Veröffentlicht: 19.04.2024. Rubrik: Unsortiert
Aus klaren Augen
Der Ozean trug keinen Frieden in seinen Wellen und seine Wucht brach den Stein. Auf offenem Wasser zerschmettern Wellentürme Schiffe wie Walnüsse und sein Körper wurde zum Grab für alles, in dem vor Sekunden noch ein Herz schlug. Der Ozean schwieg in kalter Grausamkeit, es war der Wind, der heulte, und dem Ozean eine Stimme verlieh.
Letzte Luftblasen stiegen noch auf, bevor sich lebende zu Leichen wandelten, die aus klaren Augen starrten und im Sinken, Meter für Meter mehr an Glanz verloren. In der Dunkelheit seiner Tiefen wird der Ozean ihnen eine Stätte für ihre letzte Ruhe anbieten. Dort werden sie verweilen, bis sich die Natur zurückholt, was sie einst so großzügig schenkte.
An Land werden die Totenglocken glühen und Klagegesänge erschallen. Der Ozean schweigt gelassen, er hat schließlich kein Unrecht begangen. Wer sich auf seine Ströme begibt, muss auch willens sein, sich ihm hinzugeben. Bereits am Abend spiegelt sich erneut der Mond friedlich auf seinen Wassern und als die Sonne sich am Morgen langsam aus seinem Horizont erhebt, zieht die Gewissheit übers Land, das er sich heute als ihr Freund und Lebensspender erweisen wird.