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geschrieben 2019 von Noxlupus (Noxlupus).
Veröffentlicht: 21.08.2019. Rubrik: Nachdenkliches


Die Sage von Alphantis - Episode 1

In 8 Episoden – mit Prolog und Epilog.

Alphantis – Das Erstland im Unendlichkeits-Zeitalter.
Das Land, das keinen Widerstand leistete, als DIE kamen, um
ihre Sicht der Dinge, ihr Gedankengut, ihre Ideologien zu verbreiten.

(Ideologie: Das gebundene System einer Grundeinstellung, Weltanschauung und Wertung sowie politische Führungstheorien, die von den verschiedensten Gruppen auf unterschiedlichste Art erstellt worden sind und für sie die absolute Gültigkeit, sowie die einzig wahre Wahrheit darstellt.)

Episode 1
Eines Tages kamen Himmelsreisende mit ihrem Flugschiff nach Alphantis und landeten in der Stadt Xetrov. DIE Außerphantisten verließen ihr Raumfahrzeug und schauten sich sogleich alles genau an.

Interessiert wanderten DIE auf den Schotterstraßen und begutachteten die reetgedeckten, aus Baumstämmen gezimmerten Häuser, deren Fenster teilweise offenstanden und die Türen keine Vorrichtungen boten, um abgeschlossen zu werden. Die Leute, die sie unterwegs trafen, wurden freundlich gegrüßt und die Bewohner nickten mit einem Lächeln zurück. Einige von ihnen schöpften Wasser aus den Brunnen, die sich in der pflanzenreichen Stadt verteilten. Die Gebäude und die Straßen fügten sich so in die farbenprächtige Natur mit ein, als seien diese ein Teil von ihr – aus ihr erwachsen. Schließlich lief den Fremden ein Mädchen über den Weg und die Besucher sprachen es an: »Guten Tag, mein liebes Kind.«
»Einen schönen guten Tag, werte Gesellschaft, ich bin Ariana und wer seid Ihr?«, erwiderte die Kleine.
»Wir sind neu hier in der Gegend und kommen von sehr weit her. Wir möchten gerne wissen, wo man hier in dieser schönen Stadt etwas kaufen kann. Kannst du uns das verraten?«
»Kaufen?«
»Ja, kaufen, weißt du denn nicht was kaufen ist?«
Ariana schüttelte den Kopf und DIE fragten weiter: »Müsst ihr denn nie einkaufen? Etwas zu essen, Kleidung, technische Geräte, die einem das Leben erleichtern und vereinfachen. Eben all die Dinge, die man so dringend benötigt.«
»Nein, hier bei uns kann man nichts einkaufen und erleichtern … wieso erleichtern? Unser Leben ist doch nicht schwer.«
»Aber wie seid ihr denn lebensfähig, so ganz ohne die neuesten elektrotechnischen Errungenschaften?«, fragten DIE skeptisch.
»Och«, machte Ariana und schaute in den Himmel, »ich weiß auch nicht? Wir leben halt und es ist doch alles da was wir brauchen, da müssen wir nichts kaufen, schon gar keine Elektrotechnik, was auch immer das sein mag.«
»Wie, es ist alles da was ihr braucht?«, zweifelten DIE, »Du veralberst uns doch?!«
»Veralbern? Wieso sollte ich albern sein?«
»Es ist nicht zu fassen!«, staunten DIE. »Also gibt es wirklich keine Supermärkte, keine Elektrogeschäfte, keine Boutiquen. Aber wir haben doch so schöne Sachen mitgebracht, die wir gerne euren Händlern zum Weiterverkauf anbieten wollten.«
»Händler? Seid ihr Händler?«
»Ja, ganz recht. Großhändler!«, erklärten DIE und nahmen eine aufrechtere Haltung an.
»Und ihr als Großhändler braucht also Kleinhändler denen ihr was verkaufen könnt?«
»So sieht es aus. Aber sag uns doch einmal, kleine Ariana, wenn ihr keinen Kaufmannsladen und auch keinen Markt habt, wo bekommt ihr denn zum Beispiel euer Essen her?«
»Das Essen kommt zum Teil vom Spielplatz oder aus dem Wasser und dem Wald.«
»Vom Spielplatz?!«, riefen DIE verblüfft.
»Sicher, woher denn sonst? Wollt ihr ihn vielleicht mal sehen?«

***

Und ob sie wollten, ganz versessen waren DIE darauf, diese Stätte kennenzulernen und so führte Ariana die Großhändler über die Hauptstraße aus der Stadt hinaus. Auf ihrem Fußmarsch begegneten ihnen vereinzelnd Pferdewagen, die mit Holzstämmen und Reet beladen waren. Andere wiederum hatten Lebensmittel wie Brot, Obst und Gemüse bei sich. Die Pferde schritten gemütlich voran und neben ihnen ging jeweils ein Mann oder eine Frau, die das Tier an einer Leine führten. Einige Kinder liefen nebenher und winkten eifrig Ariana und ihrer Begleitung zu.

Einige hundert Meter außerhalb kamen sie an einem Platz vorbei, wo Hühner pickten und scharrten, Schafe und Ziegen grasten, sich Schweine tummelten und Kühe wiederkäuend dastanden. Das Areal war umgeben von Ställen, in denen lächelnde Frauen und Männer mit ihren Kindern die Schafe scherten, die Kühe melkten, die Eier einsammelten und die Tierunterkünfte ausmisteten.

Ein Fluss schlängelte sich von den Bergen kommend durch die Landschaft und zwei Wassermühlen verrichteten ihre Arbeit. Etwas abseits von den Tieren wurde vor einem Haus geschlachtet und in einem weiteren Gebäude befand sich die Bäckerei, die mit frischem Mehl aus den Mühlen versorgt wurde.

Nach ungefähr einem Kilometer kam Ariana mit ihrer Begleitung am Spielplatz an. Dieser bestand aus diversen Feldern, auf denen die Einheimischen fröhlich singend alles Zeitgemäße ernteten und pflegten. Auf der Obstplantage entdeckte Ariana ihre Eltern mit ihrem Bruder. Sie winkte die Familie zu sich und das Mädchen stellte die Besucher vor. Es seien Großhändler, die von sehr weit hergekommen sind und die tollsten Sachen dabeihaben, wie elektrotechnische Geräte, die einem das Leben erleichtern und nun sind sie auf der Suche nach Kleinhändlern, die ihnen alles abkaufen sollen, damit diese dann etwas haben, was sie wiederum weiterverkaufen können. Auf die Nachfrage hin, wo sie denn die Sachen herhaben, die sie verkaufen wollen, erklärten DIE, dass sie selber alles von den Herstellern und Erzeugern erworben haben.

Ebenso wenig wie Ariana zuvor, verstanden auch ihre Eltern nicht, was die Fremden genau vorhatten, beziehungsweise was sie mit dem ganzen bezwecken wollten und erklärten nun den Gästen erneut, dass doch von allem genug da sei und es irgendwie überhaupt keinen Sinn macht, etwas zu kaufen, um es dann gleich wieder weiterzuverkaufen … wieso alles drei- bis viermal kaufen und verkaufen, bis es endlich da ankommt, wo es gebraucht wird.

»Ihr seid komische Menschen! Geräte, die einem das Leben erleichtern, wie soll das gehen? Gibt es denn ein leichteres Leben, als das wir hier führen?«, lächelte die Mutter Felina schließlich und richtete ihr Augenmerk auf die Tochter, »was ist mit dir Ariana? Kommst du mit zum Spielen aufs Feld?«
»Ich glaube es ist wichtiger, diesen Leuten unseren Lebenswirtschaftsraum zu zeigen.«
»Da tust du ein gutes Werk«, bestätigte der Vater Silias.
»Und ich werde dich dabei unterstützen«, beschloss Felina.
»Aber heute Nachmittag kommt ihr beide doch mit ins Theater oder …?«, fragte der Sohn und Bruder Elias.
»Na, klar. Die neue Inszenierung werden wir uns doch nicht entgehen lassen«, antwortete die Mutter mit leuchtenden Augen.

***

Ariana und ihre Mutter spazierten mit den Großhändlern an einem See vorbei, wo einige Menschen in Ruderboten saßen und fischten. Ihre weitere Wanderung brachte die Gruppe zu einem Wald, in dem sie einige Holzfäller trafen, die dabei waren, Feuerholz zu hacken, welches von den Frauen und Kindern auf bereitstehende Fuhrwerke gestapelt wurde. Ein weiterer Trupp stellte Baumaterial her und verlud es ebenfalls auf die Wagen. Zwei Frauen, die jeweils einen Köcher mit Pfeilen und Bogen über den Rücken trugen, hatten ein Reh auf einer Trage liegen, das sie zum Schlachthaus bringen wollten.

Nach einer Weile hatten sie den Wald sowie eine Lichtung, die neu bepflanzt wurde, hinter sich gelassen und kamen am Bastelviertel an. So wurde der Stadtteil genannt, in dem sich unter anderem die Webstuben und Schneider, die Tischler und Schmiede mit dem Werkzeugmacher sowie die Töpferei befanden. Das Rohmaterial für die verschiedensten Güter kamen teilweise von den umliegenden Erzminen und Tongruben.
Von diesem Bastelviertel aus konnte man in einiger Entfernung die Wohnhäuser erkennen, da die Führung entlang der Hauptstraße verlief und diese einen Rundweg darstellte. An dieser Straße befand sich alles Lebenswichtige, wobei einige Wege von ihr abführten, worüber man beispielsweise zu den Minen und den Tongruben gelangte.

Die anwesenden Kinder versammelten sich neugierig um die Neuankömmlinge und erzählten, dass sie hier zusammen mit ihren Eltern alle notwendigen Sachen basteln würden. Befremdlich wirkte auf DIE auch hier die Vorgehensweise, wie die Leute ihre Tätigkeiten ausübten. Es schien so, als passiere die eigentliche Arbeit nebenbei.
»Wie könnt ihr alle hier nur so ruhig arbeiten? Habt ihr denn keine Termine um die Aufträge einzuhalten?«, fragten DIE.
»Arbeiten? Termine? Aufträge? Was bedeutet das alles«, fragte Felina. Doch ohne die Antwort abzuwarten sagte sie: »Wir fertigen und pflanzen das an, was gerade benötigt wird. So einfach ist das.«
»Ja, und nach ungefähr fünf Stunden wird mit dem Spielen und Basteln aufgehört«, erklärte Ariana, »und jeder nimmt sich das, was er für sich und seine Familie braucht. So ist es in ganz Alphantis.«
»Das hört sich alles so unglaublich an Felina, doch erkläre uns bitte, wie wird das alles hier denn nun finanziert?«
»Was meint ihr?«
»Wer oder wie bezahlt ihr das alles?«
»Das verstehe ich nicht, hier bei uns macht jeder das Notwendige und so muss keiner bezahlen, was auch immer das sein mag, und wir brauchen nichts zu kaufen, keiner von Alphantis. Hier gibt es viele Lebenswirtschaftsräume wie den unsrigen, jeder Ort sorgt für sich und wir besuchen uns untereinander, tauschen uns aus.«

Jetzt verstanden die Händler das System und sie sahen klagend ein, dass es hier an diesem Ort mit Namen Xetrov, ja anscheinend in ganz Alphantis, keine Möglichkeit gab, ihre Waren zu veräußern. So haben DIE es nicht geschafft, dieses Land mit ihrer Wirtschaftsideologie zu erobern, denn dieses Gedankengut glitt unbeachtet an den Bewohnern von Alphantis ab. Darum bestiegen DIE ihr Raumfahrzeug und wurden nie wieder gesehen.

Ende der Episode 1: Die Händler

Den Prolog gibt es hier:
https://www.kurzgeschichten-stories.de/t_alphantis.aspx

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