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geschrieben 2023 von Mercury.
Veröffentlicht: 07.06.2023. Rubrik: Unsortiert


Legacy of Struk Nuur

Ein DnD-Session-Reisebericht aus Sicht des Hügelzwergs Struk Nuur

Für den Fall, dass ich dieses Abenteuer nicht überlebe, will ich hier ein paar Zeilen vermerken, die zeigen sollen, dass ich mehr war, als nur ein Verbrecher. Für die Leserin oder den Leser sei gesagt, dass, um die gesamte Geschichte zu verstehen, ein bisschen ausgeholt werden muss.
Das Leben in der Hauptstadt im Norden war rau, wenn man nicht gut ausgebildet ist. Und der Lebensunterhalt war teuer. Mir blieb, um nicht zu verhungern, keine andere Wahl, als Essen zu stehen. Dies ging so lange gut, bis es einmal nicht mehr gut ging. Der Fischhändler hätte mir am liebsten direkt vor Ort die Hände abgehackt. Für solche Form der Selbstjustiz war die Stadt aber zu gut organisiert, so kam ich in das Gefängnis in Jerbsberg.
Dieser Kerker ist finster. Wir Zwerge sind Dunkelheit gewohnt und schätzen sie auch, aber hier handelt es sich um absolut lichtlose Finsternis, die selbst dem resilientesten Dunkelelfen Angst und Bange macht. In dieser Finsternis haben sie uns orientierungslos in die Minen geschickt. Niemand konnte sehen, was er da abbaut. Und bestand die Ausbeute nur aus wertlosen Steine, so gab es eine Tracht Prügel mit der Keule – unerträgliche Schmerzen.
In dieser Dunkelheit habe ich zum Licht gefunden und bin nun treuer Anhänger von Pelor, da mir Licht und Leben in dieser Umgebung von Dunkelheit und Tod essentiell wichtig geworden sind. Und er hat meine Gebete erhört. Als fast alle Hoffnung von mir gewichen war, verspürte ich eine warme Macht voller Leben und Energie und es schien möglich, Kräfte durch mich zu leiten, die Kreaturen der Schatten abwehren konnten, die versuchten, einen zähen Zwergenhappen abzubekommen.
Als wir einmal wieder das Horn erklingen hörten, das uns in die Minen rief, geschah etwas Wundersames. Ich nahm meine Spitzhacke in die Hand und sie fing an zu leuchten. Ich wusste, die Tage der Dunkelheit liegen hinter mir. Pelor war mir wohlgesinnt. Mir fiel auf, dass die Töne des Horns anders klangen als üblich – nun angsterfüllt statt ansterfüllend wie üblich. Erst noch sehr leise, bald heranstürmend, hörte man Stimmen, es waren wütende, rufende Stimmen. Dann brach die Hölle los. Wände explodierten, Möbel barsten und Leichen flogen durch die Gegend. Es war kein schöner Anblick. Eine Meute walzte sich als unerkennbare Masse durch den Kerkerbereich hin zum Bereich für die wirklich üblen Gesellen, die nicht einmal für Minenarbeit aus ihren immerfinstren Zellen herauskamen. Doch nun kamen sie heraus, und zwar alle. Ein brüllendes Gemenge aus Angreifern, Verteidigern und Gefangenen bahnte sich den Weg aufwärts aus der Zwergenstadt wie ein Tsunami, wenn er auf Land trifft.
Ich nutzte die Gunst der Sekunde. Es fühlte sich an, als wäre mir meine gerechte Strafe mehr als zugekommen und außerdem wollte ich in Pelors Namen Licht und Leben lieben, feiern und mit allen Mitteln unterstützen. Und so lief ich hinterher. Niemand hielt mich auf. Diejenigen, die hätten aufhalten wollen, haben sich schon dem Strom an Angreifern gestellt und wurden platt gestampft. Ich floh gen Sonne, weg von den Bergen, wo sie als erstes nach entflohenen Zwergen suchen würden.
Es stellte sich heraus, dass Jerbsberg in der sogenannten Region Jagenburg ansässig ist, benannt nach einer großen Menschenstadt. Dort wollte ich untertauchen, doch musste ich feststellen, dass sich die Nachricht des Ausbruchs herumsprach wie ein Lauffeuer und in Jagenburg vermehrt Zwerge kontrolliert wurden. Ich hatte es geschafft, beim Weg aus Jerbsberg einen Satz dunkle Kleidung und ein paar Gefechtsutensilien mitzunehmen und war nun froh, dass ich eine Kapuze hatte, die ich mir tiefer ins Gesicht ziehen konnte. Ich floh weiter in Richtung der Sonne, bis ich an einen Seitenweg kam, den ich einschlug. Je weniger Augen sich auf mich richten können, umso besser. Mit einem angespitzten Stein versuchte ich, das Zeichen Pelors in mein Schild zu ritzen, aber gerade die Rundungen des Kreises gelangen mir schlecht bis gar nicht. Wenn ich es allerdings oft genug so filigran es mir mit Kreide möglich ist nachziehe, ist zumindest erkennbar, dass es sich um das heilige Zeichen Pelors handelt.
Nach ein paar auszehrenden Tagesmärschen entdeckte ich einen kleinen Hof am Wegesrand und ich hoffte auf ein vernünftiges Getränk, bestenfalls ein Bier, das ich schon so lange Zeit nicht mehr hatte. Beim Betreten des Hofes begegnete mir ein intensiver Mensch, der sich so hektisch vorstellte, dass ich mir nicht einmal sicher war, ob er Wago, Jago oder Tago hieß. Ich hab ihn im Nachhinein Jago genannt, was ihn offenbar nicht störte, zumindest sagte er nichts. Jago erklärte mir, dass es sich hierbei um eine Taverne, die Taverne Albatros handele. Das, so dachte ich, traf sich gut mit meinem Bierdurst und ich wollte meine neue Bekanntschaft auf ebendieses Getränk einladen. Zu meinem unbeschreiblichen Verdruss hatten sie aber kein Bier und der Halbling-Wirt sprach nur von Säften und teurem Wein. Diese Halsabscheider wollten doch tatsächlich fünf Goldmünzen für eine Karaffe Hauswein. Nicht für Elfenwein – für Halblingswein. Zu meiner großen Überraschung kam aus der hinteren Ecke des Raums ein Mensch herangetreten, der unaufgefordert drei Goldmünzen auf den Tisch knallte. Mit zwei Goldstücken konnte ich mich zufrieden geben. Der Wein schmeckte für einen Hauswein ziemlich gut und ich haute den mittrinkenden Jago an, er könne ja für das neu zusammengekommene Kleingrüppchen Essen ausgeben, nachdem sich um Getränke bereits gesorgt wurde. Nach kurzem Überlegen und einem kurzen Hin und Her erklärt er sich bereit, das Essen zu übernehmen und gibt Eintopf und Fisch aus und will sich selbst ein edles Steak kaufen, doch findet er seine Geldbörse nicht, nach der er nun frenetisch sucht.
Ich helfe natürlich beim Suchen und beleuchte erst einmal per Berührung ein Rad an Jagos Wagen, auf dass die Menschen auch etwas sehen in der eintretenden Nacht. Als ich mich umsah, bemerkte ich, dass ein Schatten neben einer toten Ratte nicht verschwand, obwohl dort nun leichtes Licht sein sollte. Es stellten sich mir alle Haare auf und ich fiel in Gedanken zurück in die Zeiten in den Minen von Jerbsberg und den Schatten, die dort versuchten, eine Mahlzeit aus mir zu beißen. Panik kroch in mir hoch und Gesicht und Schultern verspannten sich, wie ich es kannte, wenn ich Angst bekam. Meine Fingerspitzen brannten und ich wusste, dass sie die tödliche Berührung in sich trugen, die Pelor mir schenkte, als ich noch allein in der Dunkelheit war. Ich nahm meinen Mut zusammen und legte meine Hände auf oder in den Schatten. Ich merkte, wie mir Energie entzogen wurde. Es war anstrengend. Und der Beweis, dass da etwas war. Etwas Lebendes, etwas Düsteres. Der Mensch, der so spendabel mit dem Wein war, erschrak offenbar und ließ zwei der drei Gläser fallen, die er getragen hatte. Was ihn wohl so erschreckt hat? Nun, vor dem Brunnen kniend, wo sich gerade noch der lebendige Schatten aufgehalten hatte, sah ich etwas. Einen kleinen Beutel mit ein einigem Gold darin. Freudig präsentiere ich diesen Jago, der mich aus mir nicht erfindlichen Gründen wenig begeistert ansieht. Nach kurzem Gespräch entspannt er sich, vielleicht hatte er einfach Hunger. Die Bachforelle war fantastisch.
Der Mensch stellt sich vor als Paro Holzner, vielleicht auch Parro. Ich sage einfach mal dies, mal das, dann wird ihn das hoffentlich schon nicht beleidigen. So saßen wir nun beisammen, wie auch immer ich zu den beiden Menschen kam und sie lebten schnell ihr schnelles Leben vor sich hin. Halblinge machen das vernünftiger als Menschen, die leben genauso lange, haben aber doppelt so viel Spaß. So wollte ich Wirt Egon einladen, unserer lustigen Gruppe Teil zu werden, doch er lehnte dankend ab, da seine Arbeitskraft unabdingbar sei für den Fortbestand der Taverne, so seine Frau und so kehrte er zur Arbeit zurück.
Inias Stimme trug die Worte „Melden“ durch den Raum zu mir herüber. Dies reichte mir, um panisch das Gebäude verlassen zu wollen, doch vor meiner Name schloss sich scheppernd die Tür. Ich versuchte, die Ursache der Magie ausfindig zu machen, die das Tor so abrupt hat zuschnellen lassen. Ich kreuzte Inias Blick und merkte, dass zwar sie die Magie wirkte, aber mich nicht wieder im Gefängnis sehen und mir nichts Böses wollte. So folgten wir ihr in ihre privaten Gemächer im ersten Stock.
Die kleine Halblingsdame brach fast auf dem Stuhl in ihrem Gemach zusammen. Sie erzählte uns, wie ihr Sohn vor zwei Wintern verschwand. Und offenbar geht, seit ihr Sohn Kevin weg ist, alles den Bach runter. Scheinbar hat vor vier Winter eine Gruppe von Leuten Jagenburg übernommen, die sich die „Red Wizards of Thay“ nennen. Von dieser Gruppierung hatte ich allerdings noch nie gehört. Scheinbar stahl diese Gruppierung der Menschen von Thay Kinder, zerriss Familien und versuchte, die Region zu übernehmen. Es sind aber nicht alle Menschen so, Parro hat mir das ausdrücklich zeigen können. Den Humanoiden, die von den Leuten aus Thay entführt werden, wurde offenbar der Kopf gewaschen, auf dass sie von nun als Kampfsklaven agieren sollten.
Laut Inia war Kevins letzter Aufenthaltsort Herbstberg, eine Stadt irgendwo gen Sonnenuntergang. Diesen Namen hatte ich schon einmal irgendwo gehört, konnte ihn aber nicht verorten. Dieser Mensch, der beim Wein so gut gezahlt hat, Parro, meint, er will unbedingt diesen Sohn holen und nach all dem, was Inia erzählt hat, scheint es unvernünftig und unverhältnismäßig gefährlich, alleine zu gehen. Und so begleitete ich ihn und erleuchtete zum Symbol des Lebens den Bilderrahmen des verschollenen Knabens. Ich bat um Aufschub bis zum nächsten Morgen, da mir die Haxen höllisch brannten. Inia stellte uns ein Zimmer zur Verfügung. Das erste Bett seit undenkbarer Zeit. Ich fiel wie ein Stein in traumlosen Schlaf und erwachte gut erholt.
Als am nächsten Morgen Inia zum Frühstück ruft, meint Jago plötzlich, er müsse los. Wenigstens eine Verbindungsperson für Herbstbach könne er uns geben, meinte ich, so als Händler. Er verwies auf einen Godwin und gab mir einen Brief. Ehe ich das reflektieren konnte, war Jago allerdings auch verschwunden. So machten Parro und ich uns nun zu Zweit auf die Suche nach dem verschollenen Sohn. Bevor wir starteten servierte Egon, der Wirt, allerdings ein Frühstück, das versteckte Kräfte auferstehen lassen könnte. Ich hatte nach dem Gefängnisfraß ganz vergessen, wie eine wahrlich gute Brotzeit schmeckt. So starteten wir gestärkt.
Nach einem halben Tag Reise kamen wir an einem See vorbei. Parro meinte, er wäre ein Teich, aber ich empfand es als See. Ich mag kein offenes Wasser. Ich mag allerdings Fisch. Und so suchte ich nach Utensilien für eine Angel. Ich fand allerdings nichts, weil ich nicht wusste, was man für eine Angel braucht. Ich meide wie gesagt offenes Wasser für gewöhnlich.
Plötzlich fiel mir eine Bewegung im Busch auf – als würden sich die Pflanzen bewegen, nicht im Wind, sondern mit Richtung. Als ich nach links sah, um herauszufinden, was es damit auf sich hat, wurde ich von einer Ladung Dornen getroffen, die in mir stecken blieben und brennende kleine Löcher hinterließen. Ich ging ein paar Schritte darauf zu, spreizte meine Hände nach vorne und ließ durch Pelors Macht Flammen aus ihnen sprießen. Sich bewegende Pflanzen waren mir neu und die Dornen taten echt weh. Nachdem noch etwas aus dem Busch kam, was wie eine Klaue aussah, an meiner Rüstung aber abprallte, hatte ich genug. Ich nahm meinen Hammer und drosch auf das Gebüsch ein, bis sich nichts mehr bewegte. Im Hintergrund hörte ich Parro mit Kleinholz beschäftigt, das wir dann als Brennholz für eine kurze Rast verwendeten. Bei verfluchten Pflanzen kann man sich nie sicher genug sein.
Nach kurzer Weile liefen wir weiter. Des Abends fand ich eine Lichtung hinter ein paar Bäumen, gut versteckt und auch von Blättern bedeckt, die den anhaltenden Nieselregen abhielt. Für die ersten Stunden der Nacht nutzten wir eine Wache, danach schliefen wir die Zeit, die nötig war, um am nächsten Tag wieder den ganzen Tag zu wandern. Dieser Tag führte uns auf die große Straße, von der ich extra abgebogen war uns wir verbrachten den ganzen Tag auf ihr. Stets klang hinter uns das Geratter eines Wagens, dass mich vor Paranoia und Angst vor Wachen ganz wahnsinnig werden ließ. Die große Gefahr für mich waren nicht die Gefahren, die uns bevorstanden, wenn wir würden Kevin retten wollten. Es waren die Wachen aus Jerbsberg. Ich steckte meinen Bart in die Kleidung und zog die Kapuze tiefer. Ein Lager wollte ich erst dann errichten, wenn wir die Hauptstraße verlassen hätten. Den Weg nach Herbstbach erreichten wir erst spät abends und Parro fand trotz schwindendem Lichts einen guten Lagerplatz. Ich schaute mich um, ob uns jemand gefolgt war, doch Parro erstaunte mich, nicht zum ersten Mal an diesem Tage, indem er mich vor einem violetten Pilz warnte, der wohl äußert unangenehm wird, wenn man ihm zu nahe kommt. So tat ich es wie bereits zuvor auf dem Weg und spreizte meine Hände zur Feuersbrunst. Der Pilz sah wenig beeindruckt und wenig verbrannt aus. Auch Parros Pfeil, den er schickt, ist wohl nicht die Antwort auf das Pilzproblem, das aber auch nicht akut problematisch war, solange man die Distanz wahrte. Ich sprach ein Gebet und Licht senkt sich vom Himmel in Form einer heiligen Flamme. In dieser lodert der Pilz kurz auf und löst sich dann auf. Endlich Ruhe. Herbstbach und die Suche nach Kevin würde hart genug, das war mir klar. Es regnete leicht. Diese Nacht, so wusste ich, würde unangenehm werden.

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