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geschrieben von Oscar Trif (Literat0000).
Veröffentlicht: 09.06.2023. Rubrik: Nachdenkliches


Das Requiem der Vernunft

Deprimiert wachte eine Frau in ihrem kleinen Haus auf, als sie die Augen öffnete, schließ sie diese gleich wieder, für sie war eine Zeit des Leides angebrochen, denn es war der Tag vor Valentinstag. Die Frau hasste diesen Tag, denn entgegen ihrer Freundinnen hatte die Frau keinen Gatten gefunden und saß Jahr für Jahr an Valentinstag in ihrem kleinen Haus und schmollte über ihr ewiges Dasein als Single. Die einzige Freude für die Frau war, wenn ihre Mutter ihr zu Valentinstag eine kleine Rose brachte, die sie von ihrem Gatten bekam, sonst schaute die Frau nur auf diese Rose und sah wie ihr Herz mit den Blüten der Rose verwelkte. Immer wieder sah die Frau in den Spiegel und sah immer mehr Gründe dafür, dass sie noch keinen gefunden hatte: ihr Gesicht ist zu unrein, ihre Kleidung zu lumpig, ihre Figur zu fett und ihre Persönlichkeit zu pessimistisch. Nachdem die Frau bis in den späten Mittag versuchte zu schlafen, entschloss sie sich nach Draußen zu gehen, einfach in das Getümmel der Menschen und ihre Gedanken freizubekommen, so würde der morgige Valentinstag sicher erträglicher werden. Ohne richtiges Ziel schlenderte die Frau in die Stadt rein und dort bot sich ein Bild, dass man nur allzu selten sah. Frauen und Männer liefen mit allerlei Geschenken und Blumen wild durch die Stadt und achteten darauf nicht vom Partner gesehen zu werden. Es waren prachtvolle Blumensträuße, feinste Schokolade, Handarbeiten und allerlei ulkige Geschenke dabei, jeder nach seinem Empfinden für den Partner. In dem ganzen Trouble bemerkte die Frau nicht, dass ihre beste Freundin und ein paar andere Frauen sie gesehen und gerufen haben. Ganz verlegen geht die Frau auf die Gruppe ihrer Freundin zu, die alle zu Geschenke und schöne Kleider für den morgigen Tag gekauft hatten. Fast schon runterziehend schaute die Gruppe das Gesicht der Frau an und versuchten sie damit zu motivieren, dass der Richtige schon irgendwann kommen wird. In den Worten die die alte Frau an sich vorbei rauschen hört, vernimmt sie ein Gemurmel einer Frau in der Gruppe die meinte, dass es eine Legende gäbe, nach der man heute bei Mitternacht in der Kirche am Stadtrand im Mondschein auf Amor, die Personifizierung der Liebe trifft und er dann einen Partner für einen auswählt. Plötzlich hörte die Frau der Legende mit großer Faszination zu und fragte ob sie ja auch wirklich wahr sei. Die Frau aus der Gruppe sagte, dass sie das nicht weiß, es ist ja immerhin eine Legende. Aufgeregt verabschiedete sich die Frau von der Gruppe ihrer Freundinnen, ihre Freundinnen standen ganz verwirrt da und befürchteten, dass die Frau nun wirklich an die Legende glaube.
Die Frau wiederrum rannte Nachhause, begann sich schick zu machen, denn diese Legende war für sie jetzt das einzige an das sie sich festhalten konnte. Sie sagte sich, dass sie es einfach probieren muss, auch wenn es nicht klappt, so kleidete, schminkte und frisierte sich die Frau so schön wie möglich. Eine halbe Stunde vor Mitternacht machte sich die Frau auf den Weg zur Kirche, sah zu ihren kleinen Haus zurück und versicherte sich, dass da bald endlich gelebt und geliebt wird. In der Kirche angekommen sah die Frau inmitten der Kirche einen kleinen mondbeschienenen Platz, doch zögerte sie sich auf diesen Platz zu setzen, auch war es nach ihrer Taschenuhr noch nicht Mitternacht. Fast penetrant verfolgten die Augen der Frau die kleinen Zeiger der Taschenuhr. In der Kirche war es absolut still, doch schienen die Zeiger zu schreien, als sie sich der Mitternacht näherten. Aufgeregt saß sich die Frau auf den mondbeschienenen Platz, konzentrierte sich auf den Mond, der durch das farbige Kirchenglas schien und zählte in Gedanken die Sekunden bis Mitternacht. Als dann Mitternacht war, erhellte ein greller Blitz die Kirche und da flog er, vor den Augen der Frau, es war eine eine kleine Engelsgestalt, ganz blass mit Flügeln und Pfeil und Bogen, es war wahrlich Amor. Die Frau konnte nicht fassen was sie sah, die Legende war wahr und Amor war da. Plötzlich begann der Amor zu sprechen und fragte was der Frau Begierde ist. Die Frau entgegnete fast mit einer für dieser Situation überraschende Klarheit, dass sie einen Mann möchte, so willens wie ein Ritter, so romantisch wie eine Rose und einer Haut wie aus Porzellan. Der Amor antwortete mit einem Kichern, dass er das arrangieren könnte, doch auch, dass das nicht gratis wäre, sie müsse ein Opfer bringen. Hysterisch antwortete die Frau, dass sie alles für den perfekten Mann opfert, denn ein Mann könnte das alles wieder wett machen. Der Amor kicherte noch stärker und sagte, dass er im Austausch der Liebe die Vernunft der Frau haben will, denn unbedingte Liebe sei nur ohne Vernunft möglich. Ohne darüber nachzudenken willigte die Frau ein und alsbald schoss Amor seinen ersten Liebespfeil in ihr Herz, die Frau strauchelte, fiel zu Boden und bevor sie in Ohnmacht verfall vernahm sie noch die Worte des Amors, dass sie einen Geliebten habe, wenn sie wieder aufwacht. Als die Frau zu Boden fiel, machte sich der Amor mit einem ständigen Kichern auf die Suche nach einem Mann für die Frau. Schnell huschte er durch die Nacht durch ein kurzes Waldstück, dort sah ein Jäger den Amor durch die Nacht fliegen und dachte dass der Amor ein besonderer Vogel war. Der Jäger nahm sein Gewähr, schoss auf den Amor und traf ihn zweimal in die Brust. Daraufhin stürzte der Amor in den Wald ein und als der Jäger an die Absturzstelle rannte, um die erlegene Gestalt zu begutachten, war die sterbliche Hülle des Amors schon verschwunden und der Amor war wieder in den Himmel zurückgekehrt. Nun war Amor ans Himmelreich gebunden, bis er eine neue sterbliche Hülle bekommen würde und konnte somit seinen Auftrag nicht vollenden. Am nächsten Morgen wachte die Frau auf einer Liege in der Kirche wieder auf, neben der Liege saß eine Nonne und sah sehr überrascht zur Frau als sie wach war. Die Nonne erzählte, dass sie sie bewusstlos in der Kirche gefunden hat. In ihrer ganzen Verwirrung reagierte sie fast garnicht, doch mit einem mal sprang sie aus dem Bett und begann die Nonne zu betören und sie zu fragen, ob sie ihr auserwählter Partner ist? Die Nonne verneinte dies, doch machte die Frau mit ihren unsittlichen Berührungen weiter. Amor hatte ihr Herz für unbegrenzte Liebe geöffnet, doch hat er es nicht geschafft die Liebe der Frau zu binden, und somit prallt ihre Liebe wie ein Sturm auf alles und jeden. Plötzlich stieß der Pfarrer zu der Kirche zu, da er den Krach gehört hatte und sobald die Frau den Pfarrer sah, sprang sie auch auf ihn, berührte ihn zärtlich und fragte ihn ebenfalls, ob er ihr Gemahle sei. Der Pfarrer und die Nonne verstanden die Situation garnicht und deshalb schmissen sie die Frau aus der Kirche raus. Die Frau erinnerte sich, dass heute Valentinstag ist und sie alle Menschen, Lebewesen und Dinge mit ihrer Liebe überschütten sollte. Ihr Handeln kümmerte sie garnicht und sie schaute auf das Gras, auf die Bäume, die Häuser und die Kirche aus der sie eben rausgeschmissen wurde und liebte alles davon. Sie wälzte sich im Gras mit unermesslicher Liebe und tat es ebenso auch an Häuser und Bäumen usw. In der Innenstadt angekommen schmiegte sich die Frau mit ihrer Liebe an alle Menschen die sie gesehen hat und jede weitere sittliche Berührung, sei es denn Mann oder Frau, jung oder alt schockierten die vorbeigehenden Leute immer mehr. Alle Leute standen im Kreis und die Frau kannte einfach kein Halten, selbst ein Baby nahm sie der Mutter weg und drückte es so stark, dass sie es fast verletzte. Mittlerweile hatten Passanten ein paar Polizisten alarmiert, die die Frau dann fixierten, verhafteten und sogar die Frau schlugen, um die ruhig zu stellen. Sogar das liebte die Frau, die brutale Stärke der Polizisten, das kalte Gefühl der Handschellen und sogar die forsche Art, mit der die Polizisten mit ihr umgingen. Letztendlich schloss man die Frau in eine Zelle ein und da sie immer wieder Polizisten sittlich belästigte, schloss man sie bis an ihr Lebensende ein. Es gab kein Leben, sogar kein trauriges Leben für das Haus der Frau mehr und keine Rose der Mutter, die sie an dem Tag ansehen konnte, doch machte ihr das nichts, sie hatte das schon vergessen. Amor sah vom Himmel auf die Frau und dachte sich kichernd, dass sie sich auch bevor die Frau den Pfeil in ihr Herz bekommen hat, sich nicht selbst geliebt hat.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von ehemaliges Mitglied am 13.06.2023:

Das ist eine traurige Geschichte. Ja, das eigene Glück beginnt damit sich selbst zu akzeptieren und zu lieben wie man ist.
Hab ich gern gelesen.

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