Veröffentlicht: 04.07.2025. Rubrik: Lyrisches
Violinenklang
In zärtlicher Sehnsucht eingehüllt, streicht meine Hand über die andere Seite des leeren Lakens. Es ist der kühle Abend vor Aufbruch und Heimkehr.
Unberührt hebe ich meinen schweren Rumpf auf die weiche Seite
unversehrter Sanftheit.
In gefühlvoller Einladung streichelt mein Daumen bedacht über die wollenen Strähnen des linden Lakens.
Kein Ende einer langen Nacht ist zu erwarten, deren Schmerz mich plagt.
Der Kopf wird schwer und vernebelt meine Sicht.
Die Beine ziehen sich zusammen und verstecken den Gedanken innerer Sehnsucht und Wollust. Gemächlich berausche ich mich an dem Geruch des Kissens, dessen Stoff an das Aroma ihres Ahornholzes erinnert.
Die Brust erregt sich und schmerzhaft dehnt sich die stechende Gier zwischen meinen Schenkeln aus.
Bebend eröffnen meine Glieder die Sinfonie schüchterner,
sanfter Klänge. In Gedanken streichen meine Finger ehrwürdig die Saiten, meine Lippen saugen spielerisch am schmalen Steg. An dieser Stelle sprießen die Saiten empor.
Zitternd erheben sich Arme und Beine beim Klang des
musikalischen Oratoriums.
Befreiend gleiten Finger und Erguss aus mir heraus und hinterlassen eine schmale Spur weicher, wohlwollender Klänge.
Empfänglich für ihren Körper und Klang gedenke ich den Stunden, in denen ich sie eng umschlungen gegen Brust und Unterleib klammerte.
Ihr Klang war verstummt: Stärker rieb ich ihren kühlen, hölzernen Rücken.
Ihre Stimme war verklungen: Schneller drehte ich ihre Wirbel.
Ihr hölzernes Gestell war tot oder lebendig?
Ihre Antwort war die sanfte Stimme kühler, matter Oberfläche, welche sich ergiebig gegen mich lehnte. Ihr Hals, der lang und geschwungen an meiner weißen Haut haftete. Lebendig oder tot?
In zärtlicher Hoffnung verborgen, klopft meine Hand leicht über die andere Seite des befremdlichen Bettes. Es ist die kalte Nacht vor Abreise und Rückkehr.
Beherrscht lehne ich meinen warmen Körper zurück in die weichen Federn. Geistlos liege ich ruhenden Herzens:
entleerter Körper, gespannte Seele.
Kontrollierten Gedankens hoffe ich auf morgen und sehne mich nach ihr. Tot oder lebendig? Die Fingerspitzen noch erwärmt, verzehre ich mich nach Klang und Holz: toter Körper, lebendige Seele.
Wird sie klingen und küssen, bei Rückkehr meiner Reise?
Eine Reise ist keine Fahrt und auch kein Ort des Aufenthalts; ohne Glanz von Ahorn.
In zärtlicher Erwartung sehne ich mich danach, innig ihren Hals zu küssen.
K.

