Magistraten? Wie kann ich eingestehen, dass ich in eine Frau veliebt bin, die in einer elenden Fischerhütte aufgewachsen ist, unter einem von der Tropensonne versengten Wellblechdach, - unleugbar einer Skulptur von einer Frau und als Dreingabe sogar mit Universitätsbildung, aber eben eine Proletarierin in den Augen meiner erlauchten Familie und zu allem Überfluss auch noch Zamba?
Ich, der ich an den besten europäischen Universitäten promoviert habe, mit Mastertiteln und Managererfahrung in den Vereinigten Staaten, Ich, der ich dazu bestimmt bin Karriere zu machen, Ich, der ich danach trachte zum Präsidenten eines der groessten Ölkonzerns der Erde zu werden, umworben von Erdöl-Bush und Co.
Natürlich werden alle meine Freunde und männlichen Familienmitglieder ihr Verständnis zum Ausdruck bringen - mit lasziven Lächeln - ihr Verständnis dafür, dass ich nach dem betörenden Körper der dunklen Afrodite giere, aber sie werden nicht verstehen, dass ich sie liebe, dass ich jede Zelle ihres Wesens anbete, dass ich sie zu meiner Ehefrau vor Gott und der Welt machen will, dass sie und nur sie die Mutter meiner Kinder sein soll.
Was wird meine Grossmutter sagen, die nicht einmal die Ehe ihres Sohnes mit meiner Mutter, einer Europäerin, gebilligt hatte, meiner Mutter, einer begeisterten Sportlerin, mit standhaften Ideen über Fairness, wirren, kommunistischen Ideen der Meinung der feudalen Kreise meiner Familie nach, einer Frau die fantasierte von der Emanzipation der Marginales- der Besitzlosen. Sicherlich wird sie ihr die Schuld geben an meiner Verantwortungslosigkeit gegenüber meiner erlauchten Familie, weil sie mich schon im zarten Knabenalter mit diesen Wahnvorstellungen verdorben hatte.
Und mein gequälter Vater, überdrüssig der unentwegten Sticheleien meiner Grossmutter und des Grollens meines Grossvaters, wird mir vorschlagen dem Beispiel von Generationen von Männern unserer Familie in ähnlichen Situationen zu folgen und der Negrita ein Appartment zu kaufen und sie zu meiner Geliebten zu machen.
Aber es ist Weihnachten.
Und ich bitte Gott, dass der Weihnachtsgeist das Heim und die Gefühle meiner Familie durchdringen möge, dass er ihr die Gnade zuteil werden lasse sich von den versteinerten Zerrbildern des Konventionalismus der Oligarchie loszusagen. Und während die weihnachtlichen Gaitas dröhnen aus Fenstern und Türen von arm und reich, quillt mein Gebet aus meinem Herzen und ich weiss, dass Gott mir all das schenken wird, was ich aus eigener Kraft nicht erreichen kann.
Meinen Teil aber werde ich tun müssen.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von ehemaliges Mitglied am 18.11.2022:
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Hola, der Erzähler sollte nicht so zimperlich sein, seine Zukunft verspricht doch viel Lebensfreude, und das an der Seite einer gebildeten Zamba-Schönheit! Scheiß drauf, was diese elitäre Familie denkt, die Mutter ist richtungsweisend und Gott ändert eh nichts. Elitäres Denken bremst den Fortschritt aus - in Europa ist dies auch nicht anders. Übrigens, 'Afro-Dite' im oberen Teil des Textes habe ich zuerst für eine moderne Umschreibung von 'Negrita' gehalten, fand aber keine erklärende Zuordnung. Saludos.




geschrieben von Gari Helwer am 18.11.2022:
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Oh ja, gegen alle Konventionen zu verstoßen braucht sehr viel Mut. Es zu tun, erschüttert die Grundfesten des Lebens. Berührt mich besonders, Onivido, da ich die ein oder andere Familiengeschichte zu erzählen hätte - nach dem Motto: "Man orientiere sich bei der Wahl des Lebenspartners am eigenen Stallgeruch!" - Oder eben auch nicht, trage dann aber die Konsequenzen... LG




geschrieben von Onivido kurt am 19.11.2022:

Hola Horst, zunaechts muss ich zugeben , dass diese Geschichte eine kastrierte Fassung einer urspruenglich auf Spanisch geschriebener Geschichte ist. Warum es mir unmoeglich war (ist) die Geschichte einfach zu uebersetzen haengt mit dem wort “deseo” zusammen. Die Aussage “te deseo” kann bedeuten “ich wuensche dir” oder “ich will dich”. Dafuer konnte ich leider keinen ebenso zweideutigen deutschen Ausdruck finden. Dadurch wurde die Geschichte merklich kuerzer und ein bisschen aus dem Zusammenhang gerissen. Bezueglich des Wortes “Afrodite” habe ich im spanischen Original das Wort “Venus” benutzt. Venus entspricht in der griechischen Mythologie der “Afrodita”. Das habe ich anscheinend “verdeutscht” und da ist “Afrodite” herausgekommen. Diese Geschichte habe ich ausgegraben, weil in der Geschichte “ Geschmacksache” das Thema Rassismus erwaehnt wurde und Rassismus in Venezuela (wo ein Grossteil der Bevoelkerung nicht sagen kann welcher Rasse er angehoert) sehr erfolgreich durch Classismus ersetzt wurde. Offensichtlich braucht man etwas , um sich von anderen Gruppen abzusondern. Danke fuers Lesen und den Kommentar, Saludos///Onivido




geschrieben von Onivido kurt am 19.11.2022:

Hallo Gari. als junger Mann haette ich sogar eine Frau vom Mars geheiratet,sofern eine dazu bereit gewesen waere. Jetzt wuerde ich mich eher fuer eine nach dem Motto "Man orientiere sich bei der Wahl des Lebenspartners am eigenen Stallgeruch!" entscheiden. Mit dem Alter wird man vielleicht nicht klueger, aber vorsichtiger. Beste Gruesse///Onivido




geschrieben von Susi56 am 23.11.2022:
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Ich fand deinen Stil, deine Wortwahl sehr gelungen und passend. Nur die Aufzählungen insgesamt überfrachten den Text zu sehr, meiner Meinung nach. Aber da der Text aus dem Spanischen ist, ist dies wohl der dortigen Mentalität geschuldet. Dennoch: sehr gerne gelesen!




geschrieben von Onivido kurt am 25.11.2022:

@Susi56. Das Original der Geschichte ist unter Satirisches einzuordnen und die Aufzaehlung ist gewollt. Ich habe die Geschicht nur gepostet, weil in einer anderen von Rassismus die Rede war und ich wollte zeigen, dass man immer etwas findet um zu diskriminieren. Gruesse///Onivido




geschrieben von ehemaliges Mitglied am 09.02.2023:
Kommentar gern gelesen.
Danke für diese Geschichte. es ist schon eher der Einzelfall das jemand vom "Establishment" seinen Partner in den sozialschwachen Schichten sucht. Es ist mutig und zeitgemäß. Sein schwerer innerer Kampf wird in deiner Geschichte sehr deutlich. LG




geschrieben von Onivido kurt am 10.02.2023:

@Anna-xx Du hast wieder ein altes Geschichtlein ausgegraben. Dass du es positiv bewertes freut mich sehr, zumal ich selbst nicht besonders zufrieden bin mit ihr. Gruesse///Onivido

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