Veröffentlicht: 05.05.2025. Rubrik: Unsortiert
Meine Herkunftsfamilie - Feierabend
[........#Triggerwarnung#........]
Meine Mutter gab uns verstohlen einen Wink: „Er hat wieder hoch.“. Einen Wink, der besagte, dass wir vorsichtig zu sein hätten. Vorsichtig, gegenüber dem sogenannten Familienoberhaupt, unserem angetrunkenen Vater. Wir, wir Kinder, die seinen Verbal-Attacken hilflos ausgeliefert waren. Wir, die fernsehend auf unserem häuslichen Divan zu sitzen hatten, ruhig und anständig, so hieß das. Ich, die versuchte, möglichst steif dazusitzen, um nicht zusätzlich zum bloßen Anwesendsein weiteren Grund für sein Stänkern und Höhnen zu geben. Mein kleiner Bruder, die Beine unterm Hintern vergrabend, gerne den Kasperl gebend, den Lustigen, weil ihn meine Mutter so lustig liebte, zwischendurch auflachend über eine tv-Szene.
Im vorderen Teil unserer Wohnküche stand meine Mutter, die Suppe aufwärmend, regierend. Es gab Tomatensuppe mit Reis, die wir Kinder so liebten. Sie wärmte die Suppe, weil er wieder nicht heimgekommen war, nicht zum Essen, erst ein bis zwei Stunden später, eigentlich wie jeden Werktag.
Freitags ließ er sich ganz gehen, freitags wurde sein Trinken zu einem hemmungslosen Besäufnis. Schier bis zur Bewusstlosigkeit goss er in der Bahnhofswirtschaft ein Bier nach dem anderen hinunter. Er soff sich zu, erreichte einen Rausch, der ihn sogar einmal ins abschüssige Blumenbeet vor unserer Terrasse fallen ließ, mit dem Kopf nach unten. So blieb er liegen, bis er sich hochrappelte, helfen ließ er sich nicht.

