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geschrieben 2018 von Bibliophil10 (bibliophil10).
Veröffentlicht: 22.08.2018. Rubrik: Persönliches


Heimfahrt nach einem harten Abend

Alexander fährt auf seinem Fahrrad durch das abendliche Dorf.
Die Ketten quietschen jämmerlich, der Sattel ist unbequem und im Zahnrad greifen nicht alle zacken so dass er alle paar Meter ins Leere trat. Seinem Körper merkt man eine Anspannung an. Seine Hände klammern so fest um den Lenker, dass er langsam Krämpfe im Handgelenk bekommt. Ab und zu verzerrt sich sein Gesicht zu einer Fratze voller unterdrückter aber langsam hochkochender Wut.
Es war wieder einmal ein typischer Abend im Vereins leben gewesen und er fragte sich ob er nicht irgendein geistlichen Schaden hat, dass er sich diesen riesen Haufen bock Mist noch antut.
Es hat schon angefangen als er ankam: Er war zu spät zum Training erschienen. Logisch wenn man nicht im Dorf oder Umgebung arbeitet sondern zur Hauptstadt pendeln muss. Schon da haben sie angefangen, die Herren Vereinsmitglieder haben gemahnt von wegen man bräuchte Disziplin um gut zu werden und dass Ihm diese Offensichtlich fehle, da er ja sonst nach all den Jahren Mitgliedschaft schon längst besser geworden wäre.
Aber na gut denkt er sich als er an einem Gasthof vorbeifährt und sieht wie die Stammgäste langsam ihren Weg zu Bier und Trunkenheit bestreiten. Es stimmt schon, er war nicht gut, ganz und gar nicht der beste sondern höchstens unteres Mittelmaas. Abgesehen davon ging er anders als viele andere regelmässig zum Training und wurde trotzdem nicht besser.
Aber für ihn war das in Ordnung. Nur weil alle anderen Jungen in seinem alter sich voll und ganz auf diese eine Sportart konzentrierten und nur für den Verein lebten hiess ja nicht das er das auch so machen muss. Er hatte auch andere Hobbys und Leidenschaften denen er Nachging und in denen er eindeutig besser war.
Eigentlich überlegte er, als er unter einer Strassenlaterne entlang fuhr, macht er das nur noch um seinen Vater zu sehen der getrennt von seiner Mutter lebte bei der er wohnte um für sie da zu sein.
Der Sport selber gefiel ihm schon lange nicht mehr. Beigetreten war er ursprünglich auch nur weil alle seine Freunde in der Grundschule beigetreten sind und auch schon da hatte er nicht dieselbe Begeisterung wie der Rest. Mit der Zeit verlor er aber die ursprüngliche kleine Freude am Sport mehr und mehr.
So quälte er sich seit mehreren Jahren durch das Vereins leben und hatte nie den Mut den Austritt zu geben weil er seinen Vater nicht enttäuschen möchte und weil er dann im Dorf unten durch wäre. Schmunzelnd strich er den letzten Grund aus seinen Gedanken. Beim Dorf galt er schon jetzt nicht gerade als ganzer Kerl. Sein Beruf, seine Vorliebe für Geschichte und Kultur machten Ihn im Verein und Dorf zu einem kleinen Aussenseiter.
Selber konnte er mit dem Gehabe der Gleichaltrigen nichts anfangen.
Es kam ihm vor als ob deren Lebensinhalt nur aus diesem Sport und viel Alkohol auf schlechten Dorffesten besteht.
Er musste innerlich immer an eine Horde Affen denken wenn er mit Ihnen im Training war. Wie Sie grölend und schreiend ihrem Sport frönten, innerhalb der Gruppen durch vorzeigen Ihrer Männlichkeit einen besseren Status zu erhaschen hofften und die Mitglieder die nicht zum erlauchten Kreis der auserwählten Elite gehörte mit verbaler Scheisse bewarfen erinnerte Ihn mehr an eine Gruppe Schimpansen im Dschungel den ein Verein im Dorf. Er versuchte so gut es ging eine gute Miene zum bösen Spiel zu machen und sich sobald als möglich auf den Weg nach Hause zu machen.
Nach dem Training war es aber leider nicht vorbei. Ungeschriebene Regeln beherrschten das ganze Vereins leben und diese verlangten auch, nach einem Training sich beim Vereinshaus zu versammeln und Bier zu trinken und zu tratschen. Wieder verzog es ihm das Gesicht wenn er daran dachte.
Normalerweise wurden dann aus diesen selbsternannten Profisportlern dann Hochkarätige Politiker und Wirtschaftswissenschaftler die jedes Problem des Landes Lösen könnten wenn man sie nur liesse. An den Diskussionen nahm er nicht mehr aktiv teil. Mehr als einmal hat er versucht sich einzubringen wurde aber jedes unterbrochen mit dem Hinweis ein Typ wie er habe eh keine Ahnung von dem Ganzen. Also sass er jedes Mal einfach still da und erbrach innerlich immer und immer wieder wenn er die Wirren Gespräche anhören musste welche die Herren Professoren berauscht durch Bier und eigener Genialität von sich gaben.
Auch an diesem Abend war nach dem Training die Schimpansen Horde mit Ihm im Schlepptau zum Häuschen gegangen und nach dem Genuss von seiner Vorstellung nach viel zu viel Bier für einen Mittwochabend schwenkte das Thema von Sport und Frauen zu den Tiefgründigen Themen.
Die Philosophen unter Ihnen also jene die dem Bier besonders zugetan waren begannen zu erörtern welche bösen Machenschaften der Staat für diese schwer arbeitenden ehrlichen Männern wieder ausgedacht hatte. Ausnahmsweise hatte er sich eingeklinkt da er beim Staat arbeitet und einen tieferen Einblick hat als die anderen.
Er wollte doch nur sagen, dass manche Sachen eben komplizierter seien als sie von aussen aussehen und der Staat es sicher nicht immer böse meint. Sofort wurde ihm das Wort genommen und er darüber belehrt dass er auch ein Teil der Verschwörung sei und dadurch keine Ahnung habe.
Niedergeschmetter durch die Wucht der gegnerischen Proleten-Argumente zog er sich wieder in die Stille zurück, verärgert über sich selbst, da er es hätte besser wissen müssen.

Jetzt bog er in die Seitenstrasse ein und fuhr nun am Wald entlang. Den Dorfkern hatte er hinter sich gelassen und mit der Stille und Dunkelheit der Nacht kann er sich immer mehr beruhigen. Die nach Heu und Wald duftende Luft saugt er ein und spürte die Wohltuende Wirkung des Ihm so vertrauten und geliebten Dufts seiner Heimat.
Die Gedanken kreisen unerfreulicher Weise immer noch um den Verein doch war der Leidenschaftliche Hass einer verbitterten alten Wut gewichen.
Seit Jahren sagte er sich Ende Saison, dass dies die letzte war, er bei der Hauptversammlung den Rücktritt einreichen werde und jedes Jahr traute er sich nicht um den Vater nicht zu verletzen den er doch so wenig sah und immer sich immer freut ihn auf dem Platz zu sehen und mit Ihm zu spielen. Der Vater lebt getrennt von seiner Mutter mit seiner neuen Freundin zusammen.
Die Freundin war ein schreckliches Weib wie Alexander fand doch musste er den Entscheid seines Vaters mit ihr zusammenzuleben zu wollen respektieren auch wenn er ihn nicht guthiess.
Der Sport war das einzige was Vater und Sohn noch verband. Den Sport Aufgeben würde für Ihn bedeuten den Vater aufzugeben und er weiss noch nicht, ob er dies kann.
Ein Seufzer entfährt seiner Kehle als er über alles nachdenkt. Und auf seiner Stirn zeichnen sich tiefe Runzeln ab, die man bei einem Jungen in seinem Alter nie vermuten würde.
Traurig blicken die Augen auf die in Dunkelheit liegenden Felder und die bekannten Konturen seines Wohnquartiers.
Er bemerkt wie langsam er wirklich fährt und beschleunigte auf den letzten Metern um möglichst schnell zum Haus zu kommen in dem er wohnt.
Durch die schnellere Betätigung erwacht auch sein Geist aus der Lethargie und er kann sich wieder ein bisschen über den schönen Sommerabend freuen.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Metti am 22.08.2018:

Die ungeschriebenen Gesetze des Dorflebens. Das kommt mir sehr bekannt vor. Ich selbst verstoße immer wieder dagegen. Meistens sogar absichtlich. Diesen Satz hier habe ich überhaupt nicht verstanden: "Logisch wenn man nicht im Dorf oder Umgebung arbeitet sondern zur Hauptstadt pendeln muss." - Ansonsten könnte man den Text nochmals durch eine Rechtschreibkorrektur jagen. Ist aber nicht so schlimm. Der Text war so lesbar und das Thema hat mich interessiert.

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