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4xhab ich gern gelesen
geschrieben von marjah.
Veröffentlicht: 30.09.2023. Rubrik: Nachdenkliches


Der Weg ist das Ziel

Immer wieder hörte ich die Worte „Der Weg ist das Ziel“. Als Lebensweisheit wurden sie mir mitgegeben.

Leider konnte ich mir nichts darunter vorstellen, dachte immer nur, schon wieder so ein dummer Spruch, der hilft mir ja auch nicht. Ich konnte einfach keine Balance darin finden.
Dann passierte während eines Urlaubs etwas, das mir die Bedeutung dieser Worte klar werden ließ.

Es war am vorletzten Nachmittag meines Aufenthalts im Bayerischen Wald. Ich entschloss mich ganz spontan, so aus dem Bauch heraus, auf einen der vielen Berge zu wandern. Und es sollte sich zeigen, dass eben solche intuitiven Entschlüsse schon ihre Berechtigung haben.

Ich begann also meine Wanderung am ausgeschilderten Parkplatz, mein Auto war der einzige Wagen dort. Aber das sollte mich nicht hindern. Das Wetter war ideal zum Wandern, nicht heiß, etwas bedeckt, gerade angenehm, um nicht gleich ins Schwitzen zu kommen. Diese Gefahr bestand nämlich für mich schon, da ich zu diesem Zeitpunkt völlig untrainiert war.

Der Weg führt durch den Mischwald relativ gemächlich bergauf, über Wurzeln und aus dem Boden ragende Felsen hinweg. Als mir ein Wanderer entgegen kam und freundlich grüßte, fragte ich, ob ich denn auch auf dem richtigen Pfad mich befände, denn es hatte vor kurzem einige Verzweigungen gegeben. Der Herr bestätigte die Richtung, fühlte sich aber scheinbar bei meinem Anblick zu der Bemerkung verpflichtet, dass es weiter oben ganz schön steil werde und es doch sehr anstrengend sei, gerade diesen Berg zu besteigen.
Dies stachelte mich aber erst recht an, denn so leicht gebe ich nicht auf und wenn es schwierig wird im Leben, dann wäre es doch gelacht, dies nicht auch noch zu schaffen.

Also marschierte ich stetig bergauf, der Wanderer hatte recht gehabt, es wurde anstrengend. Die Mühen, die der Weg von mir forderte, brachte ich mit zusammengebissenen Zähnen hinter mich. Und da kam mir wieder dieser Spruch in den Sinn. „Der Weg ist das Ziel“.

Ja, da war sie, die Erkenntnis: Auch hier bei dieser Wanderung war der Weg das Ziel. Meine körperliche Schwäche zu überwinden und den Weg zu meistern, das war es, was zählte, nicht mehr, ob ich es nun wirklich bis zum Gipfel schaffte oder nicht.

Vor lauter Sinnieren und in einer Art von Flow beim Gehen übersah ich dann tatsächlich eine der Abzweigungen, kletterte ein besonders steiles Stück auf einem falschen Pfad hoch und musste nach einiger Zeit feststellen, dass keine Markierungen mehr zu finden waren.
Da das sehr gefährlich werden kann, noch dazu, wo ich wusste, dass ich allein unterwegs war und es auch schon später Nachmittag zu werden begann, entschloss ich mich, umzukehren. Die Stelle, wo ich die Markierungen verloren hatte, galt es jetzt zu finden.

Dieses Umkehren! Das ist es!
Im Leben auf dem Weg die Markierungen nicht verlieren, sie auch erkennen und ihnen folgen. Und wenn es doch passiert, ohne zu zögern umkehren. Das aber nicht als Fehlschlag sehen, sondern als Chance, man passt ja auf dem weiteren Weg dann besser auf, wird achtsamer.
Ob solche Ab- und Umwege im Leben falsche Handlungen oder misslungene Freundschaften betreffen, ist egal. Das Muster ist immer dasselbe.

Ich kam fröhlich wieder bei meinem Auto an, obwohl ich den Berg nicht vollends bestiegen hatte. Es war mir nicht mehr wichtig gewesen, oben anzukommen, denn:
Die Mühsal des Weges zu meistern ist das Ziel!

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von .Eichhörnchen. am 01.10.2023:

Hallo Marjah!
Deine Geschichte beinhaltet sehr gute Gedanken und nachdenkliche Worte. Deshalb habe ich Deinen Text sehr gern gelesen.
LG Eichhörnchen




geschrieben von marjah am 04.10.2023:

Danke, Eichhörnchen!
Da es ein eigenes Erlebnis ist, hoffe ich, die Geschichte kommt nicht mit dem moralischen Zeigefinger daher. So war es halt für mich. :-)

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