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4xhab ich gern gelesen
geschrieben 2020 von David Urban (David Urban).
Veröffentlicht: 10.10.2020. Rubrik: Total Verrücktes


Das Videourteil

Sie hatte ihn vor einem Jahr im ‚Kolibri Club‘ angesprochen.
Svenja hatte zwei Gläser Mojito in der Hand. „Bist Du nicht heute Nachmittag mit mir zusammen im selben Flugzeug angekommen?“
Er hatte sie schon beim Einsteigen bemerkt. Sie war so groß wir er, etwa 1,80m und hatte strohblonde Haare, die zu einem Zopf zusammengebunden waren. Die Augen hinter einer Sonnenbrille mit Spiegelgläsern versteckt, war sie an seinem Platz im Mittelgang vorbeigekommen.
Es riecht nach Jasmin Sambac, dachte er. Sie hat einen exklusiven Geschmack und ‚Alien‘ heißt nicht nur das Parfüm, was sie trägt. Ja, sie sieht außerirdisch gut aus.

SatirepatzerSatirepatzer„Auf einen schönen Urlaub“, hatte damals Svenja lächelnd gesagt und ihm das Glas entgegengehalten.
„Auf diesen Abend und einen Urlaubsengel“, erwiderte er.
Sie tanzten, lachten und flirteten, bis in den frühen Morgen.
Die Nacht war zu Ende und die Sonne schien aus dem Meer aufzutauchen, als beide vor ihrem Hotelzimmer standen.
„Komm“, sagte Svenja, während sie ihn an der rechten Hand hielt und in das Zimmer zog.
Sie küssten sich, während Kleidungsstücke eilig auf den Boden geworfen wurden und liebten sich dann bis zum Mittag.
Erschöpft schliefen beide glücklich ein.

In den zwei Wochen auf Kreta, mit Sonne und Meer, verbrachten Svenja und Peter einen Urlaub, so wie sie sich ihn erträumt hatten und verliebten sich dabei ineinander.

Nach dem Urlaub trafen sie sich weiter, um gemeinsam etwas zu unternehmen. Beide wohnten und arbeiteten in Hamburg.
Peter war Manager einer Reederei und hatte ein Apartment in der Philharmonie, während Svenja als Mode Designerin in einem mittelständischen Unternehmen tätig war.
Sie liebte die Ruhe. Ihre kleine Wohnung lag in Wandsbek. In einem alten, reetgedeckten Haus, hatte Svenja sich gemütlich im Dachgeschoss eingerichtet.
Zwischen Peter und ihr alles schien perfekt. Nach fünf Monaten zog sie bei ihm ein.

Die Hitze flimmerte über den Straßen und der Atem des Sommers berührte die Stadt.
„Morgen ist der Tag, an dem wir uns vor einem Jahr kennenlernten. Wollen wir uns nicht um zwölf treffen, um es zu feiern?“, fragte Peter.
„Okay, muss jetzt noch was wegen meines neuen Auftrages erledigen“, antwortete sie unsicher und wich seinem Blick aus.

Als Beide sich am nächsten Tag trafen und eine Treppe an den Landungsbrücken hinaufgingen, blieb Svenja auf der letzten Stufe stehen. Peter war einen Schritt vor ihr.
„Warte mal bitte“, sagte sie und er blieb stehen.
„Ich habe dich letzte Woche mit deiner Sekretärin gesehen, diese attraktive Chinesin. Sie trug ein schwarzes Kleid mit einem mega extremen Rückenausschnitt. Du hast doch was mit ihr“, sagte Svenja vorwurfsvoll.
„Quatsch, wir hatten einige Absprachen zu treffen und wollten dies beim Mittagessen erledigen“, versuchte er sie zu überzeugen.
„Wir sehen uns in den letzten Wochen kaum noch und du begründest es stets mit geschäftlichen Terminen und deiner Arbeit.“
Peter schüttelte seinen Kopf ärgerlich. „Deine Zeichnungen mit Entwürfen und die vielen Klamotten liegen überall in der Wohnung herum. Du weißt, dass ich Unordnung nicht leiden kann.“
Svenja sah ihn mit festem Blick an. „Ich werde aus dem Apartment ausziehen.“
In dem Augenblick, als das Wort ‚ausziehen‘, wie ein Paukenschlag in seinem Ohr verhallte, brach von ihrem linken Schuh die Hacke ab und dabei verlor sie das Gleichgewicht.
Peter versuchte Svenja noch an der Schulter zu halten, doch sie stürzte die ganze Treppe herunter.
Der verständigte Notarzt konnte nur noch ihren Tod feststellen. Svenja hatte sich das Genick gebrochen.

Peter trug einen dunkelblauen Anzug und saß auf einem Stuhl am Esstisch seines Apartments. Sein Laptop stand anderthalb Meter vor ihm.
Zwei Wochen durfte ich nicht mehr raus, nachdem mir der Überwachungschip gespritzt wurde. Wann ruft endlich der Richter wieder an?
Eine Melodie auf dem Gerät signalisiert eine Anforderung, daß das Gerichtsverfahren nun per Video fortgesetzt werden sollte.
Peter drückte die Taste zur Annahme der Verbindung und sah in das Gesicht des Mannes, der über Recht und Unrecht urteilte. „Angeklagter, zugeschalten sind Staatsanwältin und ihr Verteidiger. Die Beweisaufnahme ist abgeschlossen. Nach den Plädoyers der Anwälte ist das Gericht zu einem Urteil gekommen.“
Peter stand auf und trat drei Schritte zurück, bevor der Richter wieder das Wort ergriff.
„Sie wurden von einer Überwachungsdrohne gefilmt, die dreihundert Meter von ihnen entfernt flog. Sie haben ihre Freundin vorsätzlich die Treppe herunter gestoßen, weil sie, sie verlassen wollte. Ein Zeuge, ebenfalls etwa dreihundert Meter entfernt, bestätigte es auch so gesehen zu haben.“

Peter presste seine Lippen aufeinander. Es war ein Unfall, ich habe sie nicht gestoßen.

„Das Gericht verurteilt sie zu sechs Jahren Home – Vollzug. Sie können weiterhin ihrer Arbeit von zu Hause aus nachgehen, aber keinen Besuch empfangen. Für die online Medizinversorgung wird Ihnen ein Arzt zugewiesen werden.“
„Pffff“, machte Peter und wischte sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. „Nur sechs Jahre, die ich in meinem schönen Zuhause absitzen darf“ und lächelte."

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