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3xhab ich gern gelesen
geschrieben 2019 von Christine Todsen.
Veröffentlicht: 22.11.2019. Rubrik: Spannung


Das Motiv

Der Kommissar tappte im Dunkeln. Wer hatte Stefan Weiß erschossen? Der 45-jährige Familienvater schien allseits beliebt gewesen zu sein.

Nur bei einer einzigen Person aus Stefans Umfeld hatte der Kommissar sich ein Motiv vorstellen können: bei dessen Ex-Frau Franziska. Die beiden waren erst kurz miteinander verheiratet gewesen, als Stefan seine jetzige Ehefrau Inga kennengelernt und ein Verhältnis mit ihr begonnen hatte. Bald war Inga schwanger geworden, und es kam zur Scheidung. Franziska hatte keine Kinder. Das Ganze lag über zehn Jahre zurück, aber vielleicht – so hatte der Kommissar gedacht – war der aufgestaute Hass in der betrogenen und verlassenen Frau erst jetzt explodiert.

Nach einem Gespräch mit Franziska in deren Wohnung verwarf er jedoch auch diese Theorie. „Natürlich war ich damals geschockt und wütend“, hatte sie gesagt, „aber jetzt bin ich ehrlich gesagt froh, dass es so kam. Ich bin jetzt eine glückliche Singlefrau und würde mich nie mehr an einen Mann binden! Ich lebe jetzt für meine Kunst!“ Stolz hatte sie auf die Gemälde an den Wänden gezeigt. Sie trug wieder ihren Geburtsnamen Berger und hatte mit dem Kapitel Stefan Weiß offensichtlich abgeschlossen.

Aber irgendjemand musste Stefan doch umgebracht haben. Als der Kommissar schon fast befürchtete, der Fall könne zum Cold Case werden, bekam er einen Anruf von Franziska.

Mit größter Aufmerksamkeit hörte er ihr zu. „Ich bin Ihnen sehr dankbar für den Hinweis, Frau Berger“, sagte er dann. „Und machen Sie sich bitte keinerlei Vorwürfe. Sollte dieser Ralf Schneider tatsächlich der Täter sein, so hätten Sie daran keine Schuld. Verrückte gibt es nun mal.“

Der Hinweis entpuppte sich als Volltreffer. Als die Polizei Ralf Schneider an seiner von Franziska genannten Adresse aufsuchte, legte er sofort ein Geständnis ab.

Arme Frau Berger, dachte der Kommissar, hoffentlich macht sie sich wirklich keine Vorwürfe. Er erinnerte sich an ihre Worte am Telefon:

„Ich könnte mir denken, wer Stefan erschossen hat. In meinem Umfeld gibt es einen Ralf Schneider, der unbedingt eine Beziehung mit mir will. Für mich ist das absolut indiskutabel. Aber leider bin ich sehr höflich und wollte ihm das nicht direkt sagen. Deshalb habe ich behauptet, aus moralischen Gründen dürfe ich keine neue Beziehung oder Ehe eingehen, solange mein Ex-Mann noch lebt…“

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Dan Prescot am 22.11.2019:

Klasse Krimi. Das Ende ist schön mehrdeutig.




geschrieben von Christine Todsen am 23.11.2019:

Vielen Dank!




geschrieben von Weißehex am 23.11.2019:

Oh, das Ende ist heftig....




geschrieben von Christine Todsen am 23.11.2019:

Vielen Dank auch Dir! Schön, dass Ihr alle beide das Ende kommentiert. Ich mag überraschende Schlusspointen. Mein Vorbild hierbei ist O. Henry, dessen Stories für ihre „surprise endings“ bekannt sind.




geschrieben von Weißehex am 25.11.2019:

Hallo Christine, das ist ein interessanter Tipp! Leider habe ich nicht viele Bücher auf deutsch von ihm gefunden. Ich schätze, du hast sie auf Englisch gelesen :-) LG Weißehex




geschrieben von ehemaliges Mitglied am 07.02.2020:

und wer ist wie immer schuld an allem ..? natürlich die ..., nee, ich verrat nix. Das bleibt mein Krimi ...

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