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geschrieben von Friedrich Malinowski.
Veröffentlicht: 20.08.2020. Rubrik: Unsortiert


Diagonale Intelligenz

Das Nichtwissen eines durchschnittlich gebildeten Mitteleuropäers, ist vom Umfang her, am ehesten vergleichbar dem Volumen der Großen Magellanschen Wolke in unserem Milchstraßensystem.
Dabei hat der Mensch Köpfchen.
Im Drahtverhau seiner genial verkabelten Schaltzentrale, dem Gehirn, kann er mühelos eine Billiarde Bit unterbringen.
Mit dem Raum wachsen die Möglichkeiten.
Nur allzu euphorisch dürfen wir nicht sein, nachdem vor einigen Jahren,
schwedische Forscher durch ein kompliziertes Hochrechnungsverfahren herausgefunden haben wollen, dass unser gesamtes erfahrbare Wissen, ließe es sich denn in Fragen formulieren, eine Größenordnung von 500 Billionen erreichen würde.
Das wäre ein gehöriger Batzen, der uns zur Verfügung stünde, um unserem Großhirn auf den Geist zu gehen.
(Ein kleines Zeitproblem am Rande: Bis Hundert zählen wir bequem in einer Minute. Siebenundzwanzig Jahre brauchen wir für eine Milliarde. Um auf eine Billion zu kommen, hätte man schon in der jüngeren Altsteinzeit beginnen müssen.)
Nur, wie viel Wissen braucht der Mensch?
Man hat das tatsächlich herausgefunden.
Erstrebenswert sind 50 Wiskom, die, wenn überhaupt, nur von den Genialen unter den klugen Köpfen erreicht werden. Die gewöhnlich Sterblichen sind schon mit knapp der Hälfte zufrieden, und in manchen Gegenden, munkelt man hinter vorgehaltener Hand, müssen sich mehrere einen Wiskom teilen.
Zum besseren Verständnis: Die richtige Antwort auf eine formulierte Frage ist eine Wissenseinheit (WE). Ein Wiskom (Wissenskomplex) sind 1000 Wissenseinheiten.
Da die Antworten spontan erfolgen, sprechen wir auch vom „Spontanwissen.“ Dort wo das Spontanwissen auf seine Grenzen stößt, nutzen wir die segensreiche Möglichkeit des Nachschlagens.

Das Spontanwissen ist populär!
Die Technik des Nachschlagens dagegen, fristet ein namenloses Dasein abseits aller Medieninteressen.
Die Errungenschaften der Massenmedien im vergangenen Jahrhundert mögen vielfältig gewesen sein, der raffinierteste Clou jedoch, in der Geschichte der Medien, war die Entdeckung des „Unterhaltungswissens“
Dieses diffuse „Oberflächenwissen“ war auf dem besten Wege, die Maßstäbe für unser künftiges Bildungsniveau zu setzen.
Mag sein, dass Geiz geil macht. Aber Wissen ist Wahnsinn!

Jeder, der etwas auf sich hielt und mehr zu wissen glaubte als sein Nachbar, verließ Haus und Hof um sich in einem Fernsehstudio einzuquartieren.
Dort klingelte die Kasse!
Und wer ein wenig Glück beim Raten hatte, dem war sein Salär sicher.
Wer die Hottentotten in Afrika vermutete, „El Greco“ als Theotocopuli entlarvte, oder gar den „Blasen-Pippau“ kannte, der hatte für eine Weile ausgesorgt.
Bei Lichte betrachtet war das natürlich alles Kinderpipi.

Wenn man den Erfinder des Weihwasserautomaten nicht kannte, konnte man trotzdem in Harvard studiert haben. Es war auch keine Schande, wenn man etwas nicht wusste. Entscheidend war, wie man es anstellte, es zu erfahren.
Diese logischen Denkabläufe und die verschiedenen Fertigkeiten,
die es uns ermöglichen, an dieses Wissen zu gelangen, das versteht man unter „Diagonaler Intelligenz.“

Denn „Diagonale Intelligenz“ gab es schon vor dem Internet!

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