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geschrieben 2023 von K. Ludwig (Kiara_Ludwig).
Veröffentlicht: 13.10.2023. Rubrik: Nachdenkliches


Einsamkeit am Freitagabend

Es ist Freitagabend. Ich habe ein Date.
Das denke ich zumindest, bis 17:11 Uhr. Wenn ich auf mein Hany gucke und merke, dass der Typ die Unterhaltung auf Bumble aufgelöst hat.
Wir haben keine Nummern ausgetauscht, natürlich nicht. Heute Abend, er holt mich um 20 Uhr ab.
Kraftklub-Konzert in der Wuhlheide. Bier, Picknickdecke, wir zwei. Natürlich keine Tickets, nur in der Nähe sitzen und genießen, was man so hört.
Ich kann ihm nicht einmal sagen, was für ein gigantisches Arschloch er ist.
Es ist dumm, sich so zurückgewiesen zu fühlen, sage ich mir selbst. Ich kannte ihn gar nicht.
Irgendwie tut es trotzdem weh.
Ich schmolle bei mir zuhause auf der Couch. Seltsam leer fühle ich mich. Was für ein sinnloses Gefühl.
Ich mag Kraftklub. Vielleicht entscheide ich mich deshalb, trotzdem zum Konzert zu gehen. Oder vielleicht bin ich einsam.
Vielleicht beides.

Es hat schon angefangen, als ich ankomme. Ich bin in gleicher Schrittgeschwindigkeit wie zwei Frauen, die auch um die Parkbühne laufen, auf der Suche nach einer Stelle, wo sie vielleicht doch noch in die Waldbühne einbrechen können, um ohne Ticket trotzdem bis an die Bühne zu kommen. Ein Loch im Zaun vielleicht, ein netter Security-Typ, eine niedrige Mauer?
„Vielleicht kann ich eine Räuberleiter machen.“ biete ich an.
Antje und Diana.
Für das Konzert adoptieren sie mich. Ihre Töchter sind auf dem Konzert. Eigentlich hatten die beiden gehofft, noch Tickets ergattern zu können.
Pustekuchen.
Aber es ist ganz lustig. Ich glaube, sie finden mich unterhaltsam.

„Wo sind deine Freunde?“ fragt Alex mich später. Er beaufsichtigt die Toiletten, hat sich nett mit Antje unterhalten.
„Das waren gar nicht meine Freunde.“
„Achso!“ er runzelt die Stirn. „Und jetzt bist du ganz allein?“
„Nee, da sind so ein paar Leute da hinten…“
„Ach, du bist so eine!“ lacht er, als hätte er irgendetwas begriffen. „Du bist so eine, die immer Anschluss finden muss.“
Ich glaube nicht, dass er es als Beleidigung gemeint hat, aber es trifft mich. Ich wende den Ausdruck wie einen wertvollen Edelstein in meinen Gedanken, versuche jede Ecke und Fläche zu erfassen, zu verstehen, was ich dabei fühle.
Aber erstmal gehe ich zu meinem Anschluss, Benni und Tina.
Sie sind nett, wirklich. Tina kann auch gar nichts dafür, dass sie in der kurzen Zeit, die wir da sind, von drei verschiedenen Typen angemacht wird. Sie verweist immer auf Benni, ihren Freund.
Einen, Pierre, versucht sie an mich weiterzuleiten. Innerhalb von 5 Sekunden fasst er mir an den Hintern. Ich trete weg und schüttle den Kopf und er zuckt nur mit den Schultern und verschwindet.

Später gehe ich allein nach Hause und versuche zu begreifen, warum ich mich so schlecht fühle. Der Abend bestand aus unglaublich vielen schillernden Prismen, deren Reflektionen ich nicht ganz begreifen kann.
Ich bin nicht besonders hübsch oder charmant, das weiß ich. Ich habe den Anschluss gesucht und gefunden, kurzzeitig, für einen Abend. Sie werden mich bald vergessen haben. Ich werde in einem Gruppenfoto sein, ganz in der linken Ecke, bei zwei oder drei Videos tanze ich enthusiastisch im Hintergrund zu Rosenstolz. Aber keiner von Ihnen kennt mich, sie werden meinen Namen vergessen und alles, was ich Ihnen erzählt habe. Ich werde wie Rauch aus ihren Gedanken verschwinden.
Vielleicht würden sie das auch tun, wenn ich es zulassen würde. Aber hier bin ich und verewige sie mit jedem Wort, das ich niederschreibe.
Warum?

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