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7xhab ich gern gelesen
geschrieben 2024 von Jens (Jens Richter).
Veröffentlicht: 05.02.2024. Rubrik: Aktionen


Die Androidin (Februar-Aktion zum Thema KI)

Stürmisch klingelte es an der Haustür.
"Hier ist der Auslieferungsservice von ANDROID & KI INDUSTRIES LTD.", knarrte es aus dem Lautsprecher der Wechselsprechanlage vom Gartentor her.
Ich betätigte den Türöffner.
Nach ein paar Minuten tauchten zwei Männer in hellgrauer Arbeitsbekleidung mit einem langen Paket vor meiner Haustür auf.
Ich ahnte bereits, was sie anlieferten.
Ein erwartungsvolles Kribbeln, ausgelöst durch die Vorfreude nahm meinen Körper in Besitz.
Nachdem ich den Beiden die einwandfreie Lieferung bestätigt hatte, öffnete ich das Paket.
Da lag sie vor mir, die neueste Schöpfung des Technologieunternehmens, eine künstliche Frau.
Sie war wirklich wunderschön.
Nicht nur, weil ich sie nach dem Abbild meiner verunglückten Frau anfertigen ließ, sondern weil alle Makel retuschiert waren.
Es hatte ein reichliches Jahr gedauert, ehe ich mit den Vorschlägen der Konstrukteure richtig zufrieden war.
Ich hatte Fotos, Sprachaufzeichnungen und Videos von meiner Frau vorgelegt, nur um die Androidin so lebensecht wie nur möglich aussehen zu lassen.
Irgendwann gab es nichts mehr zu kritisieren und so bestätigte ich den Konstruktionsvorschlag der Entwickler.
Von der Freigabe bis zur heutigen Auslieferung war dann noch einmal ein Vierteljahr verstrichen.
Ich hatte so genügend Zeit, um meiner künstlichen Frau alle möglichen Kleidungstücke und Schuhe zu kaufen, was zugegeben einem kleinen Vermögen glich.
Die Konfektionsgrößen hatte ich mir noch von Lebzeiten her gemerkt.
Die Androidin selbst, hatte im Vergleich einen PKW im oberen Preissegment ausgemacht.
Aber das war sie mir wert, sollte sie mich doch für die nächsten Jahre meines Lebens begleiten.
#
Während sich ihre Akkus aufluden, studierte ich das Nutzerhandbuch.
Eigentlich war die Bedienung gar nicht schwierig, weil sie ähnlich einer ALEXA auf Sprachbefehle gehorchte.
Sie hatte auch einen integrierten Selbstlernmodus, was bedeutete, dass sie alle Eindrücke, Informationen und Tätigkeiten abspeicherte.
#
So allmählich gewöhnten wir Beide uns aneinander.
Ich hatte ihr einen Rufnamen gegeben, der dem meiner Frau zwar ähnelte, aber dennoch nicht mit ihm identisch war.
Kati, so nannte ich sie, kochte, putzte, ging einkaufen und begleitete mich auf Events meiner Firma.
Sie war freundlich und führte intelligente Unterhaltungen mit meinen Geschäftspartnern.
Ich staunte, dass die Androidin alle Wesenzüge meiner Frau verinnerlicht hatte und diese auch im Alltag anwendete.
Niemand hatte mitbekommen, dass Kati kein Mensch war.
Aber das war kein Wunder, den ANDROID & KI INDUSTRIES LTD. war schließlich der Rolls Royce unter den Technologieunternehmen.
Eine einzige Sorge hatte ich, wie werden meine erwachsenen Kinder auf sie reagieren, sah Kati doch wie ihre Mutter aus.
Wenigstens hatte ich im Vorfeld bei ihnen vorgefühlt, sodass sie wussten, dass ich mir eine Androidin als Lebensgefährtin zulegen wollte.
Auf Frauen wollte ich zukünftig bewusst verzichten, denn ich erwischte mich immer wieder damit, dass ich neue Bekanntschaften mit meiner Frau verglich.
Das verunsicherte diese natürlich und wirkte verstörend auf sie.
Andererseits hatte ich das Alleinsein gründlich satt.
#
Nachdem wir am Vorabend so eine Liebesschnulze im Fernsehen angeguckt hatten, überraschte mich Kati, als ich nach der Arbeit nach Hause kam mit gemütlichen Ambiente bei Kerzenschein.
Außerdem hatte sie für mich gekocht.
Selber aß sie nichts, da Speisereste ihren Systemen schaden konnten.
Lediglich einmal am Kaffee oder Wein genippt war technisch möglich.
Die Flüssigkeiten entsorgte sie dann wie jede andere Frau auf der Toilette.
"Wir sind jetzt ein halbes Jahr zusammen und darauf wollte ich mit dir anstoßen.", empfing sie mich verführerisch.
Dann küsste sie mich leidenschaftlich, was sich so echt anfühlte, dass ich anfangs irritiert war.
Als wäre meine Frau nie weg gewesen.
Nach dem Dinner kuschelten wir auf dem Sofa und hörten die passende Musik.
Alles wirkte so vertraut auf mich, als hätte es die lange Zeit der Einsamkeit nie gegeben.
Später gingen wir ins Bett und schliefen das erste Mal miteinander.
Keine Ahnung, ob die Konstrukteure der Androiddame einen Höhepunkt einprogrammiert hatten oder ob sie tatsächlich einen empfand.
Das Liebesspiel mit Kati war sensationell.
Nach dem Unglück, dass meine Frau aus dem Leben gerissen hatte, konnte ich für keine Frau derartige Gefühle aufbringen.
Aber nach diesem Akt wusste ich, was mir gefehlt hatte.
Als ich später aufstehen wollte, um kurz zu duschen, hielt sie meine Hand fest und sah mich mit verträumten Augen an.
"Johannes, bitte stehe noch nicht auf. Ich möchte es noch einmal."
Ich ließ mich zurückfallen und war mir plötzlich nicht mehr sicher, ob Kati wirklich nur ein Android war.

(C) Jens Richter im Februar 2024

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Weißehex am 06.02.2024:
Kommentar gern gelesen.
Hallo Jens,

ich war auf eine Geschichte zu dem Thema sehr gespannt. Ist dir gut gelungen!!

LG Weißehex




geschrieben von Jens Richter am 06.02.2024:

Hallo Weißehex,
vielen Dank, dass Du die Geschichte gelesen u. kommentiert hast.
KI ist für mich persönlich ein Albtraum-Thema, vor dem ich großen Respekt habe.
Klar kann KI Gutes bewirken, wenn sie dem Menschen in Medizin, Technik und Wissenschaft dient.
Und eben wie in der Geschichte beschrieben, um nicht mehr allein zu sein.
Aber dann lese ich, dass die KI in der Militärtechnik eingesetzt werden soll und da hört bei mir jede Sympathie auf.
Ich hatte meine Bedenken schon mal in einem Text "Gedanken zum Film Terminator" geäußert und bleibe dabei, solange wir Menschen uns die Köppe einschlagen, sollten wir es unterlassen selbstlernende Werkzeuge zu entwickeln.
Dieses Werkzeug (KI) könnte vielleicht in der Zukunft den Menschen als Bedrohung für Mutter Erde ansehen.
Womit sie sogar Recht hat...
Viele Grüße, Jens




geschrieben von Marlies am 07.02.2024:
Kommentar gern gelesen.

Lieber Jens,
Ich liebe Geschichten die mich zum Nachdenken anregen.
Würde ich wirklich solch einen Partner haben wollen ? 🤔 ......
NEIN !
Für mich käme dann doch lieber ein Hund in Frage.
Mein Mann ist nicht zu ersetzen.
Liebe Grüße
Marlies




geschrieben von Jens Richter am 07.02.2024:

Liebe Marlies,
Du hast Recht! Der Mann an Deiner Seite und die Frau an meiner Seite ist nicht zu ersetzen.
Mein Ich-Erzähler hat aber seine Frau durch ein tragisches Unglück verloren.
Er hatte die finanziellen Möglichkeiten und die Technik war auf einem Stand, die es ihm ermöglichte, sie zu kopieren.
Ich denke, das ist sein größter Liebesbeweis an sie.
Ich hatte mit der Geschichte ein anderes Thema verarbeitet, dass ich kürzlich im ÖR gesehen hatte, das Versuche unternommen werden in Altenheimen Androiden einzusetzen, die sich für die alten Leutchen Zeit nehmen.
Vielen Dank für Deinen Kommentar.
Viele Grüße von Jens




geschrieben von Stephan Heider am 07.02.2024:
Kommentar gern gelesen.
Lieber Jens
Der innere Konflikt dieser Fragen um "Ersatz" eines geliebten Menschen, den man verloren hat, ist hochgradig spannend.

In einer ferneren Zukunft werden diese Dinge möglich sein.
Ich finde sehr interessant, wie du beschreibst, das der Protagonist sehr sehr glücklich damit wird.
Ich schrieb mal eine Story, die ähnlich angelegt war, in der der Protagonist, übrigens auch in der Ich-Form geschrieben genau gegenteiliges empfunden hat. Danke für die sehr nachdenklich machende Geschichte, sehr sehr gerne gelesen.
LG Stephan




geschrieben von Jens Richter am 07.02.2024:

Lieber Stephan,
auch Dir vielen Dank für Deinen Kommentar.

Ich vertrete ja die Ansicht, dass lebensecht wirkende Androiden schon längst unter uns weilen und die eine oder andere Funktion innehaben.
Star Wars, Star Trek oder der Terminator zeigen schon jetzt, was technisch möglich ist.
Das ist längst keine Fiktion mehr.

Du hast mich natürlich auch auf Deine Geschichte neugierig gemacht.
Vielleicht kannst Du diese Geschichte nochmal in die Öffentlichkeit bringen.
Darüber würde ich mich sehr freuen.
Liebe Grüße von Jens




geschrieben von Stephan Heider am 07.02.2024:
Kommentar gern gelesen.
Hallo Jens
Die These ist mir etwas zu steil, da sehe ich die Science Fiktion-Industrie schon noch voraus, aber sie haben schon sehr oft frühe Visionen gehabt, die später selbstverständlich oder gar übertroffen wurden.
Mein Plot ist der Gedanke, den kranken Körper eines geliebten Menschen Jahrzehnte einzufrieren bis zum Heilmittel. Und was passiert, wenn ein Vater 40 Jahre später zurückkommt, aber das, was seinen Geist ausmachte, nicht transferiert werden konnte. Deine Story hat mich im Kern sehr daran erinnert.
Wenn du sie lesen möchtest, hänge ich sie gerne nochmal hier im Kommentar an.
LG Stephan





geschrieben von rubber sole am 07.02.2024:
Kommentar gern gelesen.
Hallo Jens,
deine fantasievolle und gut erzählte Geschichte gefällt mir. Mit dem Thema KI wird leider in Zukunft noch öfter umzugehen sein. Keine angenehme Aussicht, in einer Welt leben zu müssen, in der KI die Menschheit dominiert, man durch Avatare beliebig manipuliert werden kann. Aber, noch gäbe es die Chance auf Umkehr, z.B. mit Erkenntnissen aus Goethes Zauberlehrling, denn zZ. wird KI von Menschen programmiert und gesteuert, und wäre noch zu stoppen. Leider ist zu fürchten, dass es zu einer Entwicklung kommt, die Menschen nicht mehr aufhalten können, wenn KI Algorithmen autonom kreiert, wenn der Mensch überflüssig wird. Dann nützten auch keine klugen Rückschlüsse aus Zauberlehrling 2.0 mehr.
l.g.r.s.




geschrieben von Jens Richter am 08.02.2024:

Hallo rubber sole,
vielen Dank für Deinen Kommentar.
Wie es ausschaut sehen alle Schreiber und Kommentatoren die schleichende Gefahr für die Menschheit.
Jeder kann so oft wie möglich gegensteuern, in dem er öfters mal analog lebt.
Oder gelegentlich die Gockel-Algorithmen ärgert.😎
Viele Grüße von Jens





geschrieben von Jens Richter am 22.02.2024:

Hallo Marlies,
Hallo Weißehex,
Hallo Lesergemeinde,
um uns nochmal auf die Februar-Aktion zurückzubesinnen, habe ich hier mal einen interessanten Link aus dem Focus eingestellt:
https://www.msn.com/de-de/lifestyle/other/f%C3%BCr-kunstprojekt-frau-heiratet-ki-hologramm-vorgeschmack-auf-die-zukunft/ar-BB1iDuNQ
Die Zukunft hat also bereits begonnen!
Viele Grüße von Jens




geschrieben von HanaLores am 11.03.2024:
Kommentar gern gelesen.
Hallo Jens, diese Geschichte gefällt mir gut. Bin neu hier und lese aus den Kommentaren heraus, dass die Februar-Aktion um KI ging. Schade, hab ich leider verpasst. Das Thema treibt mich auch ein bisschen um. Ich halte KI für einen Spiegel der vor allem westlichen, kapitalistischen Menschenwelt. Gäbe es eine Bias-freie allgemeine KI (mit der wohl in absehbarer Zeit zu rechnen ist), wäre dies wie dem Monster einen Namen geben. Bleibt zu hoffen, dass die Vielfalt erhalten bleibt. Liebe Grüße Hana




geschrieben von Jens Richter am 11.03.2024:

Hallo HanaLores,
vielen Dank für Deinen Kommentar und das Dir meine Geschichte gefallen hat.
Ja KI ist ein leidiges Thema.
Um ehrlich zu sein weiß ich ich auch nicht, was mich geritten hat, an der Aktion teilzunehmen.
Ich dachte erst, was ist das wieder für ein Thema. Da hast Du gar keine Idee.
Aber irgendwann spukte mir der rote Faden durch den Kopf und dann gefiel mir die Geschichte auch jeden Tag ein bisschen besser.
In dem Sinne liebe Grüße, Jens

P.S. Ich glaube, dass Du immer noch eine Geschichte rund um die KI schreiben und einstellen kannst. Der schöpferischen Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.😎

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