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2xhab ich gern gelesen
geschrieben von Sun-Go.
Veröffentlicht: 30.03.2021. Rubrik: Grusel und Horror


Tagebuch, gefunden vor einem IKEA. Teil II

TAG10
Ich bin hier jetzt seit 10 Tagen. Die meisten die ich gefragt habe hier meinen, dass sie vor langer Zeit aufgehört haben zu zählen. Ein Typ, Chris, meint er sei hier schon für Jahre. Jahre. . . Anscheinend gibt es Gerüchte über Leute die es tatsächlich rausschaffen und über Leute die den Ausgang sehen, nur damit dieser direkt vor ihren Augen verschwindet. Ich hab das Gefühl, dass nicht jeder hier dem glaubt. Ich tue es. Erklärt, wie wir in erster Linie überhaupt hier drinstecken, irgendwie. Und kommt schon: Personalmonster, Reihe um Reihe voller hochqualitativen schwedischen Möbeln, keine Ahnung warum es da so schwer ist an verschwindende Türen zu glauben.
TAG14
Ich bin heute rausgegangen um Nahrung zu suchen mit Sandra und Jens. Wenn man sich einmal die Orientierungspunkte verinnerlicht hat, ist es auf einmal nicht mehr so schwer hier drin zu navigieren. Die Aushängeschilder helfen, aber es gibt auch andere Punkte. Nicht zu sehr in der Ferne ist ein riesiges Abteil von den Lagerregalen gegeneinander zusammengebrochen. Und viel weiter im Osten- nun nehmen wir an es ist Osten, anscheinend verkauft IKEA keine Kompässe- ist eine Art Turm, welcher aussieht als bestünde er aus Holz. Reicht hoch bis an die Decke. Vielleicht hat jemand versucht durchs Dach zu brechen. Nachts ist es erleuchtet, also muss dort jemand sein, aber anscheinend ist es ein paar Tage von Umtausch entfernt, was bedeutet dass es Kilometer entfernt sein muss, also ist sich hier niemand sicher.
Anscheinend hatte ich extremes Glück, eine Woche im Freien zu schlafen ohne vom Personal in Stücke gerissen zu werden. Tja so bin ich. Ein glücklicher glücklicher Glückspilz. Wir haben etwas Essen im Restaurant gefunden, schätze das Personal hat es über die Nacht wieder aufgefüllt, nett von ihnen. An einer Säule hing ein Telefon, also versuchte ich mein Glück. Am anderen Ende war eine Stimme, aber sie hat nur Blödsinn erzählt. Zufällige Wörter aneinandergereiht ohne wirkliche Bedeutung. Schon mal ein Video von jemandem mit Aphasie gesehen? Ungefähr so. Hat mir sowieso nicht geantwortet, als ich zu ihr gesprochen habe. Sandra meint, alle Telefone hier drin sind so.
Ich hab nachgedacht. Die Decke in diesem Ort ist ziemlich hoch, und soweit es jemand beurteilen kann, erstreckt sich dieser Ort unendlich weit. Sollte hier drin nicht eine Form von Wetter sein? Ich bin mir sicher über ein NASA Gebäude gelesen zu haben, welches so groß war, dass es sein eigenes Wettersystem hatte, mit Wolken und so. Dieser Ort hier ist definitiv größer als das. Aber jetzt wo ich darüber nachdenke, ich bin mir sicher, dass ich noch nie auch nur einen Temperaturunterschied hier drin bemerkt habe. Ich füge es zur Liste voll komischen Zeugs hinzu.
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TAG30
Das Personal hat Umtausch gestern Nacht angegriffen. Müssen so 20 oder 30 gewesen sein von denen, welche uns gebeten haben das Geschäft zu verlassen so höflich wie man sich es nur vorstellen kann; während sie versucht haben die Wand einzureißen mit ihren bloßen Händen. Anscheinend passiert das ziemlich häufig, also ist jeder darauf vorbereitet. Messer aus den Restaurants, Rasenmäherklingen welche zu Kriegsbeilen umfunktioniert wurden, Feueräxte. Ein Typ, Sahim, hat sogar eine funktionierende Armbrust gebaut. Wie auch immer, die Wände haben Löcher in ihnen, welche ich bisher nicht bemerkt habe. Spezifisch dort um das Personal abzustechen, wenn sie angreifen. Hab ein paar von ihnen selbst erledigt. Sie scheinen komischerweise nicht zu bluten, aber sie gehen genauso nieder wie jede andere Person, sobald man anfängt Löcher in sie hineinzubohren.
Wir mussten die Körper wegschaffen am Morgen, anscheinend ziehen die toten mehr an während der Nacht, also mussten wir sie von Umtausch wegbringen. Wir haben ein paar von diesen Karrendingern, die man verwendet um große Kisten zu transportieren, also haben wir sie aufgeladen und rüber zu „Abholung“ gebracht. Sieht so aus, als würden die Leute hier alles nach dem benennen, was auf dem Schild da drüber steht. Abholung war morbide. Da waren hunderte, wenn nicht tausende von totem Personal, alle aufgehäuft. Es gab keinen Geruch, was ein Segen war. Anscheinend, zusätzlich zum nicht bluten, verrotten diese Dinger auch nicht. Meine Neugier hat mich übermannt, als wir sie abgelagert haben, also habe ich mir einen der mehr aufgeschnittenen angeschaut. Sie sind einfach nur Haut, oder etwas was aussieht wie Haut durch und durch. Keine Muskeln, keine Knochen, kein Innenleben. Sind sie in erster Linie überhaupt am Leben? Sie schienen auf jeden Fall Knochen zu haben, als sie rumliefen, gegen die Wand hämmerten. Und ich bin mir sicher, dass ich mehr Widerstand spürte, als nur Haut, als das Messer in der Nacht eindrang. Vielleicht passiert etwas mit ihnen, wenn sie sterben. Nur eine weitere Sache auf der immer größer werdenden Liste der komischen Dinge die hier vor sich gehen, schätze ich.
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TAG34
Etwas kann mir in den Sinn, nach dem Angriff des Personals letztens. Immer, wenn man solch eine Situation im Fernsehen oder Film sieht- von wegen es ist das Ende der Welt, oder alle sind auf einer einsamen Insel oder was auch immer- sobald sich Gruppen wie unsere formen, scheinen die Leute sich immer gegeneinander aufzureiben. Ums Essen oder Herrschaft kämpfen oder so. Das passiert hier nicht. Manchmal kommen Leute aus anderen Städten von Zeit zu Zeit, einfach um mal nachzuschauen oder um zu tauschen, wenn bei ihnen etwas knapp wird. Aber es ist immer freundlich, herzlich sogar. Vielleicht sind die Leute einfach besser, als ihnen nachgesagt wird. Das ist ein schöner Gedanke, ich glaub den behalt ich.
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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Bianca Hoffmann am 04.04.2023:

Ich bin echt begeistert!
Werde jetzt den dritten Teil lesei. Bin jetzt schon traurig,das es der letzte teisein wird.
Super super super geschrieben!

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