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geschrieben von Literat0000.
Veröffentlicht: 11.01.2024. Rubrik: Unsortiert


Die Angst in Persona

Oh in welch großem Getöse die Angst auf jenem Schiff mit ihrem erschütternden Antlitz auftauchte. Es war ein Schiff auf hoher See mit hohen Sturm und die Angst kam auf das Schiff, um die Besatzung auf ihr Schicksal vorzubereiten, denn ihr Schicksal war es mit dem Schiff diesem schrecklichen Getöse des Sturms zu erliegen. Die Angst zeigte sich als altes Skelett mit schwarzem Lumpen und einem Hut.

So streifte die Angst durch das Schiff und sah einige Männer der Besatzung durch das ganze Schiff rumrennen. Keiner von ihnen bemerkte die Angst, doch fingen sie an die Anwesenheit der Angst zu spüren und dass die Angst immer näherkommt. Vorerst kümmerte sich die Angst nicht um die Leute, denn sie wusste, dass sie schon ihre Arbeit macht und so sah die Angst auf das Meer. Es regnete wie aus Eimern, große Wellen schlugen streng auf das Meer und das Schiff ein. Überall blitze und krachte es. Die Angst öffnete ihren Mundwinkel und sagte mit leiser Stimme: „Ach was ein schönes Wetter um Angst zu haben, auch noch auf einem Schiff in einer solchen Situation!“

Der Sturm wurde immer schlimmer und immer mehr Wasser schlug streng auf das Schiff ein und so sah die Angst, dass ein Teil der Besatzung auf die Brücke ging und ein anderer Teil gleich neben ihm anfing mit Eimern das Wasser vom Schiff zu schütten.
Mit langsamen Schritten trat die Angst zu den zwei Seemännern, die ihr bestes taten und umarmte sie. Die Angst wollte ihnen vor ihren Tod eine Gefühlsexplosion bereiten und so schmiegte sich richtig intensiv in der Umarmung an die Seemänner. Anschließend nahm die Angst ihre rechte Hand und schob sie dem einen Seemann in den Rachen, so dass sein Mund zitterte und nichts zu sagen vermochte. Mit der anderen Hand fasste die Angst dem anderen Seemann ans Herz und machte ihm so Herzrasen. Am Ende garnierte die Angst ihren Akt, in dem sie beiden Seeleuten „Ihr werdet sterben“ ins Ohr flüsterte. So fühlten beide gewiss die Angst auf ihren Körpern ruhen, aber sie hörten nicht direkt das, was die Angst ihnen zuflüsterte. Nun begann der eine Seemann mit dem Herzrasen: „Ich habe Angst zu sterben, so fürchterliche Angst, ich will nicht sterben. Mein Herz möchte vor lauter Angst zerbersten“ und so antwortete der andere mit dem zitternden Mund: „Ich auch, ich möchte nicht sterben, ich kann vor lauter Angst haben nicht richtig sprechen!“

Die Angst genoss das Trauerspiel, welches schon einer Vergewaltigung glich und schmiegte sich noch fester in seiner Umarmung an die Seemänner und irgendwann, hatten die beiden so viel Angst, dass sie schreiend wegliefen.
Die Angst musste lachen und übernahm den Job der verängstigten Seemänner und sagte nebenbei mit einer Nuance der Freude: Wie schön ist es doch Angst zu haben!, ich bin so beliebt unter den Menschen. So beliebt, dass sie meine Gegenwart garnicht aushalten und sich manchmal sogar um mir zu entkommen ins ewige Dunkel reißen.

Nach einer Zeit beendete die Angst unter dem immer stärker werdenden Sturm ihre Arbeit und sah sich auf den Decks des Schiffes um. Alles war schrecklich schlicht eingerichtet und alle Türen waren geschlossen. Die Angst mochte es, wenn sie überall reinsehen konnte und so sehen konnte, wer denn als nächstes Angst haben könnte. So streifte die Angst lange umher, sah in einige Zimmer, doch fand sie niemanden, so dachte sie sich, dass sich alle Seemänner auf der Brücke einfinden werden und dass er dort allen Angst machen würde. Sie dachte sich, dass es nichts besser gäbe, als gemeinsam Angst zu haben. Angst vor der ungewissen Zukunft, Angst vor dem Sterben, einfach die Angst bei sich zu haben.

Schließlich traf ein leises Wimmern in das Gehör der Angst und so lief er zu der Quelle des Geräusches. Das Wimmern trat aus einem Zimmer, dessen Tür ein wenig geöffnet war und so trat die Angst ein, ohne zu klopfen. Die Angst trat immer ohne zu klopfen in Räume ein, denn wenn sie klopfen würde, so würden die Menschen die Angst schon spüren und fliehen. Das war zwar der menschliche Instinkt, aber es soll ja Jedermann Angst haben können.
Im Zimmer eingetreten sah sie einen Seemann an einem Tisch und er schien etwas zu schreiben. Interessiert trat die Angst näher an den wimmernden Mann und sah dort ein Blatt Papier neben einer Flasche und einen Korken. Auf dem Papier stand:

„Liebste Elisabeth,

ich bins, dein Gatte, dein sterbender Gatte auf hoher See. Wir befinden uns mitten in einem Sturm und die unberechenbaren Wellen schlagen streng auf unser Schiff. Zwar war das Meer bevor wir lossegelten so ruhig wie eine Frühlingsbrise, doch es war nur die Ruhe vor dem Sturm.

Liebe Elisabeth, das Schiff hält es nicht mehr lange aus und alle sind so müde von dem Tag. Meine Liebste, ich habe habe Angst……“


Zufrieden nickte die Angst, als ob der Brief an sie gerichtet gewesen wäre. Nun fasste die Angst hart die Schreibhand des Seemanns an und so fing seine ganze Hand an zu zittern. Die Schrift wurde krakelig und der Seemann schaffte es mit diesem Zittern und dem enormen Zuwachs an Angst nur noch den einen Satz zu beenden:

„vor dem sterben.“

Unter Tränen rollte der Seemann das Papier zusammen, steckte es in die Flasche und schob den Korken so tief wie möglich rein. Die Tränen zeugten davon, dass der Seemann seiner Liebe noch mehr zu schreiben hatte, aber es mochte es unter dieser Angst nicht mehr. Währenddessen dachte die Angst mit Schadenfreude, dass ausgerechnet die Angst ihm vor dem Sterben Gesellschaft leisten kann. Anschließend ging der Seemann aufs äußere Deck und sah wie die Wellen immer höher wurden. So nahm er seine Flasche und war kurz davor sie ins Meer zu schmeißen, aber davor wollte er noch ein Gebet sprechen. Die Angst wiederrum schüttelte an der Hand des Seemann und ließ die Flasche dadurch so fallen, dass sie Fast am Schiff aufprallte, aber es dennoch überstand. Weinend schrie der Seemann, dass er vor lauter Angst, die er habe nicht mal ein Gebet sprechen könne. So lief auch dieser Seemann weg und schrie, dass er sterben werde.

Statt dem Seemann faltete die Angst ihre Hände, als würde sie beten und sagte: Die Angst, lieber Gott ist zum Glück nicht mit den Hochmutigen. Der Hochmut kommt vor dem Fall und nach dem Fall die Angst.

Langsam streifte die Angst zu der Brücke und dort angekommen fand sie alle Seemänner. Manche versuchten das Schiff bei den immens hohen Wellen zu steuern, viel harrten aber in einer Ecke und manche, ja manche versuchten jene die Angst hatten, zu motivieren und ihnen Hoffnung zu geben. Gerade diese Menschen hasste die Angst am meisten, sie waren wie Säure auf seinem Antlitz aber die Angst wusste, dass sie siegen würde. Doch die hoffnungsvollen Menschen ärgerten die Angst und so erschien ein grelles Licht. Geblendet wendete sich die Angst ab und aus dem grellen Licht erschien ein kleines Mädchen mit blonden Haaren, es war die Hoffnung.
Als die Angst sich wieder zurückwendete, sprach die Hoffnung während sie anfing die Männer mit Streicheln Hoffnung zu geben: Halli Hallo, die Hoffnung ist gekommen, zwar spät, aber hellerstrahlt.

Langsam fingen die Seemänner an optimistisch zu werden steckten die anderen damit an. Sie dachten sich, dass ein Sturm auch nur eine kurze Laune der Natur sei. Murrend sprach die Angst zu der Hoffnung, dass der Sturm immer schlimmer werde und die Menschen bald auf hoher See sterben würden. Er hatte die Hoffnung schon oft gesehen, aber allzu selten wirken gesehen. Lächelnd parierte die Hoffnung, dass sie nicht sterben werden, wenn sie nur daran glauben würden.

Die Angst meinte murrend dass die Hoffnung nur eine ekelhafte Illusion sei, welche die Menschen davon abhalte die Realität zu sehen. Frech stupste die Hoffnung ihn an und sagte: Die Hoffnung ist das Leuchtfeuer, mit dem sich die Menschen eine eigene Realität schaffen können.
Langsam gaben die Fenster der Brücke nach und zerbrachen schließlich. Unmengen an Wasser der Wellen füllte die Brücke, zerstörte alle technischen Geräte und spülte die Seemänner an die Wände. So nutze die Angst ihren Moment und berührte alle, damit sie Angst haben, Angst vor dem Wasser und Angst vor dem Tod.
Die Hoffnung wollte eingreifen und den Seemännern wieder Hoffnung geben, doch die Angst nahm einen Dolch aus seinem Oberteil und stach der Hoffnung in die Brust mitten durch Herz.

Die Hoffnung strauchelte, viel zu Boden und so nahm die Angst den Kopf der Hoffnung, hielt ihn in Richtung der gebrochenen Fenster und sprach: Sieh du ekelhafte Illusion, der Sturm und die Wellen sind größer und höher als du und noch viel höher ist die Angst, die diese Seemänner vor dem Tod haben. Die ganze Brücke ist geflutet, so bald auch das ganze Schiff und in dieser Flut werden die Leute und natürlich auch du sterben. Dieses Schiff wird für die Seemänner und dich der Sarg werden.

Aus der Wunde der Hoffnung sickerte flüssiges Licht und mit ihren letzten Atemzügen sagte sie: Die Hoffnung stirbt zuletzt, also bleibe ich hier und sterbe auch als letztes.
Befriedigt meinte die Angst, dass es so gut sei und so ging die Angst leise von Bord, um zumindest den Tod an sich für die Seemänner angenehm zu machen.
Währenddessen sah er ein letztes Mal zurück zu den sterbenden Seemännern und der Hoffnung. Die Hoffnung lächelte und die Angst konnte nur den Kopf schütteln und so verschwand sie spurlos.

Am nächsten Tag wurde das zerstörte Schiff an die Küste gespült. Alle waren gestorben und nur ein paar Leichen gab es. Was auf dem Schiff nicht gefunden wurde, war die Leiche der Hoffnung, sie ist leise bis zum letzten Mann geblieben und starb dann friedlich.

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