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geschrieben 2018 von Olivia V. Bloom (olive.bloom).
Veröffentlicht: 19.08.2018. Rubrik: Spannung


Frei und Lebendig

Adam sah Ashley warm an. In ihr regte sich etwas. Ihre Wut und ihr Zorn als auch ihre Trauer waren wie weggeblasen nur durch sein Lächeln. Adams Lächeln hätte Ashley zu allem bringen können, doch alles was Adam wollte war Cora. Adam musste einfach verhindern, dass Cora von Ashley umgebracht wurde. Ashleys einzige Schwäche war Adam. Sie liebte ihn, hatte ihn immer geliebt und würde ihn für immer lieben. Das wusste Adam, ihm war das jedoch nicht so wichtig wie Cora. Cora und Adam gehörten für ihn zusammen und er wusste, dass Cora ihn ebenso sehr liebte wie er sie.
Und nun standen sie da, alle drei, direkt vor einer unendlich tiefen schwarzen Schlucht. Cora lag weinend in Adams Armen, zitternd vor Angst und mit vom Wind fürchterlich zerzausten Haaren. Adams Lächeln wurde hart und bitter, fast furchterregend verrückt auf eine bizarre Art und Weise und Ashley überkam eine Eiseskälte, wie sie sie noch nie verspürt hatte. Sie war an einem Ende angekommen. Einem Ende, dass ihr sehr gelegen kam. Sie verlor Adam nur wenige Tage, nachdem sie ihn für sich gewonnen hatte. Nichts hatte sich Ashley mehr gewünscht als Adam. Nur Adam. Für immer.
Doch nun sah Ashley in Adams Augen den puren Hass und sie wusste sehr genau, dass sie es zerstört hatte. Sie hatte die Beziehung für immer zerstört. Und für jemanden wie Ashley war dies das Zeichen des Endes.
Sie hörte tagtäglich so viele Stimmen in ihrem Kopf. Stimmen, die sie versuchte zu überhören und loszuwerden, doch sie machten sie nur noch unberechenbarer. Ashley konnte nie genau kontrollieren, was sie tat. So sehr sie auch versucht hatte, den Stimmen Einhalt zu gebieten, änderte es nichts an der Tatsache, dass sie hoffnungslos gefangen war in ihrem eigenen Körper.
Es mussten mehrere sein, vielleicht fünf Stimmen, die Ashley gleichzeitig hörte und die alles andere um sie herum ausblendeten.
Doch es gab eine Zeit vor den Stimmen. Eine Zeit so süß wie Honig und so klar wie das Meer an ruhigen Stränden.
Ashley erinnerte sich gerne an diese Zeit, obwohl sie sie schneller vergaß je öfter sie daran dachte. Es waren abgenutzte Erinnerungen, alt und unzählbar oft abgespielt wie eine Kassette. Es machte Ashley traurig, denn die Stimmen hatten auch ihren Teil daran, das sie ihre guten Zeiten, in denen sie noch klar denken konnte, vergaß. Sie waren der einzige Grund weshalb Ashley niemals mit Adam hätte glücklich werden können, denn bevor die Stimmen ihr Leben übernahmen war Ashley sogar ziemlich normal.
Nun machten die Stimmen Ashley wahnsinnig. Ihre Eltern bekamen jedoch nur wenig von Ashleys Wahn mit, so selten wie sie zuhause waren. Und das war auch einer der Gründe, weshalb sich die Stimmen so schnell breit machen konnten. Unaufmerksame Eltern, keine Geschwister und kaum Freunde, denen Ashley etwas hätte erzählen oder die hätten helfen können.
Ashley war alleine, sie war es immer schon, und die Stimmen nisteten sich in diesem traurigen Leib ein und machten ein unscheinbares Mädchen verrückt.
Niemand war unberechenbarer als Ashley. Sie konnte vom einen auf den anderen Moment plötzlich traurig sein oder wütend. Sie konnte einfach so beginnen die Seiten aus ihrem Mathebuch zu reißen oder den Stuhl durch den Klassenraum zu werfen. Und sie bemerkte es nicht einmal. Es war wie ein tranceartiger Zustand bei dem sie tat, was die Stimmen ihr sagten.
Ashley sah zwischen Adam und Cora hin und her. Tränen, heiß und kalt zugleich, liefen ihr über ihre roten Wangen und es war das erste Mal seit Monaten, dass sie den Stimmen recht gab, als sie sagten, dass sie nicht mehr leben sollte. Immer lauter wurden die Stimmen und ihre Tränen strömten wie ein Fluss über ihre Wangen ihren Hals herunter und brachten einzelne Haare dazu, an ihrer Haut zu kleben.
Ashley wollte nicht mehr. Sie konnte nicht mehr. Alles wurde ihr zu viel. Die Stimmen waren ihre persönlichen Peiniger, ihre Hölle auf Erden, und es gab niemanden auf dieser Welt, den interessierte, was mit Ashley geschah. Wenn wenigstens ihre Eltern sich auch nur ein bisschen um sie sorgen würden. Doch die Stimmen verrieten Ashley, dass dies nicht der Fall war. Sie flüsterten ihr zu, dass sie ihnen egal war, es immer gewesen war. Doch viel schlimmer für Ashley war der Gedanke daran, dass sie Adam egal war.
Sie hatte alles für Adam getan. Sie hatte alles für Adam gegeben um letztendlich doch nur durch Cora ersetzt zu werden. Und tief in Ashleys Inneren wusste sie, dass es ihre Schuld war. Auch wenn die Stimmen sie dazu gebracht hatten zu glauben, dass es Cora war, die alles zerstörte. Tief in Ashley drin war ihr klar, dass sie es war. Und es sollte nun Enden. Für immer.
Ein letztes Mal sah sie zwischen Adam und Cora hin und her und als seien sie nie da gewesen, verschwanden die Stimmen und Ashley hörte nur noch eine einzige Stimme: Ihre eigene, die ihr befahl zu springen.

Und so sprang sie.

Ashley fiel tief und sehr schnell wurde alles schwarz. Doch es machte ihr nichts aus, denn sie war frei und hatte sich seit Ewigkeiten nicht mehr so lebendig gefühlt, wie zu dem Zeitpunkt, als sie mit voller Wucht auf dem harten Gestein aufschlug.

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