Veröffentlicht: 15.08.2025. Rubrik: Satirisches
Die Suppe des Lächelns
Es geschah am vergangenen Freitag. Der Chef hatte uns zu einer internen Betriebsfeier geladen. Als ich nach Hause kam und in der Tür stand, lächelte meine Frau. Es war nicht das alltägliche Lächeln, welches sie aufsetzte, wenn die Miete ohne Probleme abgebucht worden war, sondern das breite, unheimliche Lächeln, bei dem sich die Augenbrauen nur minimal hoben und die Pupillen gefährlich ruhig blieben.
Ich roch nach fremdem Parfüm. Aber ehrlich, und ich schwöre es beim Bart meines Großvaters, es war kein fremdes Parfüm. Es war das Parfüm einer Kollegin.
„Es gibt Suppe heute“, sagte Emmchen. Die Suppe dampfte. Sie roch nach Kräutern, Gemüse, Butter … und einer leisen Vorahnung.
Sie stellte den Teller auf den Tisch. Während ich mich setze,
sagte ich betont vorsichtig: „Du siehst heute so … fröhlich aus.“
„Ja“, sagte sie, „ich habe den ganzen Tag an dich gedacht.“
Ihr Lächeln wurde breiter.
Ich hob den Löffel und im Spiegelbild der Suppe meinte ich, ein kleines teuflisches Grinsen zu erkennen. Wie ein Blitz schlug ein Satz meines Großvaters ein. Er gebrauchte ihn immer, wenn er Großmutter im Streit unterlegen war. „Wenn eine Frau lächelt, ist die Suppe bereits vergiftet“, knurrte er dann.
„Schmeckt dir die Suppe?“, fragte Emmchen süffisant.
„Vorzüglich“, brachte ich hervor. Doch der Kloß im Hals verhinderte eine klare Aussprache. Ich nahm noch einen Löffel, um meine Unsicherheit zu verbergen. Und noch einen und noch einen. Emmchen lächelte weiter. Als ich fertig war, lehnte ich mich zurück. Ich war mir nicht sicher, ob ich noch lebte oder bereits auf dem Weg ins Jenseits war.
„Liebling“, fragte ich, „was war in der Suppe?“
Emmchen beugte sich vor. Ihr Lächeln war sehr zärtlich und erwartungsvoll.
„Nur Liebe“, hauchte sie, „und ein bisschen Sellerie.“
Seitdem meide ich Sellerie und verlasse die Küche, wenn Emmchen lächelt.

