Veröffentlicht: 24.04.2025. Rubrik: Persönliches
*Anno Dazumal: 'O Lemberg'
Als ich, gerade dreijährig, meinen Puppenwagen im Garten spazieren fuhr, kippte er um auf dem holperigen Wegerl, sodass meine Puppe Monika zu Boden fiel, mitsamt allen Kissen und dem Babyfläschchen. Mein Kinderstimmchen ertönte: „Lecke Ars, lecke Ars!“, zum Entsetzen meiner Eltern. „Wenn wir es so oft schreien, dass es die Kleine schon sagt, müssen wir was ändern“, hieß die Devise. Gesagt, getan. Fortan einigten sie sich darauf, stattdessen „O Lemberg“ auszurufen, wenn die Kugel beim Kegelscheiben den letzten Eckkegel, den Bohrer, verfehlte, oder gar, statt dem Kranz, den König in der Mitte erwischte. Alle hielten sich daran, nur der Poxleitner, ein Zimmerherr, wurde ab zu rückfällig.
Wir hatten einen Garten, für einfache Leute wie uns sogar einen ziemlich großen Garten, der voller Bäume stand. Eine riesige Linde gab es da, drei Birken, Ahornbäume zur Straße, Fichten zum Nachbarn, Zwetschgenbäume, einen Essigbaum, und mittendrin einen freien Platz mit einer Trauerweide. Um die Trauerweide herum eine buntgestrichene Bank, auf der wir gern saßen. Von einem ausladenden Ast der Trauerweide hing ein schwingendes Drahtseil herab, mit einer Kegelkugel aus Holz, über einem geteerten Einsatz schwebend. Abends spielten die Erwachsenen gerne Kegelscheiben. Man hörte die fallenden Kegel in der Abenddämmerung durch die ganze Nachbarschaft scheppern. Fielen sämtliche, folgte ein einheitlich gerufenes: „Alle Neune!“ hinterher, und wenn die Kugel knapp vorbeischwang, ins Leere, eben ein kräftig, deftiges: „Ach, leck mich doch am Arsch!“, vor allem vom Poxleitner. Solange jedenfalls, bis sogar ich, 'die Kloa', diesen Ausdruck schimpfend verwendete.
Der Ausdruck „O Lemberg“ wurde im Laufe der folgenden, häuslichen Kegelrunden schließlich für mich, in meinen kindlichen Ohren, zu einem ganz üblen Schimpfwort. Die Lemberger mögen es mir bitte verzeihen, dass ich die Geschichte wahrheitsgetreu wiedergegeben habe; ich habe keine Ahnung, wie die erwachsenen Bewohner unseres Hauses auf dieses schöne Städtchen gekommen sind, gar keine. Das Lieblingsschimpfwort meiner Tante hieß dagegen: „Oh, Kartoffelsack!“, was neutraler gewesen wäre.

