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8xhab ich gern gelesen
geschrieben 2022 von Christelle (Christelle).
Veröffentlicht: 28.04.2022. Rubrik: Fantastisches


Kapitel 4: Fortsetzungsgeschichte, Ende offen

Grenzen überschreiten

Drei Wochen waren vergangen. Charlotte hatte recht mit ihrer Vorhersage, Berta würde ihre Küken im Alter von acht Wochen aus ihrer Obhut entlassen. Bertas Aufmerksamkeit galt jetzt der Vorbereitung einer neuen Brut.

„Wollen wir ausbüxen?“ fragte Charlotte, „außerhalb unseres Hühnerhofs müsste es doch auch interessant sein.“

„Oh ja, oh ja!“
Wir hörten ein mehrstimmiges Gegacker. Es waren einige unserer Schwestern, die unbedingt mitkommen wollten.

„Gut“, sagte Charlotte, „morgen früh geht’s los. Wer mitgehen will, soll um 4 Uhr an der alten Eiche sein.“

Als Charlotte und ich am nächsten Morgen pünktlich zur alten Eiche kamen, warteten dort schon Bernadette, die Zweitälteste, sowie Emilia und Friederike, die an 5. und 6. Stelle geschlüpft waren. Wir wollten gerade losmarschieren, als unsere jüngste Schwester Isolde angewatschelt kam. Isolde war ein bisschen in ihrer Entwicklung zurückgeblieben, so dass wir sie eigentlich nicht mitnehmen wollten. Doch sie ließ sich nicht abwimmeln, so dass wir schließlich nachgaben.

„Aber du musst auf uns hören“, sagte Charlotte streng, „und schnell reagieren, wenn wir dir sagen, dass Gefahr droht. Kannst du wenigstens ein bisschen fliegen?“

„Klar, kann ich“, verkündete Isolde stolz.

Wir kamen zunächst in eine Kleingartenanlage. Das Wetter war warm und sonnig, so dass überall Menschen in ihren Parzellen hockten. Offenbar liebten sie Barbecue, denn fast alle hatten den Grill angeworfen: Würstchen, Schweinesteaks, Gemüse etc. wurden zubereitet.

Plötzlich gackerte Emilia ganz aufgeregt: „Schaut euch das mal an! Das sind ja Barbaren!“ Wir sahen in der von Emilia angezeigten Richtung eine fröhlich feiernde Menschengruppe, die einen Drehspieß über heißer Glut bediente. Daran waren mindestens sechs Hühner aufgespießt, ohne Federn, aber von der Hitze der Glut schon gut gebräunt.

Wir konnten nicht glauben, was wir sahen und beobachteten die Szenerie mit weit aufgerissenen Schnäbeln. Plötzlich entdeckten uns die Menschen und einer rief: „Na ihr Süßen, wollt ihr auch mal eine Runde im Solarium drehen?“

„Nichts wie weg,“ schrie Charlotte und wir suchten flatternd das Weite. Hinter uns hörten wir die Leute lachen, aber sie verfolgten uns glücklicherweise nicht. Als wir uns in Sicherheit wähnten, machten wir eine Pause, um uns von diesem Schock zu erholen.

Trotz dieses Zwischenfalls setzten wir unsere Erkundungstour fort. Eigentlich gab es, als wir die Kleingartenanlage verlassen hatten, nicht viel zu sehen, nur weites offenes Land. Charlotte beobachtete ständig den Luftraum, ich war sicher, dass sie Gefahren von oben rechtzeitig erkennen wollte.

Wir kamen gut voran, auch die kleine Isolde hielt sich tapfer. Es war eine langweilige Gegend außerhalb der Stadt, wir wollten schon umkehren, als wir in der Ferne ein langgestrecktes Gebäude mit einem flachen Dach entdeckten. “Das schauen wir uns noch an und dann flattern wir heimwärts“, entschied Charlotte.

Als wir uns dem Gebäude näherten, hörten wir ein erbärmliches Gegacker, und zwar so laut, dass es unserer Meinung nach Hunderte von Hennen sein mussten, die dieses Konzert veranstalteten. Dann konnten wir ein Transparent - befestigt an der Umzäunung der Anlage - erkennen und lasen erstaunt

Das leckere Frühstücksei von Hormann & Wiese -
für Sie von glücklichen Hühnern gelegt!

Darunter befand sich die Zeichnung einer fröhlich dreinblickenden Henne, die ein überdimensional großes Ei mit einem Flügel umfasste und mit Hilfe des anderen Flügels einen Eierlöffel schwenkte.

Wie konnte das klägliche Gackern, das zu uns herüberschallte, zu glücklichen Hühnern passen?


Es folgt Kapitel 5: Der Vorhof zur Hölle vom 3.05.2022

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Ohnelly am 28.04.2022:
Kommentar gern gelesen.
Liest sich einfach schön :-) Bei der Szene mit dem Grill im Kleingarten habe ich direkt laut gelacht. Mir fällt auf, seit den letzten beiden Kapiteln machst du am Schluss ziemlich geschickt Appetit auf mehr!




geschrieben von Christelle am 28.04.2022:

Herzlichen Dank für deinen Kommentar, der mich sehr gefreut hat. Ja, du hast recht, ich versuche, das Kapitel an einer hoffentlich spannenden Stelle zu beenden. Auf diese Idee hat mich Horst Radmacher gebracht, der in seinem Kommentar zur ersten Geschichte den Begriff Cliffhanger ins Spiel gebracht hat. Ich hatte den Begriff gegoogelt und folgende Definition gefunden: Große Spannung hervorrufendes dramatisches Ereignis am Ende einer Folge einer Rundfunk-, Film- oder Fernsehserie oder eines Buchkapitels, das die Neugier auf die Fortsetzung wecken soll. Ich möchte mich nicht mit Leuten vergleichen, die so etwas professionell machen. Wenn es mir gelingt, ein bisschen Neugier zu wecken, wäre ich zufrieden.




geschrieben von Ohnelly am 28.04.2022:
Kommentar gern gelesen.
Also bei mir klappt das schon mal ;-)




geschrieben von Gari Helwer am 28.04.2022:
Kommentar gern gelesen.
Hoffentlich führt das Erlebnis mit dem Grill nicht zu einer posttraumatischen Belastungsstörung!!! - Sehr unterhaltsam geschrieben, bin wie immer schon gespannt, wie es weitergeht!




geschrieben von Christelle am 29.04.2022:

Das weiß ich leider auch nicht, Gari. Schlimmer geht‘s bekanntlich immer! Mich freut aber, dass auch du gespannt bist, wie es weiter geht.

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