geschrieben 2025 von Rautus Norvegicus (Rautus Norvegicus).
Veröffentlicht: 22.05.2025. Rubrik: Kürzestgeschichten
Malefiz - ein Straßendrabble (anno 1589)
Er war ein großer Mann, ging immer leicht gebeugt. Vom Marktplatz zu Bamberg auf dem Nachhauseweg, er hatte sich Brot und frische Feldfrüchte gekauft. Immer sehr höflich und
zuvorkommend, zu jedem, den er traf. Wenn er denn gelassen wurde.
Zu oft wechselten andere Bürger die Straßenseite, um ihm nicht zu nahe zu kommen. Eine junge Frau, rote Haare, grüne
Augen, kam ihm entgegen. Sehr schön war sie, wechselte dann, als sie ihn zu erkennen schien, hurtig auf die andere Straßenseite. Er dachte kurz, dass er genau so eine Frau gestern im Rahmen seiner Berufsausübung, kennen gelernt hatte. Sie lebte nicht mehr.
Vielleicht würde er demnächst auch dieses rothaarige Mädchen näher kennen lernen. Aber insgeheim hoffte er, dass das nicht geschehen würde. Er ging weiter, es roch immer stärker nach Aas. Der Geruch strömte weg vom Schlachthaus, auf das er zusteuerte. Seine Wohnung lag direkt über der Schlachthalle, er wohnte dort sehr günstig, die Wohnung war groß. Eigentlich groß genug für eine Familie.
Ja, eine Familie gründen, das würde er gerne. Warum nicht mit dieser schönen rothaarigen, fremden Frau. Er könnte sie einfach beim Kirchenvorstand der Hexerei bezichtigen, dann würde sie früher oder später unweigerlich bei ihm landen. Ein bisschen quälen, so dass nichts brach oder sie entstellt bleiben würde.
Und dann könnte er sie zu sich, in seine große Wohnung holen. Eine Familie gründen, glücklich sein. Warum eigentlich nicht?
Schließlich war er der Henker.

