Kurzgeschichten-Stories
Autor
Schreib, wie du willst!
Startseite - Registrieren - Login - Kontakt - Impressum
Menu anzeigenMenu anzeigen
3xhab ich gern gelesen
geschrieben 2018 von Weißehex.
Veröffentlicht: 14.06.2018. Rubrik: Total Verrücktes


Abgelaufen (Teil 2)

Ob sie jemanden fragen sollte, wie sie nun zum Gymnasium kam?
Einige Leute waren an ihr vorbei gegangen, ohne sie weiter zu beachten. Sie würde einfach den Nächstbesten fragen. Doch als sie sah, dass gerade eine recht große Gestalt auf sie zukam, glaubte sie, immer noch in einem Traum gefangen zu sein.
"Was machen Sie hier?" Die Frage kam, so unglaublich das war, von einem Roboter, der aussah, als wäre sein schlanker Körper von Kopf bis Fuß in schwarz glänzender Farbe lackiert. Jedenfalls war sein Gesicht glänzend schwarz. Seine Augen waren in weißer Farbe gehalten, glänzten jedoch ebenso.
Ob der restliche Körper auch in schwarz glänzender Farbe gehalten war, vermochte Jackie nicht zu sagen, da der Roboter ein helles Hemd und eine dunkelblaue Jeans trug.
Seine Stimme klang freundlich.
"Haben Sie sich verlaufen?"
"Nein... eigentlich doch. Ich wollte zur Schule, aber sie ist nicht mehr da."
"Sind Sie Lehrerin?" Jetzt wurde der Tonfall des Roboters weniger freundlich und seine Miene nahm einen strengeren Ausdruck an.
"Natürlich nicht! Ich bin in der 11."
"Welcher 11?"
"11. Klasse."
"Mussten Sie so oft wiederholen?" Der Roboter schien die Frage ernst zu meinen und schlagartig fiel Jackie wieder ein, dass sie nicht mehr wie eine 17-jährige Schülerin aussah. Eine Antwort blieb sie schuldig.

SatirepatzerSatirepatzer"Zeigen Sie mal Ihren Personalausweis", forderte der Roboter sie nun auf.
"Warum?"
"Warum? Zur Kontrolle." Der Roboter tippte sich auf die Brust und erstaunt sah Jackie, dass an seinem Hemd ein kleines Schild angebracht war: "Polizeiroboter Jens, Revier 5."
Bei dem Namen Jens fiel ihr auf einmal eine Menge ein. Vor drei Wochen hatte er Schluss gemacht. Falls man das so nennen konnte, denn was miteinander gelaufen war, kam über einen gemeinsamen Kinobesuch und einen angedeuteten Kuss auf die Wange seinerseits nicht hinaus. Und dann hatte Jens aus heiterem Himmel erklärt, eine Beziehung hätte keine Zukunft.
"Was für eine Beziehung denn?" hatte Jackie sich nicht verkneifen können zu fragen. Danach war Jens beleidigt gegangen und hatte seitdem kein Wort mehr mit ihr geredet. Nicht, dass sie darüber sehr traurig war. So richtig verliebt war sie in ihn nicht gewesen. Eigentlich war sie nur neugierig gewesen, weil er vorher mal mit Miriam Kilenna zusammen gewesen war - der Miriam, die jedermann auf der Schule bewunderte. In den USA wäre sie sicher auf der High School die Ballkönigin gewesen. Da es so etwas in St. Isann auf dem Gymnasium natürlich nicht gab, war sie einfach so etwas wie eine ungekrönte Königin, sehr hübsch und außergewöhnlich gut in allen Fächern, außerdem Schulsprecherin und Redakteurin der Schulzeitung. Ein Junge, der es schaffte, Miriam zu erobern, musste etwas Besonderes sein. Und als Jens Interesse an ihr, Jackie, bekundete, hatte sie deswegen keine Sekunde gezögert, mit ihm auszugehen. Schmetterlinge im Bauch hatte er ihr aber nicht verursacht und so war sie ganz froh, aus der Nummer heraus zu kommen, ohne dass sie eine Erklärung abgeben musste. Aber - war Jens nun über Nacht zu einem Roboter mutiert, so wie sie über Nacht 20 Jahre älter geworden war?
Unsinn - Jens war doch kein außergewöhnlicher Name. Das war sicher nur ein Zufall.

Jackie zeigte dem Roboter ihren Personalausweis, was dieser mit einem "Hmm hm... Aha" quittierte. Dann gab er ihr den Ausweis wieder zurück.
"Und wie komme ich jetzt zum Wilhelm-Tell-Gymnasium?"
"Wilhelm-Tell-Gymnasium? Das gibt es schon seit 2025 nicht mehr", erläuterte der Roboter. "Sie waren wohl schon länger nicht mehr hier?"
"Ich war eigentlich gar nicht weg", setzte Jackie zu einer längeren Auskunft an, doch der Roboter winkte ab.
"Sie gehen jetzt am besten einfach an Ihre Arbeit. Sie wissen ja, dass Herumlungern nicht gerne gesehen ist."
"Ich habe aber gar keine Arbeit", wollte Jackie entgegnen, doch der warnende Blick, den ihr der Roboter zuwarf, hinderte sie daran, den Satz auszusprechen.
"Ja, mache ich", sagte sie stattdessen.
Der Roboter nickte wohlwollend.
"So ist es richtig", sagte er und Jackie beeilte sich, wegzukommen. Offenbar war über Nacht die ganze Welt verrückt geworden und sie wohl gleich mit.

Sie ging einfach der Straße nach, immer weiter und entdeckte nach und nach Seltsames. Die Großstadt St. Isann, wie sie sie kannte, war verschwunden. Das Gymnasium war weg. Das Kino, die Disco, die Eisdiele, alles Orte, die sie gerne besucht hatte, waren weg. Was aber auf einmal im Überfluss vorhanden war, waren Roboterschulen. Überall standen Hinweisschilder: "Roboterschule 1, Roboterschule 2, Weiterführende Schule für Roboter".
Sie hatte sich immer sehr für Roboter interessiert, aber nie wirklich geglaubt, dass sie mal zum Alltag gehören könnten.
Sie erinnerte sich an den Aufsatz, den sie vor ca. 3 Wochen im Deutschunterricht abgegeben hatte: "Wie das Leben mit Robotern aussehen könnte."
Du lieber Himmel! War sie nun in ihrem eigenen Aufsatz gelandet?

Ende des 2. Teils

counter3xhab ich gern gelesen

Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

Einen Kommentar schreiben

Weitere Kurzgeschichten von diesem Autor:

Ergebnisse liegen vor
Abgelaufen (Teil 1)
Verschwunden (IV. und letzter Teil)
Verschwunden (Teil III)
Nicht an diesem Tag