Veröffentlicht: 21.03.2024. Rubrik: Nachdenkliches
Guten Appetit
Der Dünnpfiff, der so würdelos aus deinem Rektum sprüht, wie das Blut aus meiner aufgeschlitzten Arterie zuvor im Schlachthof, war einmal ich. Nur eine blöde Kuh, wie es erträglich im Volksmund heißt. Das macht es leichter zu abstrahieren.
Mein Bestes hast du gegessen. Genussvoll verspeist. Ein Stück Filet. Sonst nichts. 250 Gramm. 0.05 Prozent meines Körpers. Der Rest interessierte dich nicht. Es mit Bratkartoffeln, Bohnen und einem Nachtisch von Pflaumenkompott zusammen am nächsten Tag in deine geliebte Schüssel geschissen. Ganz privat. Ein paar belanglose TicToc-Videos geschaut und eine dabei geraucht. Darauf legst du wert. Gekackt wird am liebsten daheim. Heimscheißer. Ganz gemütlich und in Ruhe.
Ich hatte etwas Stress für deinen gepflegten Stuhlgang. Wurde durch halb Europa gekarrt. Kaum Wasser. Mit 30 anderen leckeren Filets, die mir panisch die Beine brachen. Kein Problem, sie zogen mich mit einem Gebelstapler und einem Strick um meine Hufe aus dem Transporter. Nachdem die restlichen Viecher mich niedergetrampelt hatten. Da hatte ich übrigens meinen letzten Stuhlgang. Nicht in Gemütlichkeit. Er ist mir aus Angst und Schmerzen abgegangen. Ich schrie, sie drückten mir einen Elektroschocker in die Weichteile. Ich schrie lauter und sie sie rammten ihn in mein Maul. Die Männer in blutigen Schürzen und Gummistiefeln. Ich glaube, sie hatten kranken Spaß daran, die armen Teufel. Herausstehend drehten sich meine Augen durch den gekachelten Raum. Was ist das für ein Wahnsinn. Dann traf mich ein Schlag am Kopf und ein Messer fuhr durch meinen Hals. So eine Angst hatte ich noch nie. Vertraute euch eigentlich. War zufrieden in meinem Dreck. Ich lebte. Als ich endlich tot war, zerschnitten sie mich in tausend Teile. Mit Sägen und fliegenden Messern. Schnell und routiniert. Damit nächsten Freitag wieder ein günstiges Steak für dich da ist, das du dir verdammt nochmal verdient hast nach einer harten 35-Stunden-Woche im Büro.