Veröffentlicht: 31.08.2025. Rubrik: Persönliches
Der Schwur
Sommer 2014, gerade 18, in der Blüte meines Lebens. Ich hatte die Schule beendet und wurde ins Leben entlassen. Eines Abends hatte ich mich mit Franziska, einer attraktiven ehemaligen Klassenkameradin, für irgendein Fest bei ihr im Dorf verabredet. Zwischen uns hatte es vorher schon gefunkt, doch außer einem Kuss, als wir mal betrunken waren, war nie etwas passiert.
Ich erinnere mich, dass wir, es war schon dunkel, Karussell gefahren waren. Wir waren nüchtern. Es hat Spaß gemacht und ich fühlte mich wie im siebten Himmel. Dann, irgendwann im Laufe des Abends, musste ich Wasser lassen, doch bevor ich ging, habe ich Franziska geküsst. Es klingt so banal, aber es war ein ganz besonderer Moment.
Als ich dann zurück zu Franziska gehen wollte, blieb ich stehen und hielt inne. Ich neigte den Kopf nach oben und blickte in den pechschwarzen Himmel, in ein Meer aus leuchtenden Sternen. Ich erinnere mich immer noch genau an diesen Anblick und an das begleitende Gefühl, es war wunderschön. Es vergingen einige Sekunden und ich ließ den Moment auf mich wirken. **In diesem Moment schwor ich mir, niemals mit Wehmut auf diesen Moment zurückzublicken.**
Dieser Schwur, dieser Gedanke, war so mächtig, dass ich mich heute noch lebhaft daran erinnere. Wehmut. Dies war die einzige Situation in meinem Leben, in der ich diesen Schwur für notwendig hielt. Heute weiß ich, warum ich diesen Schwur leisten musste. Ich wusste, dass sich der Anblick des Sternenhimmels, dieser Moment, gerade für immer in mein Hirn einbrannte, und ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er vorbei und für immer weg sein würde. Es war ein Schutzmechanismus, geschuldet der Verlustangst. Uralte Magie.
Später an dem Abend habe ich dann bei Franziska übernachtet. Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob ich das, was wir gemacht hatten, als mein erstes Mal bezeichnen kann.
Ich rede mir ein, den Schwur bis heute nicht gebrochen zu haben. Zwar denke ich noch oft an diesen Abend, speziell an den Blick in den Sternenhimmel, jedoch ohne den bitteren Geschmack des Wehmuts. Vielleicht aber auch, weil mein Schwur stärker war, als ich damals selbst geglaubt habe.

