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geschrieben 2018 von Lennart P. (Lennart P.).
Veröffentlicht: 06.01.2019. Rubrik: Menschliches


Zwei Weihnachtsgeschenke

Ich drehte meine Öllampe auf, der ganze Raum wurde in ein warmes Licht getaucht. Dann drehte ich die Flamme wieder etwas herunter, denn Öl war kostbar geworden, seit dem Krieg. Draußen schoss der Wind mit einem schrillen Gebrüll durch den Wald, so dass mir meine Hände langsam aber sicher gefroren. Ich schaute nach rechts und nach links, die Wände waren heruntergekommen, an einzelnen Stellen begann die Wand schon zu bröseln. Das Fenster war auch schon lange nicht mehr vorhanden. Der kalte Winterwind schoss einfach so hindurch und aus der Tür am anderen Ende des Hauses wieder hinaus. „Was dieses Haus mitten im Wald mal für einen Sinn gehabt hat“ dachte ich mir. „Es war so klein, es bestand aus nur einem Raum, mit einem Fenster und einer Tür. Es hatte nicht einmal 10m². Was könnte wohl sein nutzen gewesen sein? Vielleicht ein Gartenhaus ,aber wo ist dann das Haus geblieben? Ach, es macht keinen Sinn jetzt darüber nachzudenken, draußen ist es zu dunkel, der Schnee ist zu tief und ich muss mir meine Energie gut einteilen, Nahrung ist Mangelware.“ Dachte ich still in mich hinein.
Aus meiner Jackentasche holte ich langsam eine Zigaretten Schachtel hervor, zündete sie mir genüsslich an und murmelte „Frohe Weihnachten“. Ich stand auf und lehnte meinen Arm auf den Fensterrahmen, wo früher mal das Fenster war. Von hinten wärmte mich meine Öllampe und von vorne meine Zigarette. In innerlicher Ruhe schaute ich aus dem Fenster, hinaus in den tiefschwarzen Wald. Alles war pechschwarz, ich konnte nichts sehen. Der Himmel dagegen war in ein Sternenmeer getunkt, glasklar, vielleicht der einzige positive Aspekt, den der Krieg mit sich gebracht hat. Der Wind hatte sich nun beruhigt, es war nahezu Windstill, alles war still. Ich schloss meine Augen, genoss den Moment der Stille und dachte an das ,was war und was passieren wird. Eine kleine Träne kullerte über meine Wange. Sie viel hinunter und gefror sofort. Die Kälte betäubte mein Gesicht. Ich warf die nun schon leergebrannte Zigarette in den Schnee und ließ die Kälte auf mich einwirken und genoss es am Leben zu sein.
Plötzlich ein Schuss, blitzschnell duckte ich mich und machte meine Öllampe aus. Mein Herz raste, dann noch ein Schuss ,wildes Geschrei ,dann Stille. Ein Stein viel mir von meinem Herzen, keiner dieser Schüsse war auf mich gerichtet gewesen. Ich lauschte kurz, alles war still, es gab keine Schüsse mehr und auch kein Geschrei. Meine Hand bewegt sich wie von alleine zu meinem Gewehr und ich stand intuitiv auf und sprang aus dem Fenster. „Was tat ich, warum tat ich es. Bis jetzt habe ich immer überlebt, warum nun macht mein Körper nun nicht mehr das was ich will. Was ist wenn ich sterbe“ es half alles nicht, mein Körper bewegte sich immer weiter nach vorne gegen meinen Willen. Er stapfte durch den kalten Schnee in Richtung Norden von wo die Schüsse kamen. Hundert Meter von der Hütte entfernt sah ich es, 50 Meter über mir auf einen Abhang stand ein kleines Haus ,in dem Licht brannte. Von dort kamen die Schüsse. Langsam kämpfte ich mich den Abhang hoch. Mein Geist wollte umkehren, zurück zur Stille, dort wo mein Licht, mein Proviant gelagert war. „Was geht es mich denn an was dort vorgefallen ist? Ich will nur Leben“ sagte mein Geist. Mein Körper ignorierte es, wie als wenn etwas auf mich, dort wo gerade die Schüsse gefallen waren, warten würde. Unermüdlich kämpfte sich mein Körper den Hang hoch. 10 Meter hinauf, dann rutschte er wieder 5 Meter hinunter. Er gab aber nicht auf. Immer weiter und weiter. Ich spürte, wie meine Beine kalt wurden und mein Geist in eine Trance verfiel und dem Körper die Oberhand gab. Immer und immer höher, die Hälfte war nun schon geschafft. Langsam überfiel mich die Angst, ob das was da oben geschossen hatte, immer noch da war und ob es mich auch erschießen wird. Mein Körper aber kannte nur immer und immer weiter, hinauf und wieder hinab.
Oben angekommen gelang es mir die Kontrolle wieder zurück zu gewinnen, über meinen Körper. Ich legte mich auf den Boden und kroch langsam um das Haus bis ich die Tür fand. Sie war genau auf der anderen Seite des Abhanges. Von drinnen strahlte Licht hinaus. Ich lauschte eine Weile, hörte aber nichts. Mein Mund öffnete sich und ich holte tief Luft, mein Gewehr bewegte sich an den Anschlag und mein Mut sammelte sich. Ich stürmte durch die Tür und als ich die Türschwelle übertreten hatte wurde alles in ein güldenes Licht getaucht. Die Welt wahr auf einmal nicht mehr Dunkel und kalt, sie war voller heller Farben und einer angenehmen Wärme. Als sich meine Augen an das helle Licht gewöhnt hatten, sah ich vor mir zwei kleine Kinder, keine zehn Jahre alt, schlafend auf einem Teppich und daneben ein Kassettenrekorder. Das eine war ein Mädchen mit langen braunen Haaren und zerfetzter Kleidung, der Junge neben ihr hatte ebenso zerfetzte Kleidung, dafür aber blonde Haare. Was beide aber einte, war ein selbstgestrickter weißer Schal mit einem großen „X“ als Initial. Ich schaute mir den Kassettenrekorder genauer an. Auf einmal bemerkte ich, dass eine Kassette in ihm war. Als ich die Kassette herausnahm fing ich an zu lachen. Auf ihr war eine große Aufschrift „Schussgeräusche“. Ich ging zum Fenster schaute den Abhang den ich hochgekraxelt war hinunter und blickte in die Sterne. An meine beiden Hände fasste plötzlich etwas. Ich schaute nach links sah das Mädchen meine Hand halten und rechts den Jungen.
Dann schaute ich zurück zu den Sternen, gleichzeitig durchfloss ein wärmendes Gefühl meinen Körper, ein euphorisch bekanntes, wie man es sonst nur verspürt wenn man mit seiner gesamten Familie in einer kalten Nacht drinnen im warmen, den Abend verbringt. Ich schloss meine Augen und sagte voller Glück: „Fröhliche Weihnachten.“ Als ich meine Augen wieder öffnete schneite es im ganzen Tal und alles war durch wunderschön leuchtende Polarlichter in goldene Farben getunkt. Nun hatte ich meine Aufgabe gefunden, meinen Weg, meine Bestimmung in dieser, von Gott, verlassenen Welt. Ein schöneres Weihnachten kann es nicht geben.

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Kommentare zu dieser Kurzgeschichte

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geschrieben von Metti am 07.01.2019:

Ein paar Absätze kannst Du gerne auch noch nachträglich in die Geschichte einfügen. Das würde das Lesen leichter machen. ;-)

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