Veröffentlicht: 14.08.2025. Rubrik: Fantastisches
Der tote Oger – Ein Fantasy-Krimi
In dem schummrigen Verhörraum des Polizeidepartments von Fantasy-City ging der Polizist nachdenklich auf und ab.
An dem Verhörtisch saß eine Fee und verfolgte mit großen Augen seine Bewegungen.
Sie hatte blonde Haare, die ihr wirr ins Gesicht fielen, und durchscheinende Flügel, die gelegentlich nervös flatterten.
„Glauben Sie wirklich, ich könnte eine Axt so schwingen, dass ich damit einen Oger töten könnte?“, fragte sie, mit etwas Verzweiflung in ihrer Stimme. „Ich habe eine ganz fürchterliche Nacht hinter mir und das letzte, was ich jetzt will, ist, in irgendeinen Mordfall verwickelt zu werden.“
Der Polizist blieb stehen und strich sich nachdenklich über den Schnurrbart.
Dann meinte er: „Das ist ein guter Einwand. Wie Sie das gemacht haben, weiß ich noch nicht. Aber Sie sind nun einmal die Tatverdächtige. Oger und Feen vertragen sich nicht so gut. Nicht zuletzt, weil Feen Menschen wohlgesonnen sind und Oger dazu neigen, sie zu fressen. Aber vor allem wissen wir, dass es in dem Hotel eine Auseinandersetzung zwischen ihnen gegeben hat.“
„Diese Auseinandersetzung bezog sich darauf, dass sie das Zimmer doppelt belegt hatten. Das hatte nichts mit dem Oger zu tun. Wir haben einfach beide dasselbe Zimmer bekommen. Das ist die Schuld des Hotels“, verteidigte sich die Fee. „Außerdem, warum bin ich Ihre Tatverdächtige? Was ist mit dem Werwolf?“
„Ja, der ist als Nächster dran“, sagte der Polizist. „Im Moment sind Sie beide zu gleichen Teilen tatverdächtig.“
Er setzte sich der Fee gegenüber an den Tisch. „Aber bevor ich den Werwolf gleich befrage, erklären Sie mir doch, wie Sie das Problem mit dem doppelt belegten Hotelzimmer gelöst haben.“
„Die Frau am Empfang hatte uns erklärt, dass sie kein Zimmer mehr frei habe. Ich war zum Umfallen müde und wollte einfach nur einen Platz zum Schlafen. Doch wie Oger so sind, beharrte er auf sein Zimmer. Dann schlug die Rezeptionistin vor, wir könnten uns das Zimmer teilen. Es gäbe dort ein Sofa. Einer könne im Bett und einer auf dem Sofa schlafen.“
„Und sie haben das Angebot angenommen?“, fragte der Polizist nach.
„Wie ich schon sagte, ich war zum Umfallen müde und sie versprach uns, es nichts kosten zu lassen“, erklärte die Fee. „Und dann tauchte dieser Werwolf in der Lobby auf und hat eine Szene gemacht.“
„Richtig der Werwolf“, meinte der Schnauzbärtige und blätterte durch seine Akte. „Hier steht, er war ebenfalls auf dem Zimmer.“
„Er hatte eigentlich ein anderes Zimmer, aber dort hatte wohl der Vormieter so viel verwüstet, dass es nicht mehr bewohnbar war. Und nun bestand der Werwolf auf ein anderes Zimmer. Aus irgendeinem Grund war er der Meinung, ihm würde ein Zimmer zustehen.“
„Und Sie wollen mir erzählen, dass sie zu dritt in einem Hotelzimmer übernachtet haben?“, fragte der Polizist nach.
Die Fee zuckte mit den Schultern. „Was soll man sonst machen? Hier gibt es nicht gerade viele Hotels. Jedenfalls keine, die Übernatürliche beherbergen.“
„Wo war der Oger, als Sie aufgewacht sind?“, interessierte sich der Polizist.
„Er war nicht mehr im Zimmer“, berichtete die Fee. „Ich bin davon ausgegangen, dass er das Hotel schon verlassen hatte.“
„Sie haben nicht mitbekommen, dass der Oger gegangen ist?“, zweifelte der Polizist.
„Nein, hab ich nicht“, beteuerte sie.
„Nun gut.“ Der Polizist klappte die Akte zu und entließ die Fee, um den Werwolf zu befragen.
Des Werwolfs schwarze Haare standen ähnlich wirr in alle Richtungen wie die der Fee zuvor. Anders als bei der Fee schien das bei ihm allerdings der Normalzustand zu sein.
„Sie hatten also ein unbewohnbares Zimmer erhalten?“, fragte der Polizist.
„Ja. Da war wohl vorher eine Wassernymphe drin gewesen. Jedenfalls stand es komplett unter Wasser. Damit hätte ich ja noch leben können, wenn nicht auch das Bett wasserdurchtränkt gewesen wäre“, beschrieb der Werwolf.
„Da haben Sie sich lieber ein Zimmer mit einer Fee und einem Oger geteilt?“
„Ich hatte das Zimmer schon im Voraus bezahlt und eine Zimmergarantie abgeschlossen. Ich weiß doch, wie schwierig es in dieser Stadt ist, ein Zimmer zu bekommen“, verteidigte er sich.
„Und dann haben sie sich mit dem Oger gestritten?“, hakte der Beamte nach.
„Nein. Die Fee hat sich mit dem Oger gestritten“, berichtete der Werwolf. „Wir waren uns einig, dass der Oger das Bett bekommt, wegen der Größe. Ich bezog das Sofa und die Fee hat irgendwo noch eine Ecke im Bett gefunden, die der Oger nicht eingenommen hatte. Und dann haben sie sich darüber gestritten, wie ihr Umgang mit Menschen ist. Der Oger war eigentlich ein ganz ordentlicher Kerl. Aber er fraß nun mal gerne Menschen und die Fee konnte das gar nicht verstehen. Ich bin da eher tolerant. Ich meine, ich war auch mal ein Mensch. Aber Oger sind eben so. Da muss man doch keinen Aufriss drum machen. Das fand der Vampir auch.“
„Der Vampir? Welcher Vampir?“
„Na, der Vampir, der im Zimmer war. Wir kamen in das Zimmer und es war offenbar leer. Aber gerade als wir uns einrichten wollten, baumelte er kopfüber vom Baldachin. Die Fee hat vor Schreck so laut geschrien, dass ich fast taub geworden bin – und er aufgewacht ist“, schilderte der Werwolf.
„Und wieso, war da ein Vampir?“, wollte der Polizist wissen.
„Keine Ahnung. Er meinte nur, er wäre zuerst da gewesen, und wir waren zu erschöpft, das zu hinterfragen. Da er es bevorzugte, von der Decke zu hängen, stellte er ja auch kein Platzproblem dar.“
Der Polizist raufte sich die Haare. Dann ging er zur Tür und verlangte von seinen Kollegen, ihm den Vampir zu bringen.
Kurze Zeit später saß der Vampir still dem Polizisten gegenüber. Er war in ein schwarzes Gewandt gekleidet und hatte ordentlich zurückgekämmte Haare.
„Sie waren bereits in dem Zimmer, als Fee, Werwolf und Oger hereinkamen?“, vergewisserte sich der Polizist.
Der Vampir nickte.
„Warum waren Sie da?“, wollte er wissen.
„Ist das relevant?“, entgegnete der Vampir.
„Vielleicht.“
„Ich suchte einen ruhigen Platz zum Schlafen“, erklärte der Vampir. „Aber das mit dem ruhigen Platz hatte sich ehrlich gesagt erledigt, nachdem mich erst der Schrei der Fee geweckt hat und sie sich dann mit dem Oger gestritten hat.“
„Davon hörte ich. Wie verlief der Streit?“ Der Polizist lehnte sich aufmerksam zurück.
„Nun, die Fee sah sich in der Minderheit, nachdem ich meinte, gelegentlich mal von einem Menschen zu naschen, wäre nicht schlimm. Ich glaube, sie war eingeschnappt und hat dann versucht, zu schlafen.“
„Ist ihnen eine Axt bei einem der Beteiligten aufgefallen? Oder war eine im Raum?“, fragte der Polizist.
„Nein, warum?“
„Weil wir den Oger mit einer Axt erschlagen aufgefunden haben“, erläuterte er.
„Sicher, dass es eine Axt war?“, wollte der Vampir wissen.
„Sie steckte noch in seinem Kopf, als wir ihn im Zimmer 108 fanden“, stellte der Polizist klar.
„Warum verdächtigen Sie uns eigentlich? Wir waren doch alle in Zimmer 102?“, wunderte sich der Vampir.
„Sie sind die einzigen, die mit dem Oger in Verbindung stehen“, meinte der Polizist und strich sich über den Schnauzer. „Haben Sie mitbekommen, wann der Oger gegangen ist?“
„Ja. Nachdem sie mit Streiten aufgehört hatten, begann der Werwolf zu schnarchen. Und ich sage Ihnen, ich habe schon viele Leute schnarchen gehört, noch nie hat einer so geschnarcht wie er“, berichtete der Vampir, während er stocksteif auf seinem Stuhl saß. „Der Oger war jedenfalls völlig entnervt. Er kam gerade aus dem Steinbruch und hatte sich auf etwas Erholung gefreut. Er erzählte, dass es sein erster Urlaub seit einem Jahr war und er in der Stadt mit seinem Cousin verabredet war. Sie wollten es sich richtig gut gehen lassen und so richtig einen draufmachen. Aber er war erschöpft von der Arbeit und der langen Reise und wollte sich erst gründlich ausschlafen. Und nun war da dieser nervtötende Wolf. Ich war selbst kurz davor, ihm die Kehle durchzubeißen. Dann ist der Oger aufgestanden und wollte sich woanders einen ruhigeren Platz suchen.“
„Und dann ist er in Zimmer 108 gegangen?“
„Vermutlich“, stimmte der Vampir zu.
„Und die Fee?“, fragte der Polizist nach.
„War inzwischen eingeschlafen und hat so tief geschlafen, dass sie nicht mal gemerkt hat, wie der Oger sie beiseitegeschoben hat, als er aufstand. Ich glaube, die war wirklich fertig.“
Es klopfte an der Tür und ein anderer Beamter kam herein.
„Wir haben eine neue Entwicklung bezüglich der Axt. Und des Zimmers 108“, teilte er mit.
„In der Decke über dem Bett ist eine Einkerbung, die zu der Axt passt, und die Rezeptionistin hat uns mitgeteilt, dass zuvor zwei Zwerge in dem Zimmer wohnten, die aber vorzeitig abgereist waren, weil sie sich zerstritten hatten. Sie waren vermutlich bereits abgereist, als der Oger in das Zimmer kam.
Die Axt wurde inzwischen als Zwergenaxt identifiziert.“
„Mhm“, brummelte der Polizist. „Danke für die Nachricht.“
Einen Moment starrte er gedankenverloren ins Zimmer. Danach meinte er: „Ich glaube, ich hab’s.“
Er sah den Vampir an. Schließlich mutmaßte der Polizist: „Vermutlich haben sich die Zwerge gestritten und dabei ist die Axt in die Decke geflogen und stecken geblieben. Der Oger kam in das Zimmer, auf seiner Suche nach einem ruhigen Platz zum Schlafen. Erleichtert, einen solchen Ort gefunden zu haben, hat er sich auf das Bett geworfen und dabei hat sich die Axt gelöst und ist heruntergefallen. Direkt auf den Oger, der daraufhin getötet wurde.“
„Das klingt plausibel“, stimmte sein Kollege zu.
Diese Geschichte ist eine Schreibübung. Ich habe mir Vorschläge von einem Generator im Internet machen lassen und diese Angaben in der Geschichte verbaut.
Themen waren:
- Charaktere sind gezwungen sich ein Bett zu teilen
- Charakter erreicht Erlösung bevor er stirbt
- Konflikt zwischen den moralischen Standards der Charaktere
vorgeschlagene Genres:
Mystery/Police Procedural + (High-) Fantasy

