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geschrieben 1988 von Jens (Jens Richter).
Veröffentlicht: 20.08.2023. Rubrik: Abenteuerliches


Ein Abenteuer mit Hadschi el Aleman im Tal der Toten

Wer das Leben und Handeln der Tuareg verstehen möchte, der sollte die nachstehenden Worte des führenden Ahaggar-Stammesoberhauptes Semi ag Thora überdenken, mit denen er seine treuen Gefolgsleute erfolgreich gegen die französischen Besatzer und die zahlreichen Räuberbanden in den Kampf führte.
Er sprach: "Ihr wisst, was wir zu behüten haben. Uns geht es nicht um die Steine unserer Berge, um den Sand unserer Wüste, um die Wege der Karawanen. Uns geht es um unser freies Leben. Dieses Land gehört uns und wir sind seine Herren. Aller Reichtum ist unser, auch wenn wir es nicht verstehen ihn zu heben und arm bleiben im Wandel unserer Tage. So soll es bleiben. Niemand soll das Geheimnis unserer Vergangenheit lüften dürfen, niemand soll in die Schluchten des Hoggar steigen und nach den Wegen der Ahnen forschen. Sie müssen unser Geheimnis sein. Kein Fremder soll die Pracht der Bilder in den Höhlen und an den Felsen mit seinen machtgierigen Blicken besudeln. Jene Bilder, die unsere Vorfahren vor tausenden Generationen an die Felswände malten, als noch die wilden Tiere des Südens auf saftigen, grünen Hängen in Es-ssaharad weideten. Denn all das ist unser Leben, unsere Freiheit. Es gibt keine Herren über uns. Darum Brüder, wer in unser Land kommt mit Waffen und hat uns nicht gefragt und um unsere Gastfreundschaft gebeten, der ist unser Feind und soll von unseren Waffen sterben."
***
Es war einmal in den zwanziger Jahren diese Jahrhunderts, als die grüne Oase In Salah noch ziemlich dicht besiedelt war.
Die Bevölkerung dieses grünen Einods bestand größtenteils aus Beduinen und Tuareg, einer Hand voll Chaambani und etlichen ausgemusterten französischen Legionären.
Hier gab es weißgetünchte Hütten und einen Karawanserei für durchreisende Händler und Kaufleute in den Süden.
In diesem Serei hatte sich ein Händler eingerichtet, der all die Dinge des alltäglichen Bedarfs anbot und Reisende mit Kaffee, Tabak, Wasser und Essbarem versorgte.
Dazu genoss der Serei weithin den Ruf, eine vorzügliche Herberge zu sein.
Wenn nicht...
Also in diesem Serei begann meine kleine Geschichte.
***
Im Gastraum rasteten acht Männer, deren finsteres Antlitz es schon verriet, dass sie ihren Lebensunterhalt mit keinem ehrbaren Gewerbe verdienten.
Sie nippten gelangweilt an ihrem Kaffee, als ein Junge von etwa achtzehn Jahren eintrat.
Er war mit einer Karawane bis nach In Salah gekommen und wurde hier abgesetzt.
Der Name des Jungen war Franz Sommer.
Vorher hatte er sein Pferd untergebracht und es ausgiebig mit Wasser versorgt.
Da an dem langen Tisch kein Platz frei war und es auch sonst keinen weiteren Tisch mit freien Plätzen gab, ging er gleich zu dem Besitzer.
"Einen guten Tag", begrüßte der Junge alle Anwesenden.
"Tag", knurrten die Männer zurück.
"Womit kann ich ihnen dienen, junger Freund?", fragte der Händler geschäftig.
"Eine Kanne nicht zu starken Tee und eine gute Portion zu essen", antwortete der Junge.
"Sind sie allein in der Gegend hier?"
"Ja. Warum fragen sie?"
"Ist eine gefährliche Gegend hier. Die Ahaggar sind sehr unruhig, weil sich sehr viel Gesindel und auch die Franzosen für ihre Gegend interessieren."
"Das soll mich nicht kümmern! Ich möchte zu den Ahaggar, zum Wadi el Tuareg, wo mein Vater lebt."
"Was will er bei den denen?"
"So weit ich weiß hat er einen Amrar* von einer schweren Krankheit geheilt und aus Dankbarkeit einige Diamanten aus einem heiligen Tal von ihm versprochen bekommen. Ich reise zum Wadi, um meinen Vater dort abzuholen."
Im Gastraum erstarb jedes begonnene Gespräch.
Die acht Männer hatten der Unterhaltung nebenbei zugehört, standen jetzt auf und bedrängten den jungen Franz Sommer.
"Von Diamanten redest du? Das können wir dir nicht recht glauben", fragte einer lauernd.
"Kannst du das überhaupt beweisen?"
"Ja. Ich habe einen Brief von meinem Vater, in dem er alles genau beschrieben hatte. Ein Karawanenführer hat ihn mir übergeben, dem Vater den Brief mitgab."
"Zeig uns den Brief!"
"Nein. Der Brief gehört mir und ich zeige ihn keinem."
Was folgte, war voraus zu sehen.
Ein heftiger Fausthieb ins Gesicht steckte den Jungen nieder.
Die Meute stürzte sich auf ihn und man suchte bei dem Jungen den Brief.
Einer der Spießgesellen fand den Brief in der Jackentasche des Jungen und schrie: "Hier ist der Brief!"
Triumphierend hielt er ihn hoch.
"Wir nehmen den Jungen gefangen und tauschen ihn bei seinem Vater gegen Diamanten ein."
"Unsinn. Wir machen den Bastard kalt. Was sollen wir ihn durchfüttern. Wir haben den Brief und bekommen die Diamanten auf jeden Fall.", erwiderte ein Anderer.
"Machen wir ihn kalt", stimmte die Mehrheit zu.
Der Anführer nahm den Brief an sich und zog seinen Krummdolch aus dem Gürtel.
Er wollte schon zum tödlichen Stoß ausholen, als es hinter der Meute "Halt" schrie.
Zwei Hünen waren in diesem Augenblick in den Gastraum eingetreten.
***
Einer der Hünen war eine fröhliche Gestalt.
Sein Gesicht war im Laufe der Zeit von der Sonne rotbraun gebrannt.
Aus diesem Gesicht eine spitze Nase hervor, die jeder beliebigen Sonnenuhr als Schattenspender dienen konnte, so lang war sie geraten.
Die hellen Augen zur linken und rechten Seite des Riechers blitzten wachsam her drein.
Der Mund blieb verborgen, er war hinter einem Urwald aus grauen Barthaaren versteckt.
Nur die kleine Tabakspfeife, die hin und her tänzelte deutete an, dass der Hüne einen Mund besaß.
Als Kopfschutz diente ihm ein Kopftuch, welches ein schwarzes Kordelband zusammen hielt.
Am Leib trug der Hüne eine verschlissene Uniform der deutschen Marine und seine Hüfte schmückte ein breiter, reich verzierter Ledergürtel, in dem eine große Pistole, ein Offiziersmesser und ein vorsintflutliches, ausziehbares Fernrohr steckte.
Außerdem baumelte da noch ein Lederbeutel, der gewiss Munition und Tabak enthielt.
Dieser Mann hieß Peter Wolf und wurde allerorts "Admiral" genannt.
Der andere war eigentlich das Gegenteil des "Admiral".
Sein Gesicht war ebenmäßig und von edlem, fast romantischem Aussehen.
Seine Kleidung bestand aus einem graugrünen Anzug, dessen weite Hosen in enge, braune Schaftstiefel mündeten.
Genau wie bei seinem Pendant diente auch ihm ein weißes Tuch als Kopfschutz, dass ein Stirnband bei einander hielt.
Seine einzige Bewaffnung war ein doppelläufiges Gewehr, dass quer über seinem Rücken hing.
Dieses Gewehr, der Elefantentöter, gehörte einst dem berühmten Jäger Harry Quatermain.
Der Hüne hatte es einem befreundeten Waffenmeister aus al Madina abgekauft.
Doch das ist eine ganz andere Geschichte.
Dieser Hüne war der berühmte Hadschi el Aleman, der im fernen Deutschland unter dem bürgerlichen Namen Georg Bauer bekannt war.
Beide Männer waren Abenteurer, die im Norden des afrikanischen Kontinents umher reisten.
Sie zogen wie Nomaden durch die Wüste und waren rein zufällig in den Serei eingetreten, um eine ausgiebige Rast einzulegen.
"Hört ihr nicht!", mahnte der "Admiral".
"Lasst den Jungen ungeschoren oder ihr lernt uns gehörig kennen."
Der Anführer belächelte die Aufforderung des "Admiral".
"Ist euch die Sonne nicht bekommen? Wir sind acht Leute und ihr seid zu zweit."
"Werdet es schon sehen", brummte Hadschi el Aleman, "wie wir mit euch fertig werden!"
Mit diesen Worten sprangen die Zwei tollkühn auf die Meute ein und hämmerten mit den Fäusten auf die räuberische Brut ein.
Schlag auf Schlag saß und wenig später lagen die Räuber überwältigt am Boden.
Die beiden Hünen knebelten die Räuber und Hadschi el Aleman sprach zu dem Händler: "Ihr könnt die Banditen in zwei Stunden wieder laufenlassen. Wir sind dann längst über alle Berge, so dass sie uns nichts mehr anhaben können."
"So soll es geschehen. Ich bewundere eure Handschrift, Monsieurs. Es wäre auch schade um den Jungen gewesen. Es ist immer gut, wenn solches Gesindel tüchtig die Leviten gelesen bekommt. Dadurch wird denen klar ihre Grenze aufgezeigt."
Nachdem Franz Sommer zu sich kam, verließen die Drei den Karawanserei und holten ihre Pferde herbei.
"Wir werden mit dir reiten Junge", sprach der "Admiral" väterlich, "bis du sicher am Ziel deiner Reise bist. Du kannst uns beiden vertrauen, denn wir führen nichts Unrechtes im Schilde."
Man stellte sich einander vor und Franz Sommer gab das Ziel seiner Reise bekannt.
An dieser Stelle hätte die Geschichte enden können, aber der Junge hatte völlig vergessen den Brief den gefangenen Räubern wieder abzunehmen.
Im Serei war er viel zu sehr mit sich und seinem brummenden Schädel beschäftigt.
Sein Kopf schmerzte noch von dem harten Faustschlag und er war auch ganz froh darüber, mit dem Leben aus dieser missligen Lage davongekommen zu sein.
So fiel ihm der Verlust des brisanten Schriftstückes erst auf dem Weg zum Wadi el Tuareg ein.
***
Gegen Abend, die zwei Stunden waren längst abgelaufen, ließ der Händler, unter dem Schutz hinzugeholter französischer Legionäre, seine Gefangenen frei.
Er musste zwar eine Menge Schimpfworte und Morddrohungen ertragen, als sie den Serai verließen, aber er hatte ein dickes Fell und ertrug tapfer das zornige Lamentieren der Acht.
Die Banditen packten ihre Sachen zusammen, organisierten sich noch eine große Anzahl von Schachtwerkzeugen und reichlich Verpflegung.
Bei Anbruch der abendlichen Dämmerung verließen sie In Salah.
Alle Acht waren von dem Wahnsinn beflügelt, schnell zu dem Fundort der Diamanten zu gelangen und folgten der Richtung, die die drei Deutschen vor wenigen Stunden eingeschlagen hatten.
***
Die drei Deutschen ritten, abgesehen von mehreren Verschnaufpausen für Mensch und Tier, vier Tage und Nächte hindurch zum Wadi el Tuareg.
Hadschi el Aleman kannte den Weg von einer früheren Reise und führte somit die kleine Gesellschaft,
Vor vielen Jahren legte er am Wadi el Tuareg eine größere Ruhepause ein und genoss die Gastfreundschaft der Ahaggar.
Der Weg von In Salah bis zum Muydir-Gebirge verläuft ganz allmählich ansteigend.
Der Untergrund ist gipshaltig und eignet sich daher gut für einen straffen Ritt.
Im Muydir durchquerten sie zerrissene Schluchten, ritten vorbei an steilen Felswänden bis eine Hochebene das Gebirge ablöste.
Hier und da ragten Felssäulen aus dem heißen Sand.
Von hier ab verlief die Reise mühsamer.
Sie quälten sich über ein aufgeheiztes Sandmeer und mit Abschnitten auf losem Gestein.
Doch bald endete die Hochebene und erste Berge tauchten aus dem Sand auf wie eine Fata Morgana.
Die Deutschen waren im Hochland des Hoggar angelangt und drangen in die Bergwelt ein.
Im Zentrum dieser gespenstigen Bergwelt erreichten sie ein grünes Tal, in dessen Sohle das glasklare Wasser eines Bergsees das Licht in alle Himmelsrichtungen reflektierte.
Der Wadi el Tuareg.
Im Tal gab es saftiges Gras, wuchsen bunte Sträucher voller exotischer Früchte und Palmen, in deren Schatten die Zelte der Ahaggar aufgeschlagen waren.
Die Tuareg bewohnten diesen idyllischen Ort, in dem sonst so kargen Bergland, schon seit vielen Generationen.
Den Reitern kam etliche Ahaggar entgegen, geführt von Ihrem Stammesoberhaupt, dem Amrar.
Neben ihm schritt ein Europäer, Karl Sommer.
Die Ahaggar trugen allesamt dunkelblaue Gewänder und waren mit Lanzen, Schwertern oder vorsintflutlichen Flinten bewaffnet.
Frauen waren in der Menge nicht auszumachen.
Diese verrichteten traditionell ihre Arbeit bei den Zelten, kümmerten sich um die Verpflegung der Familien oder versorgten die Schafe auf den Talhängen mit Frischwasser.
Hier und da huschte mal eine vorüber und schaute neugierig auf das Treiben der Männer.
Ihre Gesichter verbargen die Frauen hinter Tüchern und nur ein schmaler Sehschlitz zeigte ihre Augen.
Im Gegensatz zu den Frauen kümmerten sich die Männer um den Handel, die Pflege der Waffen, trainierten die Jungen bei Kampfspielen und zogen auf Erkundungsritten durch die Berge.
"Franz", rief der Europäer erfreut.
"Endlich bist du angekommen. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht!"
"Vater, endlich sehe ich dich wieder?"
Sie umarmten sich.
Besorgt fragte der Vater: "Wer sind die beiden Männer da?"
"Keine Sorge, Vater. Das ist Hadschi el Aleman und der "Admiral"! Die Zwei haben mir in In Salah aus der Patsche geholfen und mir bis hierher ihren Schutz angeboten."
"Bitte erzähle mir alles, Franz!"
Franz erzählte das Erlebte seinem Vater, der sich dankend an die beiden Hünen wandte.
"Monsieurs, ich verdanke ihnen das Leben meines Sohnes und möchte sie als Gäste in mein Zelt einladen."
Darauf unterrichtete Dr. Sommer den Amrar von dem Gespräch der vier Deutschen und dieser stimmte der Einladung seines Freundes zu.
Die versammelten Tuareg verstreuten sich im Gelände und die Deutschen gingen zu Dr. Sommers Zelt.
Auf einem großflächigen, prächtig verzierten Teppich ließen sie sich nieder und führten eine rege Unterhaltung.
"Es war zwar unüberlegt von Franz, das Geheimnis der Diamanten ausgeplaudert zu haben und dass obendrein der Brief in die Hände von Räubern gelangt ist", meinte Dr. Sommer, "aber die werden keine Diamanten erbeuten. Die Höhle liegt im Tal ihrer Toten und kein Ort im Hoggar wird sorgfältiger von den Ahaggar bewacht. Es gilt als Todsünde, die Ruhe ihrer Toten zu stören."
Sie berieten, dass man am kommenden Morgen zum Tal der Toten reiten will, um im Falle, dass die Räuber auftauchen, ihnen einen gebührenden Empfang zu bereiten.
***
Doch die Ereignisse sollten sich noch weit günstiger entwickeln, als von den Deutschen im Augenblick erahnt.
***
Als es bereits dunkel war, erzählte Dr. Sommer am Lagerfeuer seinen Gästen, wie er in das Geheimnis der Diamantenhöhle eingeweiht wurde.
"Vor zwei Jahren gab es keinen Tag in Algier, an dem nicht Gerüchte umgingen, dass es in der Sahara Schätze von sagenhaftem Wert gibt. Mein Beruf ist Arzt, aber eine eigene Praxis konnte ich mir nicht leisten. Ich arbeitete in einem Hospital, aber dieser Wunsch ließ mich nicht mehr los. Den Gerüchten folgend, brach ich in die Sahara auf, um nach diesen Schätzen zu suchen. Ich wollte auf diesem Weg an das Geld für eine eigene Praxis kommen. Meinen Jungen ließ ich in Algier bei der Familie einer Stationsschwester zurück, die eng mit mir im Hospital zusammen gearbeitet hatte. Ich hätte Franz bei ihr abgeholt, sobald ich das Geld für meine Praxis zusammen getragen hatte. Schätze fand ich in der Sahara keine, aber überall gab es Leidenende und Verunfallte, denen ich als Arzt helfen konnte. So auch dem Amrar dieses Stammes. Mir erzählte ein Karawanenführer von seinem Leid und brachte mich zu diesem Ort hier. Der Amrar war schwer gestürzt und lag mit geschwollenen Gliedmaßen schon tagelang im Fieber. Er verweigerte dem Geisterbeschwörer alles Essen und Trinken. Ich schiente seine gebrochenen Glieder, kühlte Tag und Nacht seine Stirn, bis das Fieber endlich zurückwich. Während der gesamten Zeit flößte ich dem Kranken Kräutertee und aufgeweichten Zwieback ein. Beide hatte ich ursprünglich zum eigenen Bedarf mit auf meine Reise genommen. Der Amrar kam rasch zu Kräften und schon bald spazierte er, anfangs recht klapprig, später aber schon sicherer im Gelände umher. Während der langen zeit seiner Genesung freundeten wir uns an und im Vertrauen führte er mich zur Diamantenhöhle im Tal ihrer Toten. Er versprach mir, mich mit so vielen Diamanten zu beschenken, wie ich für die Einrichtung und für den Kauf meiner Praxis benötigte."
***
In der Dunkelheit jener Nacht erreichten die Räuber das Gebiet um den Wadi.
Ihre Pferde ließen sie in einer Schlucht zurück, damit sie nicht durch das Schnaufen der Tiere verraten wurden.
Lautlos folgten sie hastig einem Pfad tief in die Berge.
Der Brief des deutschen Arztes wies ihnen den Weg.
Der anfangs enge Pfad mündete in ein steiniges Tal, zu beiden Seiten mit längst verwitterten Kraterketten eingeschlossen.
Lange schlängelte sich das Tal zwischen Kraterbergen hindurch, ehe es mit einem gewaltigen Talkessel endete.
Die Räuber waren im Tal der Toten angelangt und entdeckten dem vom Mondschein angestrahlten Eingang der Diamantenhöhle.
Der Talkessel selbst bot ihnen ein schauriges Bild.
Überall waren Steinhaufen in die Höhe gestapelt, die Gräber der verstorbenen Ahaggar.
Jahrhunderte hindurch diente das Tal als letzte Ruhestätte der Toten.
Hier wurden ihre Ruhe von Allah und den guten Geistern der Berge beschützt.
Inmitten dieser friedlichen Stille platzten die Banditen herein.
Mit lautstarken Getöse folgten sie dem Mondschein und verschwanden im Inneren der Höhle.
***
Hoch oben auf den Bergen verfolgten zwei Ahaggar das Treiben im Talkessel.
Es waren die Wächter des Tales, die über die Ruhe der Toten wachten.
Da den Beiden die Anzahl der Eindringlinge für einen Überraschungsangriff zu groß war, hielten sie davon ab, die Räuber mit ihren Flinten zurück zu jagen.
Statt dessen eilten sie zum Wadi, um Hilfe von den Stammesbrüdern herbei zu holen.
Noch vor Morgengrauen gelangten sie im Wadi an und besprachen gleich die Ereignisse mit dem Amrar.
Der Stammeshäuptling trommelte seine Leute zusammen und zog auch die Deutschen hinzu.
Die Ahaggar mussten die Räuber vernichten, den diese störten die Ruhe der toten Ahnen und missachteten ihr wichtigstes Heiligtum.
Nicht einer sollte aus dem Tal mit dem Leben davonkommen.
Eilig formierte sich eine große Schar der Ahaggar und folgte dem Pfad zum Tal der Toten.
Die Deutschen liefen hinterher.
Sie durften nur als Beobachter der bevorstehenden Kampfhandlung beiwohnen, denn als Gäste der Ahaggar hatten sie sich in deren Angelegenheiten nicht einzumischen.
Die Tuareg waren stolze Krieger mit Kampferfahrung, die sie bei jahrelangen Auseinandersetzungen mit Wüstenräubern, Schatzjägern und französischen Legionären erworben hatten.
Damit man den Eindringlingen nicht unter die Augen kam, bezog man Stellung auf den anliegenden Bergen, geschützt von Fels- und Gesteinsblöcken.
Hier konnten sie geduldig ausharren, bis die Gegner in die Schussweite ihrer Flinten kamen.
Es sollte jedoch noch etwas Zeit verstreichen, ehe alle Todgeweihten die Höhle wieder verließen.
Im Inneren der Höhle durchforsteten die Räuber die bizarren Labyrinthe nach Diamantenrohlingen und unterbrachen erst zur Mittagszeit ihre Suche.
Ermüdet schleppten sie sich vor die Höhle, um draußen ein Mittagsmahl einzunehmen.
Der beste Zeitpunkt für den Angriff.
Ein greller Pfiff des Amrars hallte durch die Berge.
Danach knatterten aus allen Himmelsrichtungen die Flinten der Ahaggar.
***
Der Angriff fand ein schnelles Ende, denn den überraschten Räubern blieb keine Chance das Leben zu verteidigen und sich Schutz zu suchen.
Ihre Körper lagen über den Boden des Talkessels verstreut.
Die Tuareg versammelten sich vor der Höhle.
"Meine Brüder und meine Freunde", sprach der Amrar würdevoll.
"Wir haben gemäß unseres alten Schwurs unsere Schuldigkeit getan. Der Ruhe unser teuren Ahnen droht keine Gefahr mehr. Lasst uns die toten Feinde begraben und dann ziehen wir zu Wadi zurück."
Er wandte sich an die Sommers.
"Meinen Freunden aus dem fernen Alemannia erlaube ich, so viele von den klaren Steinen zu nehmen, wie euer Herz begehrt."
"Danke dir, edler Freund.", antwortete Dr. Sommer und ging mit seinem Sohn zur Höhle.
Im Inneren schimmerte es an allen Stellen.
Die kostbaren Edelsteine waren an den Höhlenwänden angewachsen und reflektierten das vom Höhleneingang einfallende Tageslicht.
Die beiden Sommers betrachteten fasziniert die Schönheit dieser Höhle.
Es kam ihnen vor, als währen beide in eine phantastische Welt eingedrungen.
Die Räuber hatte bereits ganze Arbeit geleistet und etlige Diamanten von den Höhlenwänden abgeschlagen.
Diese Steine waren am Höhlenboden zu einem kleinen Häufchen aufgeschüttet.
Dr. Sommer nahm sich eine Hand voll der begehrten Steine und verstaute sie in den Taschen seiner Begleitung.
Für die beiden Hünen packte er ebenfalls ein paar kostbare Steine in sein Taschentuch ab.
"Nun steht meinem Traum von einer eigenen Praxis nichts mehr im Wege.", jubelte der Arzt. "Wie lange habe ich auf diesen Moment gewartet?"
"Ja, Vater!", freute sich Franz mit ihm.
Nachdem beide Sommers die Höhle verlassen hatten und Dr. Sommer Hadschi el Aleman das gefüllte Tuch übergab, raunte dieser dem "Admiral" zu: "Die Diamanten haben ihren Wert, aber das Erlebnis im Tal der Toten wird für mich unvergesslich bleiben."
Der Angesprochene nickte.
"Na dann auf zu unserem nächsten Abenteuer! Ich glaube in dieser Gegend brauchen wir allzu lange darauf warten."
***
Und wenn die Vier nicht gestorben sind, dann praktiziert Dr. Sommer längst in seiner eigenen Praxis, Franz studiert vielleicht Medizin und die beiden Hünen reisen irgendwo im Norden Afrikas umher.

Ende

*Häuptling

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