Veröffentlicht: 18.10.2025. Rubrik: Unsortiert
Die Mülltonne 3.
3.
Aus diesen sonnigen Zeitgedanken gerissen, stand Michael vor seiner Gegenwärtigen Realität, voller Hinterhof Mauern, die in sich zusammen vielen, Brettern dessen Farbe abblätterte, reichlich Laub das im Regen und Wind sein ganz eigenes Spiel spielte und der uns immer umgebende, allgegenwärtige Müll, den die Leute in immer schlechter werdenden Zeiten, immer achtloser liegen ließen.
Dabei wahren doch genau dafür, diese Tonnen da.
Doch diese hier, schien niemand wirklich nutzen zu wollen. Geschweige denn ausleeren zu wollen. Während alle anderen, drumherum, teils zum Glück, auch viel weiter weg davon entfernt standen und zum Großteil auch schon überquollen. Vielleicht blieb den Leuten da gar nichts anderes übrig, als ihren Müll überall anders hin zu werfen. Der Gestank war hier jedenfalls besonders.
Das rumoren stetig.
Dem Klischee wieder willens, nahm der Regen zu, eine gewisse Kühle und frischer Sommerwind kamen auf. Ausgerechnet so, das der Regen ihm direkt das Gesicht rein wusch.
Sein begleitender Rucksack viel zu Boden. In der Hocke nahm er seine mitgebrachten Handschuhe heraus, stülpte diese über, brachte sein Halstuch vor die Nase. Nützen würde es kaum etwas. Womöglich nicht mal das.
Die Taschenlampe fing an zu arbeiten und das Messer machte mit einem schnapp, sich ebenfalls bemerkbar. Zeigte sich blitzend, das auch dieses bereit für seinen Zweck war. Es rumpelte im Innenraum, tobte, knallte, schepperte.
Bumm.
Machte es.
Die Mülltonne machte konstante Geräusche. Ratterte wie eine Waschmaschine, die dem Ende entgegen arbeitete und noch einmal auf Hochtouren, alles in ihrer Kraft geben würde.
Wenn das umgebende Hartplastik, organisch gewesen wäre, würde es wohl wie ein Herzschlag,
voluminös auf und ab pulsieren, sich in steten Rhythmen bewegen.
Eins,
zwei,
drei,
vier.
Mit der Augen zu und durch Methode, dem allgegenwärtigen Hauruck, riss er den Schiebedeckel Verschluss nach hinten.
Stütze sich auf der behelfsmäßigen Stufe, an der Rollenden Monster Tonne auf und lugte in den dunklen Schlund der großen Rolltonne.
Die Taschenlampe, offenbarte grauenhaftes.
Eine widerliche, Biologische Grimasse, aus sich öffnenden Augen und Mündern, dessen Zungen in Seen voller Speichel und sehnigem Blut daher schwammen.
Ein Wust aus abgetrennten Tiergebeinen.
Kadavern, unterschiedlicher Verwesungsstadien und einem Gewölle aus unterschiedlichsten Tiergattungen.
Hunde, Katzen, einem Fuchs, kleine Fellknoten die aussahen, als könnten Mäuse es sein, oder vielleicht auch verstümmelte Meerschweinchen. Etwas das einer Schlange ähnlich war und sogar noch andere exotische Tiersorten, waren darin aus zu machen. Reptilien und Vogelfedern.
Knochen, die so alt sein mussten, als würden sie schon Jahre, oder Jahrzehnte darin verrotten.
Doch neben dem abstoßenden, Verwesungszustand, den nicht mal die Kanalisation gerecht werden würde, war etwas viel abstoßenderes zu vernehmen.
Nämlich, das all das Gebein, die Pfoten, Augen, zappelnden Schwänze, zuckenden Gewölle und dessen verwesende Schädel, voll Maden und Fliegen und all dem Blut, den Ratten, die wie üblich, immer ihren Weg in etwas hineinfanden, das all das, einem einzigen Organischen, Lebhaften, Brei glich, der eine große ganzheitliche Substanz ausmachte.
Vor Schreck, stieß Michael einen entsetzlich hysterischen und überschlagenden Schrei heraus.
Den Er so von sich selbst, noch nie zu hören vernahm.
Mit dem Rücken landetet Er mitten auf den Straßenbelag. Stauchte sich dabei das linke Handgelenk blutig.
Doch unachtsam dessen, im nassem Dreck zu liegen. Die Kleider nicht nur eingesaut, sondern womöglich auch eingerissen zu haben, oder seine Glieder in Mitleidenschaft gezogen zu haben. Musste er viel entsetzlicheres Feststellen, als den Ärger seiner Eltern. ,,Die neue schöne Hose. Was hast du nur wieder gemacht.,, Gott, wie lieb wäre ihm jetzt diese Realität, sich dem Banalitäten verschlissener Kleidung und dessen käuflichen Werten zu stellen.
Dieses Teil, da in der Tonne, diesem Tierkomposthaufen.
Dieser lebendig wuchernde Friedhof, einer achtlosen Müllhalde gleich, bestehend aus Eingeweiden und Tierbeständen und wer weiß was sonnst noch.
Das Unding, kam zwar nicht heraus. Das nicht. Aber es hielt jetzt den Deckel weit offen, das dieser nicht mehr verschließen und einrasten konnte. Es hielt ihn fest offen. Mit klitschigen und blutigen trieben, die wie schleimende und sabbernde Tentakelschläuche, ihm wuchtig entgegen kamen. Nach allem grapschten, was es zu greifen galt.
Sein Messer fauchte durch die Luft.
Unachtsam, das seine Hand, dessen Schaft er fest umklammert hielt, immer noch schmerzte.
Der reflexartige Schweif, der Messerschneide, sitze und traf dieses eklige, sich um sein Bein windende Gebilde und durchtrennte diese.
Waren das etwa Därme?
War das wirklich ein Darm, aus dem Arsch, den vermodernden Innereien, irgend eines Tieres, das in der Tonne sein erbarmungsloses, elendiges Ende gefunden hatte.
Eins dieser knotig, blutig undefinierbaren Gerinnsel, kam ihm entgegen.
Er stach mit voller Kraft, die er aufbringen konnte zu. Das Blut spritze ihm in sein Gesicht.
Ein fieses, gallig blubberndes Geräusch, kam aus dem Innenraum, der vor ihm aufgestellten Tonne des Grauens heraus.
Kam ihm und dem Rest der Welt entgegen.
Das musste doch noch irgendwer anderes gehört haben.
,,Oh Gott hilf mir.,, Waren seine Worte.
Die Schlingen wahren vielzählig, hatten seinen rechten Schuh bereits an sich gerissen. Tief in den Schlund gezogen und sich einverleibt. Rülpse und Furze wurden ausgestoßen und das aufstoßen, von erbrechen war zu vernehmen. Auch sein linkes Bein, war jetzt fest im Griff. Immer wieder fuchtelte er mit dem Messer um sich, stach zu, wollte durchtrennen und wieder zu Füßen kommen. Immer wieder schlug Michael mit der Taschenlampe um sich.
Versuchte wieder und wieder, was es zu versuchen galt. Das rückgängig zu machen, was er sich eingebrockt hatte. Wer konnte mit derartigem rechnen. Seine Fingernägel, gruben sich in den Beton, natürlich vergebens. Krallten nach etwas, das nicht gekrallt werden wollte.
Erschrocken, wie schnell sich etwas vollzog, dessen er sich selbst ausgesetzt hatte, weil ihm seine Neugier, äußerst wichtig war.

