Veröffentlicht: 23.09.2025. Rubrik: Persönliches
Anlassmode 1
Wie Granaten explodieren meine Fäuste in der Visage des unnützen Fressers. Der versucht, mich abzuwerfen. Und mich mit einer Hand am Hals am Atmen hindert. Dann trifft mich ein Schwall kaltes Wasser.
Natürlich Mama. Mit leerem Plastikkübel. Sie kreischt. "Codec! Baby!" Ich erhebe mich vom Bauch meines Babybruders und wische mir Wasser aus dem Gesicht.
Mama ist gereizt. "Sofort aufhören! Heute ist Weihnachten! In einer Stunde kommen Oma und Opa!"
"Codec hat angefangen, Mama, ehrlich!"
Baby ist so eine Petze. "Baby hat mir alles weggekifft und in mein Atombombenbuch gewichst! Seiten kleben zusammen! Mama, verbiete ihm das!"
"Alte Petze", knurrt Baby. Fast wäre ich mit meinen bloßen Füßen in der Pfütze am Parkett ausgerutscht.
"Baby, du trägst den Mist runter", kommandiert Mama.
"Warum immer ich? Codec ist dran!"
"Codec putzt das Klo."
Scheiße. Buchstäblich Scheiße.
Ich bin mit Mamas Eimer am Weg zum WC, als das Telefon daneben läutet.
"Guten Tag, Konstabulei Göthegasse", meldet sich eine männliche Stimme. "Haben Sie eine Tochter namens Coco Diva?"
"Nein. Ich habe keine Tochter namens Coco Diva", sage ich und lege auf.
"Wer war das?" Mama will es wissen.
"Keine Ahnung. Polizei oder so."
"Hast du den Verstand verloren? Du telefonierst sofort..."
Das Telefon läutet und Mama hebt ab.
Hinter ihrem Rücken schneidet mir Baby Grimassen.
"Machen wir. Wir sind sofort da", piepst Mama in den Hörer. Und legt auf.
Sie ist aufgeregt. "Coco ist auf der Polizei und ich muss sie abholen. Baby, zieh dich an. Mitkommen!"
"Waaas? Coco ist deine Sache. Sag es Codec."
"Du bist eindrucksvoller. Dort sind nur Männer. Die nehmen mich nicht ernst."
Mama bezieht sich auf Babys Weg zur Spitze des regionalen Bodybuilding-Milieus.
"Haha", spotte ich. "Madame will schon wieder vom verhassten Patriarchat in der Sänfte..."
"Schweige!" Mama blickt mich giftig an.
"Nur, wenn Codec mitkommt", sagt Baby.
"Also gut!" Mama klapst in die Hände. "Anziehen! Beide!"
Ich bin bekifft und fürchte mich vor der Polizei.
Vor dem Spiegel binde ich meine Rastazöpfe zu einem Springbrunnen am Kopf und vergewissere mich, dass das weiße Frotteeband in die richtige Höhe reicht. Wie gut sieht man das Hakenkreuz am T-Shirt unter der Motorradjacke? Das wird die Polizisten für mich einnehmen.
Baby erscheint im Spiegel neben mir. Er trägt seine Uniform vom Armeedienst und eine Perlenkette. "Hu, hu, chou, chou... bin so schwul... wie DU", flötet er und lässt einen Zeigefinger in der Luft kreisen. Dann dreht er sich in einer Weise um, dass ich nicht verhindern kann, mit meinem Tritt die rechte Arschbacke zu treffen.
Mama erscheint im Bürokostüm. Halblanger blauer Rock, Rüschen vor der Brust und Schulterpölster im blauen Jäckchen. Würg.
Baby lässt die Uniformhose runter und Gaze mit Alkohol aus einer Apothekerflasche volllaufen. Zeit für seine Doping-Injektion, intramuskulär. Er reinigt die frisch getretene Arschbacke mit der Alk-Gaze.
Mama hat Eile. "Seid ihr fertig?"
Vor dem Spiegel schlage ich die Hacken in Anzugschuhen ohne Socken zusammen und erhebe den rechten Arm zum Hitlergruß. Ich brauche mehr Schimmer auf den Lippen.
Baby sägt an einer Ampulle mit Wachstumshormonen für sowjetische Rennpferde.
"Du bist schön genug", sagt er zu mir. "Sonst werden wir nie verhaftet."
"Los jetzt", ruft Mama und öffnet die Eingangstür.
Baby kichert und sticht mit der Fixe. "Codec, sag den Polizisten, dass du Geburtstag hast. Dann heben sie für dich die Rassentrennung auf!"
"SCHLUSS JETZT", pfaucht Mama.

