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geschrieben 2025 von VerzweifelterAutor.
Veröffentlicht: 25.04.2025. Rubrik: Menschliches


Sprachlos (Die Waffe "Warum" teil 2)

"Marie hat abgeschrieben."
"Was? Echt jetzt?!"
"Ja! Und als man ihr das unterstellt hat, hat sie Frau Schneider mit einer Unterhose abgeworfen!"
"Ich frag mich einfach nur, wie man bitte in DEUTSCH abschreibt!"
"Isso."
Wir hatten gerade die letzte Vergleichsklausur vor den Ferien beendet. Sandra, mit der ich mich unterhielt und in die chaotische Parallelklasse ging, hatte eben wieder ein krasses Schauspiel erlebt. Glücklich den Schulweg entlangspazierend ging unser Gespräch etwas weiter und wir unterhielten uns über unsere Vorhaben während der Ferien.
"Ich fahr' nach Schweden, wo meine Tante wohnt. Sie ist da mit 26 hingezogen, weißt du?"
"Das ist cool.", erwiederte ich.", "Was machst du denn dort? Und sonst noch?"
"Naja, wir wollen umbedingt Stockholm besichtigen. Ansonsten bin ich zuhause und will umbedingt ins Frei-"
"Sandra!", zischte ich. "Schnell, ins Gebüsch!"
"Warum, was i- oh, ach du Scheiße.", antwortete sie hochblickend. Sie zog an meinem Ärmel und wir hockten uns in das Gebüsch am Wegesrand. Leise warteten wir ab, bis die telefonierende Figur an uns vorbeigeschlendert war. Es war keine andere als Wiebke Friedbacher.
"Aaalter... das war knapp, Mann."
"Ja, ne? Jede Woche Iabert die mich mit irgendeiner Scheiße voll."
"Hast du die Sache mit Jürgen eigentlich erklären können?"
"Leider ja"
"Und, was hat sie gesagt?"
Ich imitierte: "Ich habe zwar nichts gegen Schwule, aber die sind... so... schwul."
Sandra zersprang in Gelächter und konnte sich schlussendlich vor Lachen nicht mehr halten. "Sie hat WAS gesagt?!"
"Ich weiß, ne?", langsam musste ich auch etwas kichern. Plötzlich kreischte eine schrille, greisenhafte Stimme uns nach: "Leeeenachen! Ja grüß dich doch! Und wer ist deine Freundin?"
Ich schluckte wiederwillig und antwortete mit einem falschen Lächeln: "Wiebkeee! Na, ich hab dich noch gar nicht gesehen, du! Das ist Sandra!"
"Hallo.", winkte Sandra kleinlaut.
"Na, erzählt mal", Wiebke trat uns näher und blieb vor uns stehen. "Wie Iäuft die Schule?"
"G-gut, danke. Wie läuft..."
Sie blickte mich erwartungsvoll an.
"...das Rentnertum...?", fragte ich.
"Ach!", seufzte sie zufrieden. " Wunderbar, wirklich Wunderbar! Eben wie die Ietzte Woche, hab ich Recht?"
"Morgen ist unser letzter Schultag.", sprang Sandra ein. "Dann haben wir Ferien."
"Erfreulich, erfreulich!", staunte Wiebke. "Und wie Iäuft es in der Jungswelt?"
Ich hatte immernoch keinen Freund und hatte es auch nicht bald vor. Klar, wenn es passieren würde, würde ich mich freuen, aber es war kein ausdrückliches Ziel von mir. Ich hatte auch keine Freundin, aber in die Richtung schwang ich nicht. Und auch wenn, hätte ich das nie vor Wiebke offen zugegeben.
"Ich habe immernoch keinen Freund, Wiebke."
Doch ich war bereit, sie reinzulegen.
"Aber sie hat 'ne Freundin!"
Sandra grinste mich mit einem Seitenblick an.
"Ja!", rief sie aufgeregt. Offenbar dachte sie wie ich.
"Ihr Name ist Lotta.", sprach sie seIbstbewusst.
Tatsächlich hatte Sandra keine Freundin. Im Gegenteil, einen Freund. Aber sie konnte verdammt gut schauspielern.
"Wir sind seit acht Monaten zusammen!", redete sie weiter.
Wiebkes Gesicht zog sich zusammen und Sandras Lügen wiederten sie sichtlich an. "Lena.", lüftelte sie, "Wir sehen uns später, im Cafe."
Sie schreitete zügig weg und als sie verschwand, fing unser Lachen erneut an.
"Kann nicht glauben, dass sie uns abgekauft hat!", lachte Sandra.
"Du bist einfach glaubwürdig!", lachte ich zurück.
So machten wir uns auf den Weg nach Hause und ich zog mich dort um, um Wiebke zu treffen.
Beim Cafe angekommen war Wiebke noch nicht da. Ich bestellte einen Schwarztee und ein Erdbeer-Pfirsich-Törtchen. Ich begann zu essen, aber ich bekam nicht aus dem Kopf, welchen Anschiss ich später bekommen würde, nach ihrer Ankunft. Als sie dann tatsächlich durch die Tür trat, schien sie sich beruhigt zu haben. Ein gutes Zeichen. Wortlos setzte sie sich und atmete tief durch. "Du weißt, ich-"
"- hab nichts gegen Lesben, aber?", ergänzte ich.
"Ja, ja, genau. Die sind halt... wie soll ich das sagen? Die sind so... lesbisch...? Lesbisch! Ja, die sind lesbisch!"
Ich lachte auf- fast grunzend- und sagte: "Welch eine neue Erkenntnis."
"Das- das ist nicht lustig! Und ich möchte, dass du anständige Freunde hast, und nicht welche die- die Iul oder schwesbisch- ich mein, schwul oder lesbisch sind.", stotterte sie, zu schnell für ihre eigenen Worte.
"Wie kann es dann sein, dass du nichts gegen sie hast?", fragte ich interessiert.
"Also."
Schweigen.
"Jaaaaa...?"
"Also sie. Sie sind. Also sie..."
"Ja, Wiebke?"
"Schau mal. Sie sind einfach so... einfach so lesbisch, weißt du? Und ich möchte nicht, dass du davon ...wie sag ich das denn... angesteckt wirst."
"Angesteckt?"
"Ja, angesteckt."
"Und wie soll das gehen?"
"Ich bin jetzt kein Arzt, aber das ist auch egal. Naja. Und wie geht es denn diesem Jürgen? Ist er denn noch... schwul?"
"Also er hat nicht damit aufgehört."
"Achso. Tja."
Wiebke hatte keine Worte. Ich glaube, wäre ich selber lesbisch, hätte sie mich so sehr verletzt. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie sowas für jemanden wie Jürgen klingt.
"Ich werde nicht einfach meine Freundschaften kündigen."
"Aber den hast einen GRUND dafür. Einen GUTEN Grund."
Das wars. Ich wütete.
"Wiebke", sagte ich ruhig. "Stell' dir vor, jemand wäre nicht mit dir befreundet, oder gar dich nicht bedienen, oder sogar dir aus dem Weg gehen, nur weil du alt bist?"
Sie hatte ein erschrockenes Gesicht. "Lena! Das ist- also das ist wirklich unhöflich..."
Es war mir so egal.
"Das reicht mir! Ich- ich rufe deine Mutter an und dann sag' ich ihr- dann sag ich ihr- ach!"
Sie sprach immernoch unsicher und beendete nicht einmal ihren Satz. Sie griff nach ihrem Handy und wählte die Nummer meiner Mutter. Es klingelte.
"Hallo?", ertönte ihre Stimme.
"Ich möchte nicht, dass Lena mit ihren Freunden befreundet ist, sie-"
"Rauchen sie?"
"Nein."
"Machen sie Drogen?"
"Nein, aber-"
"Dann RUHE!"
Sie legte auf.
"Sie ist heute in der Spa.", begründete ich.
"Ah.", sagte Wiebke leise.
Sie gab sich geschlagen. Endlich.
"Ich gehe nun. Und du, äh... du kündigst die Freundschaft."
Ihr letzte Satz klang eher wie ein Vorschlag statt ein Befehl. Ich sah zu, als sie aufstand und die Tasche in die Hand nahm. Sie kehrte der Tür zu und schlüpfte durch den Schlitz.

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